Deutschland Niedersachsen Lkr. Emsland

Lotten / OT von Haselünne


Blick zum Altar

als AK-Motiv um 1900
(Heimatarchiv.de)

PLZ: 49740

GPS: N 52° 36,646', O 7° 32,392'

Standort: "Herzlaker Straße", ab Lengerich ca. 8km nordwärts, dann links: Beschilderter Abzweig "Querdamm" mit Hinweisschild: "Steinernes Kreuz", dann 1km westlich weiter beschilderter Abzweig nordwärts (zu einer alleinstehenden Baumgruppe).

Größe / Material: 172:78:20 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz steht auf einem steinernen Altar, der Altar ist 410cm breit und 145cm hoch. Zwei vormals angebrachte Klammern im unteren Bereich fehlen jetzt.

Auf Steinaltar im Bruchwiesenland, ca. 1km westlich der Bundesstraße 402, nahe der alten Landkreis-Grenze Meppen-Lingen. Früher mit sechs anderen (verschollenen) Steinkreuzen beim Hof Tieke in Handrup. Im Jahre 1862 an den heutigen Platz gebracht worden.
Das Steinkreuz erhielt eine Sockelplatte, abgeschrägte Kreuzenden, abgefaste Kanten sowie die folgende eingetiefte Inschrift: Buchstabe N in Umklappung. Vorderseite:

KIRCHHAUS
STÄTTE
DER KATH. GEMEINDE LENGERICH
IN DER ORANISCHEN GLAUBENS
VERFOLGUNG. VOM IAHRE 1715
BIS
1718
ERRICHTET
1862
Die Rückseite mit der Inschrift:

ANDENKEN
DER
GLAUBENSTREUE DER
NIEDERGRAFSCHAFT
LINGEN
Im Jahre 1952 ist der Altar aufgestellt und in seine Deckplatte das Steinkreuz gesetzt worden. Dient als Gedenkstätte an das 1715 an diesem Platz erbaute Kirchhaus, das dem katholischen Bevölkerungsteil zur Ausübung des Gottesdienstes diente, als für einige Jahre dieser in der Grafschaft von den herrschenden Oraniern verboten worden war. (Müller / Baumann 1988)

[...] Das bekannteste der Lengericher Steinkreuze ist das sogenannte "Steinerne Kreuz", das im Bruche an der Haselünner Grenze auf einer alten Kirchstätte errichtet worden ist. Nach der Inschrift ist dieses Kreuz dort im Jahre 1862 aufgestellt worden und später auf einen altarähnlichen Sockel gebracht worden. Hierbei soll es sich um eines der sieben Steinkreuze gehandelt haben, die damals bei Tieke unmittelbar an der Handruper Grenze gestanden haben. Der dortige Fastabend heißt heute noch "Krüzerfastabend". Die übrigen sechs Kreuze sollen zum Mauerbau der damaligen katholischen Kirche auf dem Ostraum gebracht worden sein. Alle diese Kreuze sollen keine Inschrift gehabt haben, so daß man nicht genau weiß, wie sie so gedrängt an diesen Ort gekommen sind. Ursprünglich werden sie auch wohl als Gedenkoder Sühnesteine irgendwo in den Feldern gestanden haben. Drei dieser Steine kann man als Gedenksteine bezeichnen, denn nach der Erinnerung des Volkes ist dort ein Brautwagen, der von der Kirche in Lengerich zurückkam, verunglückt und dabei hat es drei Tote gegeben. Wahrscheinlich sind die anderen Kreuze an ihren Standorten bei fortschreitender Kultivierung im Wege gewesen, und man hat sie an der Stelle, wo schon drei Kreuze standen. zusammengetragen. Aber wie es wirklich gewesen ist, wird wohl für immer ungeklärt bleiben. [...] (Lingener Tagespost 1967 )

