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Lengerich (I / II)
Zur Einzelansicht die Steinkreuze anklicken.

Lengerich I Lengerich II

PLZ: 49838

GPS: N 52° 33.333', O 7° 31.933'

Standort: Auf dem Rasen zwischen der kath. Kirche St. Benedikt und dem Friedhof.

Geschichte: Ganz unscheinbar stehen sie auf der Rasenfläche vor der kath. Kirche Lengerich, zwischen Kircheingang und Friedhof - zwei alte Steinkreuze -, von denen das eine schon die Hälfte des Querbalkens verloren hat. Viele werden daran vorübergehen, ohne daß sie ihnen besonders ins Auge fallen, andere wieder werden sich überlegen, was diese alten Kreuze hier zu bedeuten haben. Diese Gedanken werden auch Hermann Meier den ehemaligen Pastor der reformierten Kirchengemeinde in Lengerich bewegt haben, der diese Kreuze noch an ihrem ursprünglichen Platz erlebte, und der, als eifriger Erforscher der Kirchspielgeschichte, sich mit den mittelalterlichen Steinkreuzen im Lengericher Raum beschäftigt und manches Wissenswerte darüber zusammengetragen hat. Eines der alten Kreuze stand ursprünglich im Dorf links vom Eingang zur Volksschule und war das kleinste der vorhandenen Kreuze. Der Querbalken trägt eine einzeilige Inschrift in Nachttischen Buchstaben, wonach das Kreuz etwa aus dem 15. bis 16. Jahrhundert stammen könnte. Der Volksmund sagte über dieses Kreuz. daß einer vom Blitz erschlagen worden sei. Noch zwei weitere Kreuze sollen an der Straße nach Gersten gestanden haben, eines davon unmittelbar an einer Kreuzung vor dem Dorf. Dieses Kreuz war 120cm hoch und der Querbalken 70cm lang. Da es keine Inschriften und Zeichen trug, wurde es als Sühnekreuz angesehen. Es hatte seinen Standort an einem Kreuzweg, und an einer alten Grenze. Vor Jahren wurde am Standort dieses Kreuzes, die alte Markengrenze durch den Brauch bezeugt, daß hier alle vorüberkommenden Leichenzüge hielten. Diese beiden oben erwähnten Kreuze wurden im vergangenen Jahr in die Obhut er kath. Kirchengemeinde genommen, um diese Zeugen der guten alten Zeit zu erhalten.
Ein drittes Kreuz. das in Art und Form von den ersten abweicht, stand auf Uhlenbergs Esch, dort wo die Gemarkung Gersten anfängt. Das Kreuz war auf der Frontseite mit gotischen Buchstaben bedeckt, die übersetzt lauteten "Da man 1474 Montag nach Pfingsten, allhier erschlagen von dem Wetter Robbe Johann, Gott gnade ihm." Damit ist dieser als Gedenkstein für einen vom Blitz Erschlagenen erwiesen. Dieses Kreuz ist im Jahre 1947 spurlos verschwunden. Als viertes kommt ein inschschriftloses Kreuz in Betracht. welches in Langen unmittelbar hinter dem Kirchhof an dem Weg nach Espel steht. Es ist die Sage daß hier ein Bruder den anderen im Zweikampf erschoß. Es zählt also zu Sühnekreuzen und muß vor 1550 errichtet sein und zwar wieder an einem Kreuzweg. (Linger tagespost 1967)

Sage: Am ursprünglichen Standort der Steinkreuze soll jeweils jemand vom Blitz erschlagen worden sein.

Quellen und Literatur:
Lütgers, H. - Steinkreuze, in: "Unsere Heimat", Heft 12, für die Schulen des Kreises Lingen, Verlag: van Ackern, Lingen, 1951, S.605-611
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.3411.8/9
recherchiert und bebildert von Benno Lux, Lünne
Lingener Tagespost vom 7. August 1967



