Deutschland Thüringen Lkr. Schmalkalden-Meiningen

Struth-Helmershof / OT von Floh-Seligenthal


Abbildung bei
Störzner (1988)

PLZ: 98593

GPS: N 50° 44,756', O 10° 30,130'

Standort: Am Westrand des Ortsteiles Struth(-Helmershof), an einem Feldweg zwischen Schmalkalden und Struth.

Größe / Material: 80:38:13 / Sandstein

Geschichte: Wird hier "Heiligenkreuz / Heiliges Kreuz" genannt.
Lateinische Kreuzform. Kopf nach oben verschmälert. Umrißkanten gerundet. Unterschiedliche Armhöhen. Ungleichmäßig. Im Kopf (nachträglich) eingeritzt H K. Auf dem Scheitel des Kopfes: eine näpfchenartige Aushöhlung. Alte Abschläge an Armen und Schaft.
Durch Anfahren 1968 umgestoßen und daraufhin sichergestellt. Nach einer Zwischenlagerung im Garten des Grundstückes Untere Gasse Nr. 12 (ca. 1968 - 1975) wurde das Steinkreuz am alten Standort wieder aufgestellt. (Störzner 1988)

Sage: 1. Das Steinkreuz soll aus dem Dreißigjährigen Krieg stammen, als hier Tote aus einem Gefecht mit plündernden Kroaten 1640 begraben worden sind.
2. Es soll sich um ein Massengrab handeln (1983 mündlich).

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.69, Nr.493
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen / Inventar Bezirke Gera und Suhl, 1988, S.125-126
Fräbel, Fritz - Das Heilig Kreuz bei Struth-Helmershof, ein Sühnekreuz aus dem Mittelalter?



Das Heilig Kreuz bei Struth-Helmershof, ein Sühnekreuz aus dem Mittelalter?
von Ortschronist Fritz Fräbel

Am westlichen Ortsausgang vom Ortsteil Struth, Ende der Unteren Gasse in Richtung Weidebrunner Feld, steht ein verwittertes Steinkreuz mit den eingehauenen Buchstaben IPK. Obwohl die Buchstaben tief eingehauen sind, kann man die beiden letzten nicht eindeutig erkennen. Es könnten auch IPR, IFK oder IFR sein. Unter der einheimischen Bevölkerung ist dieses Kreuz als Heilig Kreuz bekannt. Es wurde in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Sühnekreuz aus dem Mittelalter, unter Denkmalschutz gestellt. Im Internet werden mehrere Hundert solcher Kreuze beschrieben, die zum Teil auch als Mordkreuze bezeichnet werden. Sie wurden an Straßen und Wegen aufgestellt, wo Strafgericht gehalten - und die Urteile vermutlich auch vollstreckt-, bzw. die Straftat gesühnt wurde.
Wahrscheinlich in der Zeit, bevor Eike von Repkow in den zwanziger Jahren des dreizehnten Jahrhunderts den Sachsenspiegel, das bedutendste und älteste der deutschen Rechtsbücher verfaßte. Die Bezeichnung Heilige Kreuz, weckt in mir aber die Frage, ob es sich tatsächlich um ein Sühnekreuz, oder um ein Kreuz mit religiösem Hintergrund handelt. Die eingehauenen Buchstaben, wie oben beschrieben, erhärten diese Vermutung, weil die auf dem Christuskreuz INR (Jesus von Nazareth König der Juden) auch mit I beginnen.
Nicht auszuschließen ist, daß dort ein Mensch, der in christlicher Mission unterwegs war, den Tod fand. Es ist hinreichend bekannt, daß in unserer Mundart Begriffe und Redewendungen über Jahrhunderte von Generation zu Generation weitergetragen werden und erhalten bleiben, so wie man das auch bei Flurnamen feststellen kann und mit Sicherheit auch für Heilig Kreuz zutrifft.
Jacob Grimm (1785–1863) hat bereits 1839 den Wert der Benennung von Dorffluren und Örtlichkeitsnamen für Erkenntnisse aus “uralter” Zeit erkannt und uns folgendes Zitat hinterlassen:

Wenn die uralte Zeit noch irgendwo haftet in der neuen, so ist es in der Benennung von Dorffluren, weil der einfache Landmann viele Jahrhunderte hindurch kein Bedürfnis fühlte sie zu ändern.

