Deutschland Thüringen Lkr. Greiz

Thalbach / OT von Greiz


Blick zum Standort

PLZ: 07973

GPS: N 50° 37,938', O 12° 13,373'

Standort: An der "Großen Köhlerspitze", einem Felsen im unteren Göltzschtal zwischen Greiz und Mylau. Er liegt direkt am Wanderweg Greiz - Göltzschtalbrücke, dem sogenannten "Köhlersteig“ (Teilstück des Vogtland-Panorama-Weges). Kürzester Zugang von der 3,5km unterhalb der Göltzschtalbrücke liegenden Gaststätte "Waldfrieden“ aus.
(Hinweis: von Thalbach aus ist der Standort nur weglos zu erreichen)

Größe / Material: 65:30 / Schieferquarz

Geschichte: Einfach gestaltete Einrillung eines lateinischen Kreuzes auf einem Kreis. Alter und Anlass unbekannt.

Die Neueingabe von Thalbach halte ich vom Alter her aus den 1950er Jahren stammend. Es ist das Zeichen der evangelischen "Jungen Gemeinde". Diese wurde in diesen Jahren durch den Staat und die Partei stark angegriffen und defamiert bis hin zu strafrechtlichen Verfolgungen. Ich denke, daß damals dieses Zeichen (wie eine Parole) in den Stein eigeritzt wurde. (Häffner 08/2008)