Sage: In alter Zeit ist in dem damals großen Sumpfgebiet ein Hochzeitswagen vom Wege abgekommen, wobei seine drei Insassen den Tod fanden. Zum Gedenken wurden ihnen drei Steinkreuze gesetzt und in späterer Zeit noch vier weitere hinzugestellt. Den Bauern waren sie im Wege und so hat man sechs von ihnen zu Bauzwecken verwenden lassen. (Lütgers 1951 / 1954)

Quellen und Literatur:
Lingener Tagespost vom 7. August 1967
nach Pastor Meyer - Steinkreuze im Kirchspiel Lengerich, in: Lengericher Geschichte(n), Nr. 2, Heimatverein für das alte Kirchspiel Lengerich e.V., Lengerich 1996, S.4-6
Das Steinerne Kreuz im Lengericher Bruch, in: Informationsblatt der Samtgemeinde Lengerich - Nr. 17, Lengerich September 1979
Heimatarchiv.de
Lütgers, H. - Steinkreuze, in: "Unsere Heimat", Heft 12, für die Schulen des Kreises Lingen, Verlag: van Ackern, Lingen, 1951, S.605-611
Lütgers, H. - Kreuzsteine im Kreise Lingen, in: Lingener Heimatkalender 1954, S.89-100
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.3311.1
recherchiert und bebildert von Benno Lux, Lünne



Steinkreuze im Kirchspiel Lengerich
Nach Pastor Meyer

Einsam an Wäldern und Feldern, an Weg- und Straßenrändern findet man, versteckt unter Heide und Gebüsch verwitterte Steinkreuze. Der Sage nach hängen sie meistens mit Unglücksfällen oder Verbrechen zusammen. Ihr ursprünglicher Zweck ist aber längst in Vergessenheit geraten. Viele Jahrhunderte hat man diese Steine für Symbole des Marterkreuzes des Heilands gehalten, bis man in der Neuzeit nachgewiesen hat, daß ihr Ursprung nicht im Christentum, sondern weit vor dessen Einführung zu suchen ist.

Oft hat man diese Kreuze auch an Wege gesetzt, um den Spuk, der nach dem Glauben der Menschen auf dieser Straße sein Unwesen treibe, zu verbannen.

Die Frage, wozu, wann und von wem die Steinkreuze ursprünglich gesetzt worden sind, läßt sich schwer beantworten. "Man wird sich damit begnügen müssen, sie als ehrwürdige, altersgraue Erinnerungsdenkmale der Ahnen zu betrachten und sich der Sagen zu erfreuen, die ein volkstümlicher Mythos um sie ranken läßt."

In Handrup standen früher nahe dem Hofe des Bauern Tieke sieben solcher Kreuze ohne Inschrift, von denen heute kein einziges mehr vorhanden ist. Nur der Name "Krüsters" für einen Fastabend erinnert noch an diese Steinkreuze.

Die Sage berichtet über diese Denkmäler folgendes:
Vor vielen, vielen Jahren war diese Gegend ein großes Sumpfgebiet, durch das einst ein Kutscher einen Hochzeitswagen zu fahren hatte. Dabei scheuten die Pferde vor einer nahen Schießerei, kamen von der Straße ab, und fanden mit den Hochzeitern im Sumpfe den Tod. Alte Leute munkeln und erzählen heimlich, daß der Kutscher infolge großen Alkoholgenusses die Herrschaft über den Wagen verloren hafte. Diesen Menschen zum Gedenken setzte man drei Steinkreuze; die anderen vier wurden der Geschichte nach später hinzugesetzt.
Aber wie so viele Denkmale standen auch diese sieben den Bauern im Wege. So wurden sechs von ihnen 1791 zur Reparatur des westlichen Giebels der alten Lengericher Kirche verwandt. Das siebente Kreuz befindet sich heute im "Haselünner Felde" jenseits der Grenze des Kreises Lingen auf Meppener Kreisgebiet. Dieses Steinkreuz ist zum Andenken an das einstmals dort stehende Gotteshaus gesetzt. Zur Zeit der Glaubensverfolgung unter der Herrschaft der Oranier war es den Katholiken verboten in der Grafschaft Lingen ihren Gottesdienst zu halten. Die Einwohner des Kirchspiels Lengerich errichteten 1715 auf der Kreisgrenze eine Kirche und warfen von drei Seiten gang- und fahrbare Dämme auf, die heute fast ganz verschwunden sind. Zwar benutzten sie dieses Gotteshaus nur drei Jahre; denn dann wurde es ihnen erlaubt im Dorfe wieder die Messe zu feiern. 1862 errichtete man dann dort das Kreuz, nachdem man es aus Handrup geholt hatte. Man setzte es damals in den Grundstein des Altars.

