Otvice / Udwitz
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Skizze bei
Kamenné kříže (2001)

Abbildung bei
Dreyhausen (1940)

Zeichnung von 1938
Karel Šrámek
(1900-1957)

Abbildung bei
Schellberger (1929)

PLZ:

GPS:

Standort: Auf dem Komotauer Zoopark Skanzen.

Größe / Material: 77:56:22 / Sandstein

Geschichte: Das Steinkreuz befand sich - nach Karel Šrámek 1938 - nördlich von Chomutov am Feldweg zum Torhaus führend vor der Haltestelle Otvice. Jetzt ist es auf dem Komotauer Zoopark Skanzen zu finden. Momentan (Mai 2013) ist das Steinkreuz nicht am angegebenen Ort zu finden. Wegen Verlegung von Versorgungsleitungen wurde es ausgegraben und in einem Depot in Skanzen hinterlegt. Nach Aussage eines Skanzen-Mitarbeiters soll es im Herbst 2013 wieder am ursprünglichen Ort aufgestellt werden. (Basler 05/2013)

239) Udwitz: Westlich von Udwitz, auf freiem Felde.
Inschrift: EINEN TAG VND SECH ZEHEN JAHR DA ICH SVSANNA FVCHSIN WAHR VMB HALBE DREY VHR FRISCH VND ROTH GLEIG EINER BLVME MICH BRAG DER TODT ICH GABE ZWAR MEIN LEBEN GOTT WILLIG VND BEREITH DER DA STEHT KAN AVCH GEBEN DAS SEINIGE INO HEVT DEN 18 FEBRV..
Hier soll ein Schulkind erfroren, nach anderem ein Ackersmann samt dem Pfluge und den Zugtieren versunken sein.
Siehe: Wilhelm, Erzgebirgszeitung 1903, S.59. (Dreyhausen 1940)

Der Zufall brachte mir zuerst gerade das Kreuz mit der längsten Inschrift vor Augen, deren Entzifferung, wie ich viel später erfuhr, bis dahin noch niemandem gelungen war. Beim 2.Streifzug, den ich zusammen mit Herrn Lehrer Enz unternahm, am 3.Juli 1928, kamen wir zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags zu jenem Kreuze, das mitten auf einem Felde westlich von Udwitz sich befindet. Als wir uns 2 Stunden später auf den Heimweg machten, hatten wir mit vereinten Kräften - vier Augen sehen mehr als zwei und kontrollieren sich gegenseitig - die Schriftzeilen bis auf eine entziffert und einen kleinen Vorgeschmack bevorstehender Schwierigkeiten bekommen. Zwei Stunden lang in glühender Sommersonne sich bücken, knien, hocken und auf der Erde liegen kostet manchen Tropfen Schweiß, auch wenn man nicht auch noch eine von Flechten bedeckte und teilweise stark beschädigte Schrift zu lesen hat. Aber erst, als ich am 23. und 24.März d.J. den Sinn der fraglichen Zeile aufzuhellen suchte, glückte mir die restliche Lösung. Die nach Westen gerichtete, ergreifende Inschrift ist in Reimen abgefaßt: EINEN TAG / VND SECH / ZEHEN IAHR / DA ICH SVSANNA FVCHSIN WAHR / VMB HALBE DREY VHR FRISCH VND / ROTH : GLEIG EINER BLVME MICH / BRAG DER TODT : ICH GAB E- / ZWAR MEIN LEBEN : GOTT / -WILIG VND / BEREITH : / DER DA STE / HT KAN AVCH GEBEN DAS / SEINIGE INO / CH HEVT : / DEN 18 FEBRV.
   Daß jemand zwischen Komotau und Görkau bei Tag erfrieren kann, kommt uns nach dem diesjährigen Februar gar nicht unglaublich vor. Die mündliche Überlieferung berichtet (nach Wilhelm), an dieser Stelle sei ein Schulkind erfroren oder ein Ackersmann samt dem Pfluge und den Zugtieren versunken. Das ist ungemein lehrreich. Wir sehen die Wahrheit im Kampfe mit klügelnder Deutung: Ein Kreuz im Feld, was kann es bedeuten? Natürlich ein Unglück eines Landmannes. Ob da die Wahrheit gesiegt hätte? Dann lehrt uns diese Deutung auch, wie schnell Ereignisse in Vergessenheit geraten. Wo aber steckt die Jahreszahl? Mitten drin nach beliebter Sitte der damaligen Zeit. Wir haben es mit einem Chronogramm (Chronostichon, Zeitinschrift)*) zu tun. Aber in unserem Falle hat der Steinmetz ungenau gearbeitet. Manche der Zifferbuchstaben überragen zwar beträchtlich die übrigen Schriftzeichen, andere aber haben die durchschnittliche Höhe und bei einigen fällt die Entscheidung schwer. Dazu kommt, daß viele Anfangsbuchstaben, die nie einen Ziffernwert haben können, gleichfalls größer ausgeführt sind. Zählen wir die großen zusammen (ohne H in heut), so erhalten wir das Jahr 1666, rechnen wir die zweifelhaften alle dazu (einschließlich W in WAHR und H in HEVT und HALBE), so kommen wir auf 1710. Zwischen diesen beiden Endpunkten durfte die Jahreszahl liegen. In der Form (regelmäßiges lateinisches Kreuz) gleicht das Kreuz tatsächlich dem Burberg-Kreuz (1661) und dem bei Grün (1708), nicht aber dem 2.Udwitzer (1690). Vielleicht könnte ein Sprachforscher der deutschen Sprache noch allerlei Wissenswertes dazu sagen (inoch, ezwar, gleig, brag); vielleicht ließe sich auch in den Matriken der Umgebung das Jahr genau ermitteln. Auf dem Kopf des Steines ist ein kleines (griechisches) Kreuz eingemeißelt, das, der fachgemäßen Ausführung nach, wohl schon bei seiner Aufstellung angebracht war. Die Schrift reicht bis zu einer in der Erde steckenden, sockelartigen Verbreiterung, die offenbar der Verankerung im Boden dienen soll, wie wir das auch bei Ruhsteinen, Martern und Taufsteinen finden werden (75, 57, 22). (Schellberger 1929)
*) Große Anfangsbuchstaben haben folgende Wörter: Tag, sechzehen, Jahr, Susanna, Fuchsin, Uhr, frisch, brag, ich, gab, Leben, der, da, steht, kan, das, seinige, inoch, heut, Febru; zweifelhaft sind sie bei: wahr, umb, halbe, und, Todt, bereith. Ferner sind groß die I in einer und seinige, das C in inoch und das V in heut. Zweifelhaft die V in Susanna Fuchsin, Blume, auch. In einem Chronogramm gelten die römischen Zahlbuchstaben ihren Ziffernwert: M 1000, D 500, C 100, L 50, X 10, V 5, I 1, manchmal W 10 und H 2. - Von den bei jedem Steinkreuz in Klammer angegebenen Ziffern bedeuten in der Regel die erste die Höhe über dem Erdboden (selten bis zum Sockel), bei umgefallenen oder bloßgelegten die Gesamthöhe, die zweite die Breite des Querbalkens, die dritte die Dicke des Steines, die manchmal nur einen Durchschnitt angibt oder durch 2 Ziffern ausgedrückt wird, wobei der Querstrich "bis" heißt; z.B. 24-21 bedeutet, daß der Stein ganz unten 24cm dick ist und diese Dicke allmählich von unten nach oben auf 21cm zurückgeht. Bei Inschriften deuten die schiefen Striche zwischen einzelnen Wörtern das Ende einer Zeile an.

