Deutschland Thüringen Lkr. Saalfeld-Rudolstadt

Paulinzella


Foto: Ache (2005)

Zustand 1988
veröffentlicht bei
Störzner (1988)

Zustand 1974
veröffentlicht bei
Störzner (1988)

Zustand 1960
veröffentlicht bei
Köber (1960)

undat. Auahme
veröffentlicht bei
Köber (1960)

Zustand 1936
veröffentlicht bei
Störzner (1988)

PLZ: 07422

GPS: N 50° 42.495', O 11° 03.996'

Standort: Etwa 3000m westlich des Ortes im Wald. Vom Wegestern an der Einmündung des Griesheimer Grundes führt ein etwa 350m langer Weg zum Kreuz (Wegeschilder).

Größe / Material: 125:63:28-37 / Sandstein

Geschichte: Wird das "Nonnenkreuz" oder "Frauenkreuz" genannt. Wohlausgewogene, deutlich ausgearbeitete Malteser-Kreuzform mit auffällig übergreifendem Kopf. Dessen Stirnflächen bilden mit den Stirnflächen der Arme eine Flucht. Das Steinkreuz wurde beim Holzeinschlag, kurz nach 1945, schwer beschädigt (Kopf und ein Arm abgebrochen).

[...] Eine eigenartig-geheimnisvolle Stimmung umgibt das "Nonnenkreuz". Zunächst ist es die höchst eigenwillige Fonn, die das Steinkreuz von allen anderen in Thüringen abhebt. Allein das Steinkreuz auf dem Kirchhof in Singen sieht zumindest ähnlich aus, ist aber mindestens ein Jahrhundert jünger und offenbar der Versuch einer Nachahmung des auffälligen Denkmales draußen im Wald.
   Dieses entstammt aber nicht einer klösterlichen Bauhütte, sondern ist das Werk eines durchaus geschickten Dorfhandwerkers, der in schöpferischer Unbefangenheit dem Kreuz eine harmonische und einzigartige Form zu verleihen wusste.
   Das Schicksal des Steinkreuzes schien besiegelt, als kurz nach 1945 beim Holzeinschlag ein Baum auf das "Nonnenkreuz" krachte und sein Oberteil zertrümmerte. Dem bekannten Paulinzellaer Förster und Schriftsteller Kurt Bachor (1916-90) ist es zu verdanken, dass die Bruchstücke erhalten blieben und das Steinkreuz 1974 durch Steinmetzmeister Wemer Born fachmännisch seine ursprüngliche Gestalt zurückgewann.
   In der volksmündlichen Überlieferung ist das "Nonnenkreuz" mit dem Kloster Paulinzella verbunden. Unter ihm soll die Klostergründerin Paulina begraben liegen, die aber scho drei Jahrhunderte vorher lebte.
   Viel bekannter ist die Sage von der Nonne Roswitha, die von einer Wöchnerin in Singen kommend ins Kloster zurückkehren wollte, sich aber in eisiger Wintemacht verirrte und schließlich erfror. Wo man die hilfsbereite Frau fand habe man ihr zum Gedenken das Steinkreuz errichtet. Ältere Niederschriften dieser Sage sind nicht bekannt, bei den Thüringer Sagensammlem des 19.Jh. sucht man sie vergebens. (Störzner 2012)

Wohlausgewogene, deutlich ausgearbeitete Malteser-Kreuz form mit auffällig großem, weit übergreifendem Kopf. Dessen Stirnflächen bilden mit den Stirnflächen der Arme jeweils eine Flucht. Der Scheitel des Kopfes ist leicht gewölbt. Schaft nach unten deutlich verstärkt.
Kurz nach 1945 beim Holzeinschlag schwer beschädigt (Kopf und ein Arm abgeschlagen). 1962 wurden die Einzelteile auf Veranlassung von K. Bachor, Paulinzella, wieder zusammengefügt, aber der Verband hielt nur wenige Jahre und bröckelte auseinander. Im Oktober 1974 durch Steinmetzmeister W. Born, Krölpa und R.Künstler, Saalfeld, an Ort und Stelle fachgerecht instandgesetzt. Dabei wurden die fehlenden Stücke originalgetreu aus gleichem Material nachgearbeitet (ein Teil des Kopfes und der W-Arm). - Alter Abschlag am O-Arm. Allgemeine oberflächige Verwitterung. Eine vergleichbare Form besitzt das Steinkreuz im benachbarten Singen, Kr. Arnstadt. (Störzner 1988)

Sage: 1. Das Steinkreuz soll an die Nonne Roswitha aus dem Kloster Paulinzella erinnern, die von einer Wöchnerin in Singen zurückkehren wollte, den Weg aber verfehlte und im Schneesturm erfror (mündlich sehr bekannt).
2. Paulina, die Klostergründerin, soll unter dem Steinkreuz begraben liegen.

Es war in einem eisigen Winter mit viel Schnee, da klopfte ein Bauer aus Singen an die Klosterpforte und bat um Hilfe. Seine Frau sollte gebären und lag in großen Schmerzen. Bereitwillig ging die Nonne Roswitha mit und half der Frau so gut sie es wußte. Eisig pfiff der Wind und dicht fielen die Schneeflocken, als sich die Nonne im Dunklen auf den Heimweg machte. Sie mochte nicht in Singen den Morgen abwarten und litt es nicht, daß der glückliche Vater sie ins Kloster begleite.
Eine Laterne in der Hand ging sie allein den wohlbekannten Weg durch den Wald zurück nach Paulinzella. Plötzlich hatte der Sturm ihr Licht ausgelöscht und Roswitha im wilden Schneetreiben kam ab vom Weg und sank endlich nach langem vergeblichen Herumirren, zu Tode erschöpft, in den Schnee.
Das Kloster erkundigte sich nach mehreren Tagen erst in Singen nach ihr. Bei der Suche fand man die hilfsbereite Frau erfroren im tiefen Schnee und dort setzte man zu ihrem Gedenken dieses Kreuz.

Quellen und Literatur:
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.33, Nr.37
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.94 (Gera)
Störzner, Frank - Das Nonnenkreuz von Paulinzella, in: Thüringer Allgemeine vom 6.10.2012
aktuelle Aufnahme: anonyme Einsendung
Bild-Ergänzung von Robert Ache, Cottbus (Foto von März 2005)
Ergänzungen von Andreas Lehmann, Erfurt


Sühnekreuze & Mordsteine