Das Steinerne Kreuz

Schlicht stehen die wenigen Worte auf dem Steinkreuz:
"Kirchhausstätte der kath. Gemeinde Lengerich in der oranischen Glaubensverfolgung vorn Jahre 1715 bis 1718. Errichtet 1862 Andenken an die Glaubenstreue der Niedergrafschaft Lingen."

Ein recht gut erhaltenes Steinkreuz befindet sich auch noch im Dorfe Langen hinter dem Friedhof, etwa 15 bis 20 Meter von der Straße nach Espel entfernt. Der Sage nach ist es für einen Bauernsohn gesetzt, der von seinem Bruder im Zweikampf mit der Armbrust getötet wurde. Beide liebten dasselbe Mädchen und kamen darüber in Streit. Der jüngere wollte wahrscheinlich nicht der Überlebende sein, denn er sagte zum älteren: "Bruder, schieß wisse, ich schieße misse!" Der jüngere starb. Ihn begrub man an dem Kreuzweg, denn kein Bauerschaftsteil wollte an dieser Tat Anteil haben.

Im Dorfe Lengerich fanden sich drei Steinkreuze. Das erste stand auf dem Schulplatz der kath. Volksschule etwa 10 Meter von der Straße. Ursprünglich hatte es auf dem Lengericher Esch, an dem die Straße von Lengerich nach Lingen vorbeiführt, gestanden.
Merkwürdigerweise trug dieses Steinkreuz eine Inschrift, die aber unleserlich geworden war. Man erzählte, daß hier jemand vom Blitz erschlagen worden sei.

Hinter den letzten Häusern an der linken Seite der Straße von Lengerich nach Gersten gegenüber Einspanier befand sich ein zweites Steinkreuz. Jede Sage übe dieses Kreuz fehlt. Doch auch hier hielt früher jeder Leichenzug, der vorbeizog, und man betete wie an anderen Wegkreuzen.

Da dieses Denkmal und auch jenes bei der kath. Volksschule sich an den Fahrwegen zur Kirche befunden haben, ist es denkbar, daß man früher dort die "Leichen abgeholt" hat oder das Totengeläute angefangen hat, wenn der Leichenzug dort angekommen war.

Das dritte Kreuz befand sich zwischen dem Dorfe Lengerich und Gersten westlich der Straße. Es stand im Felde etwa drei Meter von der Straße ganz frei und unterschied sich von den meisten Steinkreuzen dadurch, daß es sehr hoch war und daß die Balken im Querschnitt eine sechseckige Fläche hatten.
Im Gegensatz zu fast allen anderen im Kreise ermittelten Steinkreuzen trug dieses folgende Inschrift:


do man schref MCCCLXXIIII
mdg na pent alhir geschlagen van den wer
robbe johann got genade.

Die Übersetzung ins Hochdeutsche lautet:
Am Montag nach Pfingsten 1474 wurde allhier
Johann Robbe vom Blitz erschlagen.
Gott sei ihm gnädig!

