Deutschland Thüringen Saale-Orla-Kreis

Oppurg


Detail der
Bildtafel

PLZ: 07381

GPS: N 50° 42.845', O 11° 39.725'

Standort: Etwa 600m nordöstlich des Ortes, oberhalb der B281.

Größe / Material: 455:88:18 / Kalkstein

Geschichte: Dieses [...] Denkmal ist reich gegliedert und besteht aus einem schlanken, achteckigen und von einem gekehlten Sims unterbrochenen Pfeiler, der aus einem quadratischen Fundament herauswächst und dem eigentliche, nach beiden Seiten überstehenden, auf wappengeschmückten Konsolen ruhenden und von Fialen und Säulchen eingefassten Bildaufsatz mit Eselsrücken und Krabben und der Kreuzblume als krönenden Abschluß. (Künstler 1979)

Spätgothischer, hoher Bildstock. Die eingesetzte, nach SO orientierte Bildtafel ist zweifelsfrei barock (wohl 1766 eingesetzt) und nicht original.
SO-Seite, auf der Bildtafel plastisch herausgearbeitet: Christus am Kreuz. Darüber in barocker Schrift eingeritzt: Anno 1519 renov. 1766. Unterhalb der Kreuzigung eingeritzt: Nach dein[em] Creutz und Todt hilff uns lieber Herre Got. Darunter eingeritzt: renov. 1953.
Der Bildstock ist 1766, 1795, 1953 und zuletzt 1972 durch Steinmetzmeister W. Born, Kröpla, renoviert worden. Die Säule ist segmentweise geklammert.
Hans von Brandenstein soll den Bildstock aus Dankbarkeit über seine Rückkehr aus türkischer Gefangenschaft errichtet haben. "Man erzählt auch, daß das [...] Steinkreuz genau der Entfernung entspräche, welche Hans von Brandenstein bei seinen täglichen Spaziergängen von seinem Kerker aus zurücklegen durfte". (Jacksch 1957). (Störzner 1988)

   Bildstock, etwa 1km östlich von Oppurg an der Hauptstrasse nach Neustadt und einem nördlich nach der Mühle Grünau abzweigenden Weg, spätgothisch, 1519 errichtet, 1756 verdienstlich renovirt. Ein hoher, unten viereckiger, durch Abschrägung achteckiger, dann etwas zurückgesetzt achteckiger Pfeiler trägt auf einer Mittelconsole von gothischem Profil und seitlichen, consolartigen Erweiterungen, welche an der Unterfläche mit zwei Schilden besetzt sind, den Aufsatz für die Bildtafel. Dieselbe ist schweifbogig [mit Giebelblume und Kantenblumen verziert gewesen] zwischen übereck stehenden Pilastern [einstigen Fialen mit vorgestellten Säulchen]; vorn ein [abgebrochener] Mittelschild. Dieser Aufbau ist reizend in den Verhältnissen und trotz Zerstörungen leidlich erhalten bis auf die fehlenden feineren Details. In der so gebildeten Umrahmung ist aber die eingesetzte Tafel an der Vorderfläche 1756 vollständig erneuert; sie enthält [an Stelle der alten Heiligenfigur] das ziemlich verwitterte Relief des Crucifixes auf einem S-förmig geschweiften Sockel und die Inschrift: Nach deinem Creutz und T (Tod) hilff uns lieber Herre Gott; oben: Anno 1519. Renov. 1756. Sandstein; das Denkmal im Ganzen etwa 4m hoch. (Lehfeldt 1897)

Sage: Nach der legendenhaft ausgeschmückten Erzählung "Der Türkenhof" von Clara Häcker (1908) sei der Bildstock 1919 von Hans von Brandenstein, der um diese Zeit in Oppurg ansässig war, gestiftet worden. Einen Beleg dafür gibt es aber nicht; auch heraldische Untersuchungen stehen noch aus. Möglicherweise 1519 gestiftet (auch wenn Jahreszahl am Bildstock nachträglich; evtl. nach altem Vorbild oder Überlieferung).

Quellen und Literatur:
Lehfeldt, Dr. Paul - Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, 5.Band, Grossherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach, Verwaltungsbezirk Neustadt, Amtsgerichtsbezirke Neustadt a. Orla, Auma und Weida, Jena 1897, S.158
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.62, Nr.404
Künstler, R. - Bildstöcke in Thüringen, in: "Das Kleindenkmal", Wissenschaftliche Schriftenreihe der AGD, Nr. 3, 1979
Störzner / Möbes - Steinkreuze in Thüringen: Katalog der Bezirke Gera und Suhl, 1988, Nr.69 (Gera)
Vom Winde verweht - mit Liebe neu erstanden, in: Anzeiger, Mittwoch, 7. Juli 2004, Ausgabe: 28/04, Jahrgang:10
Anzeiger, Mittwoch, 2. Juni 2004, Ausgabe: 23/04, Jahrgang:10