Lengerich (I)
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Rückseite

Größe / Material: 85:44:20 / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz stand einst auf dem Lengericher Esch, da, wo der Langener Kirchweg die Straße nach Gersten überquerte und sich im Burhermsweg fortsetzte. Später vor der Volksschule des Ortes aufgestellt und, weil 1945 dort beschädigt worden, auf Rat von Pfarrer Stute an den heutigen Platz versetzt.
Steinkreuz aus sehr hellem Sandstein. Ein Arm fehlt ganz. Am unteren Stammteil reparierte Bruchstelle. Vorderseitig verläuft parallel zu den Außenkanten von Kopf, Stamm und Querarm eine eingerillte Linie. Den Kanten von Kopf- und Querarmenden folgt sie jedoch nicht, sondern läuft dort heraus, so daß der Eindruck entsteht, als seien diese Partien verkürzt worden. Der noch erhaltene Arm trägt eine durch Auswaschung fast unleserlich gewordene zweizeilige Inschrift, von der nur noch ANNO und ein M sicher zu deuten sind. Pastor Meier will noch vor 50 Jahren den Namen MOJI und ME gelesen haben und vermutete einen weiblichen Vornamen.
Vorn am Kopf eingerillt ein Kreuzchen (18:16cm). (Müller / Baumann 1988)

Sage: Am alten Standort des Steinkreuzes soll einst jemand vom Blitz erschlagen worden sein.



Lengerich (II)
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Rückseite

Größe / Material: 90:70:18 / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz stand einst am westlichen Ortsende, südlich der Straße von Lengerich nach Gersten an einem Kreuzweg und gleichzeitig auf einer alten Markgrenze (Grundstück Brümleve), wo noch in jüngerer Zeit die vorüberkommenden Leichenzüge zu halten pflegen. Als man eine Umgehungsstraße plante, veranlaßte Pfarrer Stute die Aufstellung nahe der Kirche.
Angewittertes ungleichmäßig gestaltetes Steinkreuz mit reparierter Bruchstelle unterhalb des Querarms. (Müller / Baumann 1988)

Sage: Am alten Standort soll einst jemand vom Blitz erschlagen worden sein.



Lengerich (III)


Abbildung bei
Baumann / Müller (1988)

Blick zum Kreuz

GPS:

Standort: Im Chorraum der ev.-ref. Kirche, linke Seite.

Größe / Material: 178:57:18 / Sandstein

Geschichte: Die Steinkreuzreste (Schaft, Querarm und Kopf) waren im oberen Teil der Westwand des Turmes in dem linken rundbogigen Fenster als Spoilen verwendet worden. Der markante Querarm des Steinkreuzes trägt in guter Erhaltung die Jahreszahl M V XXXVIII. Im Herbst 2005 wurden die Steinkreuzteile bei der Freilegung und Rekonstruktion der Schallöffnungen wieder aus der Mauer entfernt. Durch Spenden der Ev.-ref. Gemeinde Lengerich konnte das Steinkreuz restauriert werden und einen würdigen Platz an der Chorwand des Kirchenraumes bekommen.
Kopfteil ist oben hinten abgeschabt. Sonst kaum Schäden.
Im Fußboden der Kirche sind viele sehr alte große Grabplatten eingelassen.

Sage:

Quellen und Literatur:
Lütgers, H. - Steinkreuze, in: "Unsere Heimat", Heft 12, für die Schulen des Kreises Lingen, Verlag: van Ackern, Lingen, 1951, S.605-611
Müller / Baumann - Kreuzsteine und Steinkreuze in Niedersachsen, Bremen und Hamburg, 1988, Nr.3411.11
Restaurierungsarbeiten an unserer Kirche, in: Gemeindebrief der Ev. Gemeinde Lengerich 9/10, Sept./Okt. 2005
weitere Infos vom Kirchenrat der Ev.-ref. Gemeinde Lengerich
recherchiert und bebildert von Benno Lux, Lünne