Dieses Zitat erhärtet die Feststellung, daß die Mundart als eines unserer ältesten Denkmale gilt. Es wird schwer sein herauszufinden, worum es sich bei diesem Kreuz und den eingehauenen Buchstaben handelt. Das Kreuz ist aber auch stummer Zeuge davon, daß es bereits im Mittelalter einen Verbindungsweg von der Hohen Straße, zum Nesselgrund gegeben hat. Die Hohe Straße verlief bekanntlich von Schmalkalden über das Weidebrunner Feld, bog dort ab in Richtung Floh, von wo sie weiter über Seligenthal zum Possenröder Kreuz verlief. Der Verlauf des genannten Verbindungsweges von der Hohen Straße zum Nesselgrund verlief vom Weidebrunner Feld entlang des befestigten Feldweges unterhalb der Wüstung Kohlhof, oberhalb der Wüstung Klein Steinbach, vorbei am Heilig Kreuz und nördlich am Dorf Struth, zum heutigen Mühlenweg, der bis 1831 Teil der alten Hauptstraße war, zum Nesselgrund. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Zitat aus dem Album des Thüringer Waldes von Heinrich Schwerdt, herausgegeben 1859 im Georg Wigand’s Verlag Leipzig, dort findet man auf Seite 223 über die Tagung des Schmalkaldischen Bundes, folgenden Text:

... es wurden sämtliche Fürsten und Städte, die auf dem Boden des evangelischen Bekenntnisses standen, zu einem förmlichen Trutz- und Schutzbündniß nach Schmalkalden geladen, wo sie nach und nach (von 1530 bis 1543) neun Zusammenkünfte hielten, die bald längere, bald kürzere Zeit dauerten. Auf dem zweiten dieser Convente (1531) ward der "Schmalkaldische Bund" geschlossen. Der glänzenste war jedoch der siebente (1537), zu dem sich 28 Fürsten, die Bürgermeister von 22 Reichsstädten, die Abgeordneten des Papstes, des Kaisers, der Könige von Frankreich und Dänemark, sowie die namhaftesten Theologen der damaligen Zeit (Luther, Melanchton, I.Jonas, Bogenhagen, Agricola, Spalatin, Osiander, Mykonius u.v.a) in Schmalkalden versammelt hatten. Diese predigten abwechselnd Tag für Tag in der Stadtkirche; die Beratungen aber fanden theils im Gasthof zur Krone, theils im Rathause, theils in Luther`s Wohnung statt, wo am 24. Februar die Schmalkaldischen Artikel vorgelesen und unterzeichnet wurden. Zwei Tage später reiste Luther ab, will er an Steinbeschwerden erkrankt war. Im Dorfe Struth ward er von fanatischen Bauern beschimpft und mit Steinwürfen verfolgt. Beim Nesselhof aber labte er sich aus einer frischen Waldquelle, die noch jetzt der "Lutherbrunnen" heißt. Ungeachtet jener Zusammenkunft brach 1546 der Schmalkaldische Krieg aus, und der geschlossene Bund ward gesprengt.

Mit Sicherheit verlief dieser Weg damals noch nicht durch das Dorf Struth, weil die Dorfsiedlung noch nicht so weit ausgedehnt war. Es könnten also auf dem Feld arbeitende Bauern gewesen sein, die nicht wußten, wer sich in der prunkvollen Kutsche befand, denen die Struther aber den Nachruf zu verdanken haben:
"Hütet euch vor den Strüthern, denn sie werfen mit Steinen."
Auch dieses, spöttische Zitat wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Auf welche literarische Quelle sich der Autor Heinrich Schwerdt stützt, ist mir nicht bekannt. Das Heilig Kreuz könnte aber als möglicher stummer Zeuge gelten. Die Quelle beim Dörfchen Nesselhof ist den älteren Einwohnern der umliegenden Dörfern als Lutherbrunnen bekannt.
Ich bedanke mich sehr herzlich bei Herrn Wolfgang Herdmann aus Weidebrunn, für die Unterstützung.


Sühnekreuze & Mordsteine