Deutschland Bayern Lkr. Kulmbach

Motschenbach (I - IV)
Zur Einzelansicht die Kreuzsteine anklicken.

Motschenbach I Motschenbach III Motschenbach II Motschenbach IV

Abbildung bei
Funk (1940)

PLZ : 95336

GPS: N 50° 05.012, O 11° 19.900

Standort: Am Rande des Mainecker Forst. Ab Motschenbach dem ausgeschilderten Wanderweg folgen.

Geschichte: Dieses Kreuzsteinnest wurde auf Veranlassung des Markgrafen Alexander gegen Ende des 18. Jahrhunderts hier angelegt. Fürst Alexander hatte während seiner Amtszeit, die bis zur Abdankung 1791 dauerte, den Schutz historischer Denkmale befohlen. Daraufhin wurden mehrere solcher Steinkreuz- und Kreuzsteinnester angelegt.

Sage: Vier Handwerksburschen, die sich in Buchau auf der Kirchweih befanden, seien auf dem Heimweg in Streit geraten, hätten sich gegenseitig tödlich verwundet, zwei sollen sofort zu Tode gekommen sein, während die beiden anderen auf dem weiteren Weg am Wilmersreuther Berge tot niedersanken.

Quellen und Literatur:
Vier Kreuzsteine bei Buchau, in: Deutsche Gaue, Band IX, 1908, S.154-155
Rottler - Kreuzsteine und Steinkreuze vorzüglich im Bezirke des Landbauamtes Bamberg, in: Deutsche Gaue, 21.Bd., 1920, S.57-64, Nr.58
Funk, Wilhelm - Sühnestein und Erinnerungsmal, in: Alte deutsche Rechtsmale - Sinnbilder und Zeugen deutscher Geschichte, 1940, 80-86 und Abb.48
Azzola, Friedrich Karl - Der Flur-Kreuzstein bei Wüstenbuchau im Landkreis Kulmbach, in: Archiv für die Geschichte von Oberfranken, Band 82, 2002, S.139-144
recherchiert und bebildert von Holger Bär und GECKOS-GEOCACHING und Thomas Pfundner, Holzschwang



Motschenbach (I)
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Größe / Material: 130:90:20

Geschichte:

Sage:




Motschenbach (II)
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Größe / Material: 130:90:20

Geschichte:

Sage:




Motschenbach (III)
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Größe / Material: 155:105:20

Geschichte:

Sage:




Motschenbach (IV)
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Größe / Material: 160:90:20

Geschichte:

Sage:



Vier Kreuzsteine bei Buchau
(Kulmbach Ofr.)
Nach Bericht, Plan und Skizze, eingesandt durch rechtsk. Bürgermeister Flessa = Kulmbach

Die Kreuze stehen in der Nähe der Ortsverbindungsstraße Motschenbach=Dörfles bei der Wegscheide a, von welchem Punkte die Feldwege ab und ac abzweigen; von Punkt a ist Motschenbach 1000m, Dörfles 1200m Luftlinie entfernt. Alle Steine sind 20cm stark, I steht von III: 1,80m, III von IV 0,70m, II von der Verbindungslinie I-III 0,40m; I: 0,90m breit; 1,30m hoch. II: 0,90m breit; 1,30m hoch. III: 1,05m breit; 1,55m hoch. IV: 0,90m breit; 1,60m hoch.

Kreuzstein IV ist datiert: 1655 und derselben Zeit ungefähr gehören auch I und III an; II dagegen ist viel älter; das eingegrabene Kreuz zeigt gotische Form (XV. Jahrh.). Damit ist die Unrichtigkeit der Volkssage dargetan, von welcher Pfarrer Schüpferling-Motschenbach, ohne sich ihr anzuschließen berichtet: Unter der Bevölkerung geht die Sage: 4 Handwerksburschen, die sich in Buchau auf der Kirchweih befanden, seien auf dem Heimweg nach Veitlahm in Streit geraten, hätten sich gegenseitig tödlich verwundet, wobei 2 sofort tot auf dem Platze geblieben, während die 2 andern auf der Fortsetzung ihres Weges am Wilmersreuther Berge (außerhalb Motschenbach) niedersanken. Auf Handwerksburschen scheinen gewisse Abzeichen an den Steinen Hinzuweisen: Auf dem einen Stein ein Hammer (Schmied), auf dem andern ein Schuh (Schuster), auf dem dritten eine Kelle (Maurer), auf dem vierten einige Brote (?) (Bäcker?).

