Deutschland Bayern Lkr. Würzburg

Bieberehren (I)


Bildaufsatz

Originalbildstock am
Originalstandort
Abbildung bei
Dünninger / Treutwein
(1960)

PLZ: 97243

GPS: N 49° 30,978', O 10° 0,450'

Standort: In der Bieberehrener Pfarrkirche St. Peter und Paul.

Größe / Material:

Geschichte: Bildstock von 1432 zum Gedenken an den an der ehem. Bieberehrener Gollach-Furt mit Knecht und Tochter ertrunkenen Bernhard von Talheim:
Original und Kopie: Bei dem heute am Originalstandort schräg vor der Bieberehrener Gollachbrücke stehenden Bildstock handelt es sich um eine gelungene Kopie aus dem Jahre 1969. Der Original-Bildstock steht zum Schutz vor weiterer Verwitterung heute hier in der Bieberehrener Pfarrkirche St. Peter und Paul.
Das Bild: Als erstes fällt beim Betrachten dieses alten Bildstocks neben seiner imposanten Größe die ungewöhnliche Form des Bildteils auf, die an eine in die Länge gezogene und an den Rändern reichlich verzierte Raute erinnert. Darin steht auf einem kleinen Podest der gegeißelte, dornengekrönte und nur mit einem Lendenschurz bekleidete Jesus wie er auch als Freifigur auf Geißelsäulen vorkommt. Mit der rechten Hand zeigt er auf seine Brust, in der linken hält er die Geißelrute.
Auf dem oberen Drittel des Bildstockstamms findet sich ein großes Wappen. Es handelt sich dabei um das Wappen der Herren von Talheim. Darunter folgt dann in großen Lettern die umfangreiche Inschrift. Auffällig - weil ungewöhnlich - dabei ist, dass jede Inschriftenzeile unterstrichen ist.
Die Inschrift: Die Inschrift auf dem Bildstockstamm ist sogar auf dem Originalbildstock noch weitestgehend gut lesbar. Dennoch muss sich die nachfolgend zitierte Inschrift teilweise auf die auf der Bildstock-Kopie befindliche Inschrift stützen. Ich gehe aber davon aus, dass diese damals korrekt vom Original übernommen wurde, denn zumindest mir fielen beim Vergleich keine Fehler auf. Die Inschrift lautet:
Anno dni m cccc
xxx II uf samstag
nach arnolfi Ist der
vest und gestreng
Bernhard v. Talheim
word gefund mit eim
seiner knecht genat
Wilhelm und einer
seiner Jungfraue genat
Margreth. Und ware
hie in Wassersnöte
verschide. Den Got
gnad.
Also: Anno domini MCCCCXXXII auf Samstag nach Arnolfi ist der feste und strenge Bernhard von Talheim gefunden worden mit einem seiner Knechte namens Wilhelm und einer seiner Jungfrauen namens Margreth. Und sind hier in Wassernöten verschieden. Möge Gott ihnen gnädig sein.
Der charakterfeste und strenge Bernhard von Talheim ist hier also zusammen mit seinem Knecht Wilhelm und seiner Tochter Margreth ertrunken. (Damals gab es hier noch keine Brücke, sondern eine Furt über die Gollach.)
Das Datum: Der Zeitpunkt des Unglücks wird auf den Tag genau angegeben, allerdings in der damals üblichen Form: Anno domini MCCCCXXXII auf Samstag nach Arnolfi. Es handelt sich um den Samstag nach Arnolfi im Jahr 1432. Mit Arnolfi ist, so denke ich, wohl der Arnoldustag (Arnoldstag) gemeint. Der Arnoldustag ist der 18.Juli. Im Jahr 1432 war der 18.07. ein Freitag, der Samstag nach Arnolfi, wäre somit der 19.07.
Die drei wären demnach also am Samstag, den 19.Juli 1432 hier in der Gollach ertrunken.
Die Legende: Natürlich rankt sich um den Bildstock eine Legende, die mir auf Grundlage der Inschrift aber gar nicht allzu weit hergeholt scheint, also durchaus im Kern ungefähr die wahre Geschichte erzählen könnte:
Der Ritter Bernhard von Talheim war mit seinem alten Knecht Wilhelm und seiner Tochter Margreth an jenem Samstags in den Abendstunden unterwegs nach Bieberehren, weil er noch am selben Abend seine Tochter dort mit einem Bieberehrener Mann verloben wollte. Kurz vor dem Ziel gerieten sie jedoch in ein starkes Gewitter, es blitzte und donnerte, der Sturm war heftig und die Gollach war zu einem reißenden Strom angeschwollen. Die Gollachfurt nach Bieberehren (am heutigen Standort der Gollachbrücke) schien unpassierbar, die Pferde scheuten und der alte Knecht wollte wieder abdrehen. Doch Bernhard von Talheim ließ sich nicht beirren und befahl dem Knecht, die Pferde anzutreiben, auf die andere Uferseite überzusetzen. Der Knecht gehorchte seinem Herrn und ergriff mit einem stoßgebetsartigen "In Gottes Namen!" wieder zögernd die Zügel. Doch sein zorniger, ungeduldiger Herr rief "Nein, in drei Teufels Namen!", riß dem Knecht die Zügel aus der Hand und trieb die Pferde mit wilden Peitschenhieben unnachgiebig in die reißenden Fluten.
Das andere Ufer erreichten sie freilich nie. Bernhard von Talheim, seine Tochter Margreth und die Pferde wurden Tage später weit abgetrieben ertrunken in der Tauber gefunden. Nur der treue, gottesfürchtige Knecht überlebte nach der Legende - im Widerspruch zur Bildstockinschrift - das Unglück, weil sich sein Rock in einem Weidenast verfangen hatte und ihn somit vorm Ertrinken bewahrt hatte. (Würde er auch in der Sage sterben, hätte diese ja schließlich keinen religionspädagogischen Wert.)
Ältester Bildstock Frankens? In diversen Quellen wird behauptet, es handele sich um den ältesten Bildstock Frankens. Dies ist nicht korrekt: Zumindest im tauberfränkischen Gamburg (1423) und evtl. auch in Werbach (1427) stehen älter datierte Bildstöcke. Auffällig ist dabei, dass sich die Bilder des Gamburger, des Werbacher und das des Bieberehrener Bildstocks sehr stark ähneln: Alle drei Bilder zeigen einen stehenden, gegeißelten Christus. Im Gamburger und Werbacher Fall handelt es sich dabei um den Auferstandenen, der seine Wundmale am Handgelenk zeigt, im Bieberehrener Fall präsentiert der dornengekrönte Jesus die Geißelrute.
Ohne Datumsangabe, aber noch älter dürfte z.B. der monolithische Nischenbildstock zwischen Baldersheim und Aub sein.
Aber vielleicht ist der Bieberehrener Bildstock ja immerhin der älteste Bildstock Frankens mit tagesgenauer Datumsangabe und ziemlich sicher der älteste Unglücksbildstock, der in seiner Inschrift den Stiftungsgrund thematisiert. (Beierstettel 01/2013)