Restaurierungsarbeiten an unserer Kirche

Sie wissen aus dem letzen Gemeindebrief, dass wir ein zerbrochenes und im Turm vermauertes Steinkreuz bergen, restaurieren und im Chor wieder aufstellen wollten. Diese Arbeiten sind inzwischen Dank mancher Hilfe und Dank auch des raschen Arbeitens des Restaurators Jan de Buhr, Loquard / Ostfriesland, und der Firma Hubelitz abgeschlossen.
Dabei haben wir einige Überraschungen erlebt. Zuerst glaubten wir, das Kreuz bestünde nur aus den drei Teilen, die sich in der linken vermauerten Schallöffnung befanden. Wir haben sie aus der Turmwand gelöst, in die Kirche gebracht und als Kreuz hingelegt (Foto). Aber wir waren ein wenig unglücklich, weil wir fanden, das untere senkrechte Kreuzstück sei einfach zu kurz. Wir befürchteten, es sei abgeschlagen worden und das fehlende Stück sei verloren gegangen. Doch dann kam uns - Gott sei Dank! - unerwartet eine glückliche Fügung zu Hilfe. Denn als die Kreuzteile aus dem Turmfenster herausgenommen waren, kam dahinter ein Stück der uralten Schallöffhungsgestaltung, und zwar das Kopfstück der Mittelsäule (Kapitell) von etwa 1150 n. Chr., zum Vorschein (Foto). Das war eine wirkliche Überraschung. Neugierig - wie ich gerne zugebe - haben wir sogleich vorsichtig nachgeschaut, ob in dem anderen der beiden Zwillingsfenster die Mittelsäule auch noch vorhanden ist. Sie war es!
In der Sitzung des Kirchenrates am 17. März 2005 haben wir die Situation beraten und beschlossen, beide Fenster zu öffnen und restaurieren zu lassen. Um Kosten zu sparen, sollte möglichst viel in Eigenleistung geschehen. Also wurde die Vermauerung der Fenster entfernt. Und dabei fanden wir zu unserer großen Freude in dem rechten Fenster das noch fehlende Stück des senkrechten unteren Kreuzesbalkens (Foto).
Alles in allem waren die Fenster gut erhalten. Nur oberhalb des Kapitells waren Stücke der Sandsteine weg geschlagen und mussten ergänzt werden. Damit Sie ein Gefühl für die Größe der Fenster bekommen, will ich Ihnen verraten, dass unser Enkel Moritz inzwischen 93cm groß ist (Foto).
Machen Sie sich bitte keine Sorgen, Moritz wurde von seiner Mutter über die Turmtreppen nach oben gebracht, und sie hat gut auf ihn aufgepasst. Aber natürlich müsste er unbedingt einmal nach oben.
Das letzte Foto zeigt eine fertig restaurierte Turmschallöffnung.
Wir finden, dass unser Kirchturm jetzt noch schöner aussieht. Auch das Kreuz hat einen würdigen und guten Platz in einer Chornische unserer Kirche gefunden.

Zur Geschichte des Kreuzes nur soviel:
Die Art der Steinbearbeitung (Scharrierung) legt zwingend nahe, dass für die in das Kreuz eingemeißelte Jahreszahl 1538 kein älteres Kreuz verwandt, sondern das Kreuz für diese Jahreszahl 1538 hergestellt wurde - und zwar als Kirchweihkreuz anlässlich der Fertigstellung des heutigen Kirchbaues. Es war übrigens zinnoberrot gestrichen. Ob das Kreuz innerhalb oder außerhalb der Kirche stand, wissen wir nicht. In jedem Fall aber wurde es als etwas Heiliges und Heilbringendes angesehen, denn auf der Rückseite finden wir Schab- und Kratzspuren. Steinmaterial wurde abgeschabt und z. B. krankem Vieh ins Futter gemischt in der Hoffnung, dass der Kreuzstaub Heilung bewirke. Ganz sicher aber wissen wir, dass 1672 - in diesem Jahr war die Kirche wieder katholisch geworden und blieb es bis 1674, um dann wieder reformiert zu werden - zwei neue Glocken gegossen wurden. Ich vermute, dass für die eine schon vorhandene und die beiden neuen Glocken ein neuer Glockenstuhl gezimmert und die Glockenstube um ein Stockwerk nach oben verlegt wurde. Für die Abstützung des neuen Glockenstuhls wurden wahrscheinlich die romanischen Fenster vermauert und dabei auch das Kreuz von 1538 verwandt.
Eine endgültige Kostenabrechnung liegt noch nicht vor. Wir hoffen, dass mit den eingegangenen Spenden alle Kosten abgedeckt sind. Allerdings sind die Arbeiten an den alten Zwillingsfenstern hinzugekommen. Dennoch möchte ich nicht versäumen, auch an dieser Stelle allen Spenderinnen und Spendern von Herzen unseren Dank auszusprechen.
(Gemeindebrief der Ev. Gemeinde Lengerich 9/10, Sept./Okt. 2005)


Sühnekreuze & Mordsteine