Wie oft (man kann fast sagen gewöhnlich) deutet das Volk in dergleichen Denkmale irgend eine romantische Geschichte hinein, mangels historischer Nachrichten. Pfarrer Krauß-Buchau, auf dessen Pfarrgebiet die Steine stehen, bestätigt die Existenz dieser Sage.

Interessant ist es auch, daß hier dergleichen Kreuzsteine mit dem Deutschherrn (Deutscher Orden) vom Volke in Verbindung gebracht werden. Ein Zusammenhang ist noch nie, unseres Wissens wenigstens, nachgewiesen worden. Auch hat das Ordenskreuz des deutschen Ordens eine andere Form als obige Kreuze.

Auch darf man nach unsern Erfahrungen bei Erklärung solcher einsam stehender Kreuzsteine nicht davon ausgehen, daß der betr. Ort zugleich Begräbnisstätte der etwa hier Umgekommenen sei; sie waren meist einfache Denksteine.

Bezüglich der Jahreszahl 1655 geben die Matrikeln keinen Aufschluß; vielleicht hat Pf. Krauß recht, wenn er schreibt: Die Jahreszahl 1655, ist sie authentisch, weist in die Nachwehen des 30jährigen Krieges, wo das Kriegsgesindel als organisierte oder unorganisierte Räuberbande eine Plage war; am Ende ist da eine Lösung zu finden.

Weiter berichtet er: "Es ist an der Distriktsstraße Geutenreuth - Weismain auf der Höhe vor dem jähen Abstieg der Straße links im Gebüsche versteckt ein einzelner den 4 in Frage kommenden Steinen gleichartiger weiterer Stein. Es"soll" noch mehr solche geben. Steine nach solcher Art auszuforschen und gemeinsame Merkmale aufzusuchen müßte das erste sein, was zu tun ist."

Damit ist der richtige Weg gewiesen; ganz genau dieselbe Kreuzesform wie I, III, IV zeigt ein Kreuzstein bei Herlingshard (Hipoltstein Mfr., siehe Hans Schnetzer "Ueber Kreuzsteine" in Volkskunst und Volkskunde II 27).
(Deutsche Gaue, Band IX, 1908, S.154-155)



Der Flur-Kreuzstein bei Wüstenbuchau im Landkreis Kulmbach
Das wohl älteste Kleindenkmal mit einer Haue als historisches Handwerkszeichen der Müller
Von Friedrich Karl Azzola

Rechts der schmalen Straße, die von Motschenbach nach Dörfles führt, stehen auf der Höhe und knapp hinter dem Waldrand vier spätmittelalterliche Flur-Kreuzsteine. Drei der Denkmale sind nebeneinander angeordnet, der vierte steht quer dazu. Dieser zeichnet sich durch eine Besonderheit unter den spätmittelalterlichen Flur-Kreuzsteinen aus, denn er ist beiderseits kreuzverziert.

Abb.1: Die Rückseite des bis zu 1,12 Meter hohen, 88 Zentimeter breiten und bis zu 24 Zentimeter dicken spätgotischen Flur-Kreuzsteins aus der Mitte des 15. Jahrhunderts bei Wüstenbuchau.
Foto: Azzola

Abb.2: Die zugehörige Vorderseite des aus einem hellen Sandstein gefertigten Flur-Kreuzsteins; links unten eine 19 Zentimeter hohe Haue als historisches Handwerkszeichen eines Müllers.
Foto: Azzola

Abb.3: Ein Läuferstein von 81,5 Zentimeter Durchmesser im Freilichtmuseum Anzenaumühle bei Bad Goisern in Oberösterreich. Die Haue ist in ihrer passend herausgehauenen Vertiefung im Läuferstein zunächst durch kleine Holzkeile fixiert und danach mit Blei ausgegossen. Foto: Azzola

Abb.4: Der aus Buntsandstein gefertigte, 1,16 Meter hohe Grabstein des Büdinger Herrnmüllers Sebastian Kesseler, 1669, außen vor dem Friedhof bei der Remigiuskirche in Büdingen (Hessen).
Foto: Azzola