Sage:

Quellen und Literatur:
Dünninger, Josef / Treutwein, Karl - Bildstöcke in Franken, Thorbecke Kunstbücherei, Konstanz 1960, S.22, 86 und Abb.5
Schüßler, Herbert - Erlebtes Tauberland. Band 1, Bergatreute: Verlag Wilfried Eppe, 1984
Worschech, Reinhard - Bildstöcke an den Wegen durch Unterfranken, 1994, S.101
Informationstafel in der Bieberehrener Pfarrkirche St. Peter und Paul direkt neben dem Original-Bildstock.
von-Talheim-Bildstock (Original)
recherchiert und bebildert von Hendrik Beierstettel, Tauberbischofsheim (Fotos von Januar 2013)



Bieberehren (II)

GPS: N 49° 31,116', O 10° 0,546'

Standort: Vor der Gollachbrücke ("Röttinger Straße).

Größe / Material:

Geschichte: Bei dem Bildstock handelt es sich um eine Kopie, der Originalbildstock ist in der Pfarrkirche St. Peter und Paul aufgestellt.
Auf der Rückseite des Stammes der Bildstock-Kopie am Originalstandort findet sich eine moderne, die Kopie thematisierende Zusatz-Inschrift:
KOPIE DES GOTISCHEN BILD
STOCKES AUS DEM 15. JAHR
HUNDERT. DIESE KOPIE WUR
DE 1969 NACH DEM WIEDER
AUFBAU DER 1945 KRIEGSZER
STÖRTEN BRÜCKE GESCHAFFEN
DAS ORIGINAL STEHT IN DER
PFARRKIRCHE ST. PETER U.
PAUL IN BIEBEREHREN
Vor dem Bildstock ein Blumenopfer. (Beierstettel 01/2013)

Sage:

Quellen und Literatur:
Worschech, Reinhard - Bildstöcke an den Wegen durch Unterfranken, 1994, S.101
Der Bildstock von 1432 zum Gedenken an den hier mit Knecht und Tochter in der Gollach ertrunkenen Bernhard von Talheim
recherchiert und bebildert von Hendrik Beierstettel, Tauberbischofsheim (Foto von Januar 2013)


Sühnekreuze & Mordsteine