Geschichte & Forschung Aberglaube & Brauchtum

Volksmedizin


 kleinere Abhandlungen 
Müller, K. Th. Ch. - Heilige Steine und Viehkrankheiten, 1926
Kohlstock, Karl - Wetzzeichen an Kirchen, Grabsteinen, Kreuzen und Profanbauten in Thüringen, 1933
Bormuth, Heinz - Steinmehl als Mittel der Volksmedizin, 1995


 weitere Meldungen 

Steinkreuze in der Volksmedizin
Die an dem Kreuzstein in Schwabmünchen vorhandenen Löcher sind vermutlich auf den gleichen Ursprung zurückzuführen, wie ich das bei einer ganzen Anzahl von Kreuzen festgestellt habe: Das durch Ausschaben gewonnenen Steinmehl diente früher zu Heilzwecken (Vertreibung des Fiebers, Schutz vor der Pest usw.), in die Löcher wurden ferner Krankheiten "hineingepustet", damit sie verschwinden sollten. Diese Näpfchen sind ganz regelmäßig hergestellte Löcher von 1-2cm Tiefe.
(Deutsche Gaue, Band IX, 1908, S.163)

Anweisung, das Vieh schnell zu mästen
Dieses sollen die Bauern zu Bürkheim [= 5449 Birkheim über Kastelaun] in der Churpfalz ausgeschlauet haben. Es war ein dasiger Wunderaltar dafür berühmt worden, daß seine Erde dem Vieh sehr wohl bekäme. So oft daher die Bauern wallfahrteten, so schabten sie jedesmal eine Porzion davon ab, und mengten sie dem Vieh unter das Futter; sie würden auch ohnfehlbar endlich den ganzen Altar verfüttert haben, wenn es ihnen nicht bekannt gemacht worden wäre, daß der Altar aus Gypsstein bestünde, und jeder andrer Gyps gleiche Wirkung thun würde. Die Bauern ließen sich weisen, und dadurch ist der Altar glücklich gerettet worden.
(Noth- und Hülfsbüchlein für Bürgers- und Bauersleute. Worinnen für beide Stände sehr viel Lehrreiches, den Karakter Bildendes, und für die Land- und Hauswirthschaft Ersprießliches zu finden. 6.Band, Grätz [= Graz], bei Franz Xaver Miller, 1793, S.196.)

Volksmedizinische Bedeutung wird wohl auch das Armeabschlagen gehabt haben, denn nach alter Überlieferung mußte zu mitternächtlicher Stunde ein Stück vom Kreuz (bevorzugterweise der Arm) abgeschlagen werden. Dies trug man dann nach Hause und legte es dem Kranken aufs Herz (Bann innerer Krankheiten).1) Ob die vielen abgetrennten Kreuzbalken in der Oberpfalz von dieser Sitte herrühren, kann keineswegs mit Bestimmtheit gesagt werden. [...]
1) L. Wittmann - Steinkreuze im Volksglauben, in: Das Steinkreuz, Nr.2, 1934, Heft 2, S.3-5
(Schmeissner, Rainer, H. - Steinkreuze in der Oberpfalz, 1977, S.324)

[...] Die "Märzflecken" (Sommersprossen) vertreibt man sich in der Nordschweiz damit, daß man sich mit dem Regenwasser wäscht, das sich auf Leichensteinen gesammelt hat.
(Busch, Moritz - Deutscher Volksglaube, Leipzig 1877,S.168)

[...] Ausserdem bat man die Näpfchen mit dem Aberglauben in Verbindung gebracht. Alles, was mit der Kirche zusammenhängt, ruft in der Volksseele wunderbare Gefühle hervor, als wenn eine übernatürliche Macht in der Kirche walte. Man hat daher angenommen, dass die Näpfchen gemacht worden seien, um das Fieber in die Kirche zu blasen, oder dass man Krankheitsträger hineingeklebt habe in das Innere der Kirche, die ein Feind alles Bösen sei, oder endlich, dass man durch diese Vertiefungen die Kinder, die vor der Taufe gestorben waren, der Kirche "angesagt" habe, um dadurch die Nothtaufe zu ersetzen. [...]
(Grempler, Dr. - Ueber Altertümliches in Bunzlau, in: Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Enthält den Generalbericht über die Arbeiten und Veränderungen der Gesellschaft im Jahre 1893, S.54)

Die Kreuzsteine in Sandau werden auch "Kratzn"- oder "Warznstoa" genannt, weil der damit Behaftete, der die kranke Stelle an einem Kreuzsteine dreimal im Namen Gottes, des Vaters, Sohnes und Hl. Geistes reibt, von der Krankheit befreit wird."
(Mitteilung Dr. Urbans an Professor Wilhelm.)
(Dreyhausen, Dr. Walter von - Die alten Steinkreuze in Böhmen und im Sudetengau, 1940, S.115, Nr.269)



 dokumentierte Beispiele 
Schmira (TH)
Brunkensen III (NS)
Kemnade I (NS)
Schönkirch III (BY)
Heks (B)
Schneeberg (BY)
Reinhausen I-III (NS)
Deensen I (NS)
Thaya I (AUT)
Obermendig XVIII (RLP)
Biengarten II (BY)
Scharenstetten I (BW)
Wasungen VI (TH)
Dolní Žandov I (CZ)



 weiterführende Literatur und Quellen 
Eitelmann, Walter - Wetzrillen und Schabnäpfchen, Selbstverlag 2005
Jünemann, Joachim - Rillen und Näpfchen auf sakralen Denkmalen, in: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie, 29.Jg., 1977, Nr.4, S.24-31
Jünemann, Joachim - Nachlese zu Rillen und Näpfchen auf sakralen Denkmalen (2), in: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie, Bd.31, 1980, Nr.7, S.49-54
Hellmich, Max - Wetz- und Schleifspuren an Kirchen, Stadttoren und anderen Bauten, in: Jahrbuch der schlesischen Heimatpflege 1925 (1924), S.74-75 u. 78-79


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Sühnekreuze & Mordsteine