   Die Rückseite (Abbildung 1) zeigt ein schlichtes lateinisches Kreuz, was für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts spricht. Die Vorderseite (Abbildung 2) ziert hingegen ein nasenbesetztes Kreuz, das nach aller Erfahrung der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zuzuordnen wäre. Daraus darf man folgern, daß der Kreuzstein um die Mitte des 15. Jahrhunderts gefertigt und errichtet wurde, als innerhalb eines begrenzten Zeitraumes beide Ausformungen - das seit ca. 1300 traditionsreiche nasenbesetzte Kreuz und das um die Mitte des 15. Jahrhunderts einsetzende schlichte lateinische Kreuz - üblich waren. In der heimatkundlichen Literatur wurde erkannt, daß dieser Flur-Kreuzstein deutlich älter als die drei anderen, nebeneinander stehenden Denkmale des Kreuzsteinnetzes ist.
   Als einziges weltliches Attribut ist auf der Vorderseite des gotischen Kreuzsteins (Abbildung 2 links unten) "erhaben ein Stern mit vier Spitzen herausgehauen"1). Dieses Objekt, das man auf der Abbildung 2 mühelos erkennt, ist eine Haue. Die Haue war ein weitverbreitetes und über Jahrhunderte hin überliefertes historisches Handwerkszeichen der Müller2). Sie ist aus Stahl geschmiedet und stellt den Kraftschluß zwischen der rotierenden, vom Wasserrad angetriebenen Achse und dem Läuferstein her. Niemals würde eine rotierende Achse ohne diesen Kraftschluß den schweren Läuferstein einer Mühle zur Rotation bringen. Insofern ist die Haue ein unabdingbarer Bestandteil jeder Mühle. Abbildung 3 zeigt einen Läuferstein aus dem Freilichtmuseum Anzenaumühle bei Bad Goisern in Oberösterreich. In die passend zugehauene Vertiefung des Läufersteins ist eine Haue zunächst durch Holzkeile fixiert und anschließend mit Blei ausgegossen worden.
   Der hier im Bild wiedergegebene Kreuzstein des Nestes von Wüstenbuchau (Abbildungen 1 und 2) ist das nach bisheriger Kenntnis älteste Kleindenkmal mit einer Haue als historischem Müllerzeichen. Man kann sie auf Kleindenkmalen, aber auch an Mühlen bis weit ins 18. Jahrhundert hin verfolgen. Hier zeigt als einziges weiterführendes Beispiel Abbildung 4 den Grabstein des Büdinger Herrenmüllers Sebastian Kesseler, 1669, der oben durch eine wappenartig gefaßte Haue als historisches Handwerkszeichen des Herrenmüllers verziert ist.
   Der Kreuzstein der beiden Abbildungen 1 und 2 erinnert demnach an einen Müller, der einst um die Mitte des 15. Jahrhunderts gewaltsam - durch Mord oder Unglück -, ohne Ausstattung mit dem Sterbesakrament, also unversehen, umkam. Nach dem Glauben jener Zeit befand sich seine Seele deshalb in einer besonderen Notlage, sie war eine "arme Seele". Der für ihn errichtete Kreuzstein forderte die Vorübergehenden auf, für diese arme Seele Fürbitten zu beten; er diente demnach der außerliturgischen Memoria.

1) Karl Dill: Die Flurdenkmäler des Landkreises Kulmbach, Kulmbach 1971, darin die Nr. 115 auf den S. 66-68. - Ders.: Flurdenkmäler im Landkreis Kulmbach, Kulmbach 1984, darin Nr. 277 auf den S. 185-187.
2) Friedrich Karl Azzola: Zwei Epitaphien mit historischen Handwerkszeichen der Müller, 1587 und 1590, vom Friedhof bei St. Peter in Straubing. Zugleich ein Beitrag zur Vielfalt historischer Müllerzeichen, in: Jahresbericht des Historischen Vereins für Straubing und Umgebung, 99. Jahrgang (1997, Straubing 1998), S. 193-210.

(Aus: Archiv für die Geschichte von Oberfranken, Band 82, 2002, S.139-144)


Sühnekreuze & Mordsteine