13a. Westlich von Udwitz, in der Nähe der Schäferei, steht im freien Felde ein 55cm hohes, 37cm breites und 22cm dickes, noch ziemlich wohlerhaltenes Steinkreuz von regelmäßiger (lateinischer) Form, mit der folgenden längeren Inschrift, welche die eine Seite ganz bedeckt: EINEN TAG UND SECHSZEHEN JAHR JAICHSN ANNA FVCHSIN WAHRIST JVNG UND ROTH GESTORBENICH GABMEIN LEBEN GOTT WILLIG VND BEREITH DER DASELBE KAN GEBEN DAS SELIGE IN EWIGHEVT: DEN 18 FEBRV. Eine Jahreszahl, die uns besonders interessieren würde, konnte ich nicht entdecken. - Die Sage berichtet, daß an dieser Stelle ein Schulkind erfroren, nach einer anderen Version, daß hier ein Ackersmann samt dem Pfluge und den Zugtieren versunken sein soll. Im Übrigen gilt von dem Steine dasselbe, was bei 13 erwähnt worden ist. (Wilhelm 1903)

Sage: 1. An dieser Stelle sei ein Schulkind erfroren.
2. Ein Ackersmann sei hier samt dem Pfluge und den Zugtieren versunken.

Quellen und Literatur:
Wilhelm, Franz - Weitere Beiträge zur Geschichte und Verbreitung der Mord- und Sühnkreuze, in: Erzgebirgs-Zeitung, XXIV.Jahrgang, 3.Heft von März 1903, S.59
Schellberger, Ludwig - Heimatkunde des Bezirkes Komotau, 2.Band: Kultur, 5.Heft: Die Kunstdenkmäler, Brüx 1929, S.18-19, 107 Anm.3
Dreyhausen, Dr. Walter von - Die alten Steinkreuze in Böhmen und im Sudetengau, 1940, S.110, Nr.239
Kolektiv Autorů - Kamenné kříže, 2001, S.142, Nr.1006
recherchiert und bebildert von Paul Basler, Schwarzenbach/Saale


Sühnekreuze & Mordsteine