Einfach gestaltete Einrillung eines lateinischen Kreuzes auf einem Kreis. Es handelt sich um ein sogenanntes Kugelkreuz. Die ältesten erhaltenen Darstellungen dieses Symbols stammen aus dem 6.Jahrhundert. (Relief in Ravenna und ein Medallion in St. Petersburg, das aus dem byzantinischen Raum stammt).
Die ursprüngliche Bedeutung ist umstritten:
Eine Theorie deutet den Kreis als Apfel als Symbol für die Unheil bringende Frucht der Schöpfungsgeschichte. In Verbindung mit dem darüberstehenden Kreuz wäre somit die Überwindung und Erlösung der Sünde dargestellt. Man begründet diese Deutung damit, daß zu dieser Zeit die Kugelgestalt der Erde noch nicht bekannt gewesen sei. Jedoch muß dazu bemerkt werden, daß man bereits dem Philosoph Parmenides (ca. 540 v.u.Z. bis ca. 480 v.u.Z.) zuschreibt, von der Kugelgestalt gewußt zu haben.
Zur Sommersonnenwende des Jahres 240 v.u.Z. wurde gemeinsam von Eratosthenes von Kyrene in Assuan und Archimedes von Syrakus in Alexandria bereits der Erdumfang mit erstaunlich genau vermessen. Auch Aristoteles wußte wohl schon von der Kugelgestalt der Erde (Peri uranu, De caelo).
Weiterhin ist unbedingt anzufügen, daß der Apfel als Frucht des Sündenfalles sehr unwahrscheinlich ist, die Bibel spricht nur von einer Frucht des Baumes der Erkenntnis. Der Apfel kommt wohl erst durch die Übersetzung der Vulgata (in Latein verfasster Bibeltext) ins Spiel: das lateinische Wort „male“ wird mit schlecht, böse, unglücklich, ungünstig übersetzt; das ähnliche Wort "malum" steht für Apfel. In mittelalterlichen Darstellungen wird ab und an das Gewicht der Sünde durch einen in einer Waagschale liegenden Apfel abgebildet, manchmal hängt sich der Teufel persönlich noch als Beschwerung von unten an diese die bösen Taten symbolisierende Waagschale an. Diese Waage findet sich meist in Verbindung mit dem hl. Antonius dargestellt.
Eine andere Theorie geht davon aus, daß der Kreis unter dem Kreuz doch schon die Erde darstellt. Ob er nun als Kugel oder als ebener Erdkreis zu interpretieren ist, ist dabei wohl von sekundärer Bedeutung. Das Kreuz als Zeichen der Erlösung steht damit in jedem Fall über dem Irdischen und zeigt seine übergeordnete Bedeutung. Es gibt auch Darstellungen von Kugelkreuzen, bei denen der Fuß des Kreuzes nicht aus dem oberen Punkt des Kreises, sondern aus dem Kreismittelpunkt entspringt und dabei auf einem waagerechten Querbalken steht, der den Kreis genau halbiert. Dadurch entstehen 3 Sektoren im Kreis: zwei obere Viertel und ein darunterliegender Halbkreis. Der Fußpunkt des Kreuzes (= Erdkreismittelpunkt) könnte für Jerusalem stehen, die Sektoren symbolisieren die damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika. Das Kreuz bekommt dadurch eine "internationale", völkerverbindende und zentrale Präsenz.
Als Reichsapfel begegnet uns das Kugelkreuz neben Zepter und Krone als Machtinsigne der weltlichen Regierung. In Verbindung mit dem Krönungszeremoniell findet er bei der Kaiserkrönung Heinrichs VI. bereits im Jahre 1191 Erwähnung.
Eine besondere Bedeutung erlangte das Kugelkreuz in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus durch die bekennende Kirche.
Durch die Initiative von Pfarrer Otto Riethmüller (Vorsitzender der Jugendkammer der Bekennenden Kirche) und dem Künstler Rudolph Koch wurde das Kugelkreuz zum Symbol für den Widerstand gegen die Versuche der Nationalsozialisten, eine regimekonforme Evangelische Reichskirche zu schaffen. Die theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen vom 29. bis 31.Mai 1934 artikuliert in 6 Thesen diesen Widerstand.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges übernahm die "Ordnung der Evangelischen Jugend in Deutschland" im Mai 1946 das Kugelkreuz als Zeichen der Evangelischen Jugend. (Junge Gemeinde)
In beiden Hälften des nun geteilten Landes trugen junge Christen das Zeichen als Bekenntnis ihres Glaubens in Form eines Kleidungsansteckers.
Er wurde ihnen damals üblicherweise 1 Jahr nach ihrer Konfirmation überreicht. Voraussetzung war, daß sie sich während dieses Jahres weiterhin aktiv zu einer evangelischen Gemeinde gehalten haben.
Im Osten Deutschlands wurde das Kugelkreuz nun wieder zu einem Widerstandssymbol. Das sozialistische Regime versuchte, seinen totalitären, atheistischen Machtanspruch durchzusetzen und setzte Andersdenkende heftigen Repressalien aus. Man sah die "Junge Gemeinde" als Konkurrenz zu der staatlichen Jugendorganisation "FDJ" und hatte Angst vor Gedankengut junger Menschen, das nicht der staatlichen Kontrolle und Propaganda unterstand. Besonders hart wurde in den Jahren 1952, 1953 und 1958 durchgegriffen. So waren z.B. Schulverweise wegen Tragens des Kugelkreuzansteckers keine Seltenheit. Man begründete das harte Vorgehen damit, daß man der "Jungen Gemeinde" unterstellte, sie sei eine terroristische und vom Westen gelenkte Organisation. So ist im "Neuen Deutschland" vom 28.April 1953, Nr.98, S.3 folgendes zu lesen:
Nach den Enthüllungen über die verbrecherische Tätigkeit der faschistischen Terrororganisation "Bund deutscher Jugend" in Westdeutschland und Westberlin wurde festgestellt, daß diese faschistische Organisation auch im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik ihr Unwesen treibt. Dazu bedient sich der faschistische "BDJ" des kirchlichen Deckmantels der sogenannten "Jungen Gemeinde", um seine Wühl- und Hetzarbeit tarnen und religiös denkende Menschen, besonders junge Christen, irreführen zu können. [...] So mißbraucht die religiös getarnte "Junge Gemeinde" den christlichen Glauben von Jugendlichen, um sie gegen die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion aufzuhetzen und auf diese Weise die schmutzige Sache Adenauers, die schmutzige Sache des Generalkriegsvertrages in unserer Republik zu besorgen und zu Verbrechen anzustiften. Einige der evangelischen Kirchenführer unterstützen diese Hetze gegen den Frieden und die Demokratie, nachdem sie, wie es die Synode in Elbingerode 1952 beweist, für die tatkräftige Unterstützung des Generalkriegsvertrages Stellung genommen haben. Die Reisen einiger Kirchenführer nach den USA und England zeigen, woher sie ihre Direktiven erhielten. Wir sind überzeugt, daß die staatlichen Organe die Bevölkerung der Deutschen Demokratischen Republik von den Untersuchungsergebnissen über die verbrecherische Tätigkeit der Agenten der sogenannten "Jungen Gemeinde" weitestgehend informieren werden. Ein Teil des Materials wurde einigen Bischöfen bereits zur Kenntnis gebracht. In diesem Zusammenhang muß erwähnt werden, daß die Behauptung des Herrn Bischof Dibelius, die "Junge Gemeinde" sei eine erlaubte Organisation, nicht zutreffend ist. Eine Feststellung im Ministerium des Innern hat ergeben, daß die "Junge Gemeinde" niemals erlaubt wurde und nach den Enthüllungen über die feindliche Tätigkeit dieser illegalen Organisation auch niemals erlaubt werden kann. Andere Kirchenführer behaupten wider besseres Wissen, die "Junge Gemeinde" sei überhaupt keine Organisation, sondern nur eine lose Zusammenfassung junger Kirchenanhänger. Das ist völlig unrichtig, denn den staatlichen Verwaltungsstellen liegen Mitgliedsbücher, Organisationsabzeichen und andere Zeichen für das Vorhandensein einer nicht erlaubten Organisation vor. Wer sich daran beteiligt, muß wissen, daß er dadurch gegen die in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden Gesetze verstößt. [...] In der Deutschen Demokratischen Republik herrscht hingegen Freiheit für die Friedensbewegung und alle Menschen, die sich im Interesse der Erhaltung des Friedens betätigen. Aber es wird und kann keine Betätigungsfreiheit für jene geben, die den Generalkriegsvertrag propagieren, unterstützen und somit Feinde der deutschen Nation sind. (Schumann 08/2008)

Sage:

Quellen und Literatur:
recherchiert und bebildert von Andreas Schumann, Reichenbach
Ergänzungen von Jost Häffner, Erfurt


Sühnekreuze & Mordsteine