Deutschland Thüringen Lkr. Altenburger Land

Zschernitzsch / OT von Altenburg


Abbidung bei
Quietzsch (1980)

alter Standort (1962)
VÖ bei Quietzsch (1980)

PLZ: 04600

GPS: N 51° 0,233', O 12° 25,433'

Standort: Im Neubaugebiet Altenburg-Nord, vor dem Eingang Siegfried-Flack-Straße 5.

Größe / Material: 102:35:23 / Porphyrtuff

Geschichte: In einem Neubaugebiet im Nordwesten der Stadt steht am Straßenrand (Siegfried-Flack-Straße 5) ein unscheinbares Steinkreuz. Der linke Kreuzarm fehlt, vom rechten ist nur ein Stumpf erhalten. Bei genauem Betrachten sind ein paar einfache eingehauene Figuren zu entdecken. Wie überliefert ist, wurde an diesem Kreuz auf der Höhe zwischen Altenburg und dem Dorf Zschernitzsch früher Halt gemacht, wenn man in der Kreuzwoche nach altem Brauch in feierlichem Zug um die Flur ging. Man sang am "Wetterkreuz" fromme Lieder, um auf diese Weise Hagel und Unwetter abzuhalten.
Steinkreuze haben im Volksglauben einen hohen Stellenwert. Als "Wetterkreuze" sollten sie schwere Gewitter teilen und vertreiben, wenn man hier betete. "Pestkreuzen" wurden Abwehrkräfte gegen die gefürchtete Seuche zugesprochen. Den "Mordkreuzen" haftet oft die verblaßte Erinnerung an den ursprünglichen Anlaß der Errichtung solcher Kreuze im späten Mittelalter als Sühne? oder Gedenksteine an. Häufig gelten Steinkreuze als Spukorte. Über den Ursprung des Zschernitzscher Kreuzes heißt es, daß sich an diesem Ort einst zwei "Bauernkerle" beim Düngerstreuen in die Haare gerieten. Sie gingen mit Mistgabeln aufeinander los und erstachen sich gegenseitig. Da ihnen ein Begräbnis auf dem Leichenacker versagt blieb, wurden sie am Unglücksort eingescharrt. Wie der Pfarrer von Zschernitzsch erzählt, rankte sich später folgende Überlieferung um das Kreuz: Während der Napoleonischen Besetzung töteten Zschernitzscher Bauern an diesem Ort einen französischen Soldaten und sollten deshalb hingerichtet werden. Der Pfarrer des Dorfes setzte sich bei den französischen Offizieren, die in seinem Haus wohnten, für die Bauern ein. Er bot sogar an, sich an Stelle der Bauern hinrichten zu lassen. Das beeindruckte die Offiziere so sehr, daß sie die Bauern verschonten. (Hohberg 1998)

Das Steinkreuz stand ehemals südlich vom Zschernitzsch, unmittelbar westlich der Straße nach Altenburg, 112m nordnordweslich eines bei Höhe 204,2 nach West abgehenden Fahrweges am feldseitigen Grabenrand (siehe Bildbox). Es wurde 1973 wegen des Wohnungsbaues entfernt, ohne daß der Standplatz nach Befunden untersucht werden konnte, und vorübergehend im Schloß- und Spielkartenmuseum Altenburg eingelagert. Nach Abschluß der Bautätigkeiten wurde es nahe beim alten Standort neu errichtet.
Kurzer, wohl gerader Kopf; SSO-Arm verstümmelt, NNW-Arm nicht mehr vorhanden; Schaft schlank bis zur Sohlenkante, allseitig und gleichmäßig leicht zur Kreuzung verjüngend; die Sohle, ohne besondere Fußbildung, ist eben mit rechteckigem Querschnitt. Die Schaftkanten sind ab unterem Fünftel bis zum Armansatz gefast. Gesamtlänge: 152cm.
Auf der WSW-Seite, im Kopffeld beginnend und weit auf den Schaft reichend, eingeritzt im Umriß: Schwert - Griff, Knauf und Parierstange sind im Kopffeld ausgewittert. In der Längsachse der Klinge, 68cm von der Kopfkante, künstliches Näpfchen. Unter der Kopfkante der WSW-Seite nebeneinander zwei kleine flache Löcher. ONO-Seite, eingeritzt auf dem Schaft unterhalb vom Armansatz: kleines K - wohl sekundäre Zutat. An unterer Schaftpartie ist die Pickung gut sichtbar. Die etwas unklare Einzeichnung der SSO-Seite wurde als Mistgabel(n) gedeutet, auch als Pantoffel.
SSO-Arm in der Stirnseite Nagelung - zwei Nagelköpfe sichtbar. (Quietzsch 1980)

Sage: 1. Zween Bauernkerle [...] geriethen über dem Düngerstreuen in Uneinigkeit und erstachen sich beyde mit den in Händen habenden Mistgabeln, womit sie einander zu Leibe gingen. (Meyner 1795)
2. Dem Kreuzstein am Zschernitzscher Wege ist ein "Pantoffel" eingehauen, angeblich bez. sagenhaft Hinweisung auf das Verhältniß der St.-Georgen-Schloß-Kirche zu Altenburg, welche unmittelbar unter dem Pabste stand, zu dem letzteren. (Back 1863)

Quellen und Literatur:
Meyner, J.F. - Kreutz-Steine, Zeitschrift füe das Fürstenthum Altenburg auf das Jahr 1795, S.379-381
Back, K. - Correspondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, 11.Jg, 1863, Nr.12, S.121
Quietzsch, Harald - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk, Leipzig, 1980, S.18-20
Hohberg, Rainer - Die schwarzen Führer Thüringen, Freiburg i.Br., 1998, S.14-15
aktuelle Aufnahme von S. Gerth, Pfaffroda (Foto von 2005)
ergänzende Hinweise von Toralf Keil, Schloss- und Spielkartenmuseum im Altenburger Schloss


Sühnekreuze & Mordsteine