Die Inschrift allein sagt uns, daß es ein seltenes Steinkreuz war. Sie läßt uns den Zweck dieses Denkmals erkennen.
(Lengericher Geschichte(n), Nr. 2, Heimatverein für das alte Kirchspiel Lengerich e.V., Lengerich 1996, S.4-6)



Das Steinerne Kreuz im Lengericher Bruch

Das Steinerne Kreuz im Lengericher Bruch wurde als Gedächtnisstätte an die Glaubsensverfolgung, die von 1597 bis 1702 andauerte, der Katholiken in der Niedergrafschaft Lingen errichtet. Lingen fiel danach an Preußen, wodurch es 1718 den Christen insofern erleichtert wurde, daß man ihnen die Abhaltung des Gottesdienstes in Privathäusern gestattete. Die Privathäuser durften jedoch nichts kirchenähnliches wie Kreuz oder Turm aufweisen.

Zur Vorgeschichte:
An einem Sonntag im Juli 1674 wurde der Pastor Hopfgarten aus Lengerich vorn Altare vertrieben. Er mußte mit dem Allerheiligsten in die Sakristei fluchten, in der er sich einschloß. Glücklicherweise hielt die Tür den Beilhieben der Verfolger stand. In fremder Kleidung flüchtete er in das Kirchspiel Haselünne, wo er auf dem Hof des Bauern Harrenjans in Lotten eine Zufluchtsstätte fand.

Er wohnte dort in einem Heuerhaus und hielt auf der Diele des Harrenjansschen Bauernhauses für seine Pfarrgläubigen, von denen manche auch einen weiten Weg von 12 - 15 km nicht scheuten, an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst ab. Dies tat er trotz Verbot und der spionartigen Verfolgung durch die Oranier. Pfarrer Hopfgarten starb dann später in der Verbannung.

Noch heute erinnert auf dem Harrenjans'schen Hof eine sogenannte Trag - Muttergottes an jene Zeit als auch die Inschrift vor dem als Schuppen benutzten Gebäude: "Anno 1704, Joanes Harden et Catarina Jaspers conjuges me posuerunt et Lengeriano Pastonri locaverunt."
Darüber steht: "Weisheit ist besser, denn Starke. Ein Fürsichtiger Mann übertrifft den Starken. Ecil a Egestas a Domino in domo impig. Tabernacia autem justorum benedicentur."

Im Jahre 1715 gelang es an der Kirchspielgrenze Lengerichs im Lager Bruch eine Parzelle von 7,9 ar käuflich zu erwerben. Man errichtete dort in der Heide ein scheunenartiges Kirchhaus ohne jedes religiöses Kennzeichen. Drei Jahre hielten nun die Gläubigen aus Lengerich dort ihren Gottesdienst. Eine mündliche Überlieferung weiß zu berichten, daß trotz schlechter Wege und weiter Entfernung die Gottesdienste gut besucht waren.

Die Katholiken in Lengerich erhielten im Jahr 1718 die Erlaubnis, ihren Gottesdienst im Dorf zu halten. Sie benutzten zunächst als Stätte das Brauhaus auf der Burg. Im Jahr 1720 errichteten sie gegenüber dem heutigen Maria-Anna-Hospital ihr Kirchhaus, das sie bis zur Fertigstellung der neuen Pfarrkirche im Jahre 1873 benutzten. Heute weist noch ein Kreuz auf das alte Kirchhaus hin.

Das Steinerne Kreuz im Bruch tragt die Inschrift: "Andenken an die Glaubenstreue der Niedergrafschaft Lingen und Kirchhausstätte der Kath. Gemeinde Lengerich in der oranischen Glaubensverfolgung von 1715 - 1718, Errichtet 1862."

Der Bauer Stolte, Andrup, schenkte der Pfarrgemeinde das umliegende Grundstück, sodaß das zum Steinernen Kreuz gehörende Grundstuck heute eine Fläche von 64,8 ar umfaßt.
(Informationsblatt der Samtgemeinde Lengerich - Nr. 17, Lengerich September 1979)


Sühnekreuze & Mordsteine