Vom Winde verweht - mit Liebe neu erstanden

"Wer nicht unbedingt unterwegs sein muss, der sollte heute zuhause bleiben." Diesen Satz hörte man am Sonntag, dem 27. Oktober 2002 öfters im Radio. Das Orkantief mit dem freundlichen Namen Jeanette brachte an diesem Tag im Saale-Orla-Kreis alles andere als gute Laune. So geschah es auch, dass der Bildstock an der Grünau dem starken Winddruck bei 115 km/h nicht mehr standhielt. Die aus der Barockzeit stammende und inzwischen stark angerostete untere Eisenklammer brach. Das fast 500 Jahre alte Wegkreuz an der B 281 zersplitterte beim Fall in hunderte größere und kleinere Stücke. Nach Hinweisen aus der Bevölkerung wurden die Bruchstücke durch die Gemeinde geborgen. Nun war guter Rat teuer. "Den Wiederaufbau könnt ihr vergessen", so lautete die erste Stellungnahme eines Sachverständigen von der Denkmalbehörde in Erfurt. Die Bruchstücke könnten in geeigneter Form aufbewahrt und eventuell in einer musealen Einrichtung ausgestellt werden. Notfalls müsste eine Kopie hergestellt werden. Aber wer soll das anfertigen und bezahlen?
In einem Zeitungsartikel vom 8. Januar 2003 wurde die Hoffnung ausgesprochen, dass dieses wichtige Zeugnis aus dem Spätmittelalter wieder an seinem Platz stehen könnte. Diesen Bericht las wohl der in Pößneck bekannte Heimatforscher Hans-Walter Enkelmann und erinnerte sich, dass der in Krölpa lebende Steinmetzmeister Werner Born dieses Denkmal schon einmal im Jahre 1972 nach einer Beschädigung durch landwirtschaftliche Fahrzeuge repariert hatte.
An einem noch winterlichen Tag im Frühjahr 2003 tauchten beide Herren in der Gemeindeverwaltung auf und wünschten, die Bruchstücke zu sichten. Und nun begann ein kleines Wunder. Der 88 Jahre alte Handwerker holte die Einzelteile in seinen Garten nach Krölpa und begann mit dem Wiederaufbau. Jedes Mal, wenn man ihn besuchte, um sich über die Fortschritte zu informieren, spürte man seine Liebe zu dieser Arbeit. Mit großer Geduld prüfte er die Passfähigkeit der Bruchstücke, ergänzte liebevoll längst verwitterte Details, wie den Korpus in der Bildtafel, schuf eine verloren gegangene Krabbe. Es machte ihm Freude, dieses wertvolle Zeugnis spätgotischer Bildhauerei wieder aufzubauen. Unentgeltlich und ehrenamtlich verhalf er dem vorreformatorischen Andachtsmal zu neuem Glanz. Niemand anderes hätte diese Zeit, diese Geduld und diese profunden Kenntnisse aufbringen können. So ärgerte er sich über die in der Barockzeit bei einer Erneuerung angebrachten Eisenklammern und ersetzte sie durch Edelstahlstifte im Kern der Segmente. Jeder Handgriff wurde dokumentiert und durch Fotos belegt. Beim Zusammenfügen schwerer Einzelteile halfen ihm seine beiden Söhne Karl-Dietrich und Christian. Seine Frau, Ilse Born, war immer an seiner Seite, wenn es galt, interessierte Gäste zu bewirten oder ihm bei kleinen Handreichungen zu helfen. Obwohl die Arbeit bereits im Herbst vergangenen Jahres abgeschlossen war, sollte die Aufstellung in Oppurg einer günstigeren Jahreszeit vorbehalten sein.
Am Freitag, dem 21. Mai wurde nun der in mehrere Teile zerlegte Bildstock mit Hilfe seines Sohnes, des Steinmetzmeisters Karl-Dietrich Born und seiner Helfer wieder aufgerichtet.
Dies war Anlass, alle am Wiederaufbau Beteiligte und Interessierte zu einer kleinen Feierstunde für Sonnabend, dem 5. Juni am Denkmal einzuladen. Trotz nicht besonders trockener Witterung hatten sich viele Bürger eingefunden, um mit ihrer Teilnahme die Wertschätzung für die geleistete Arbeit auszudrücken. Die Bürgermeisterin brachte im Namen der Gemeinde, ihre Freude und ihren Stolz zum Ausdruck, dass dieses Wahrzeichen nunmehr wieder in neuem Glanz an seinen Ort zurückgekehrt sei. Jedermann sei bewusst, dass diese Arbeit unbezahlbar ist und nur von einem Meister seines Faches und mit seiner Liebe zu den Zeugnissen unserer Heimat wiedererstehen konnte.
Zur Erinnerung wurde ein, vom Pößnecker Maler Theo Böttcher geschaffenes, Aquarell mit der Ansicht des restaurierten Denkmals an Werner Born überreicht. Frau Berner von der unteren Denkmalbehörde beim Landratsamt des Saale-Orla-Kreises hatte ein Video über Steinkreuze in Franken und Hessen besorgen können, welches ähnliche Flurdenkmale vorstellt und das Interesse von Werner Born fand.
Unbestritten ist, dass dieser nunmehr wieder an der B 281 weithin sichtbare, 4 Meter hohe Bildstock in vielen Fachpublikationen als "ein in seiner Gestaltung in den gesamten neuen Bundesländern wohl einmaliges Flurdenkmal" bezeichnet wird, wenn auch über seine Stifter noch nichts näheres bekannt und die Ursache seiner Entstehung in reformatorischer Zeit noch im Dunkel liegt. Über diese Gesichtspunkte und weitere heimatgeschichtliche und denkmalpflegerische Aspekte wurde auf Einladung der Gemeinde im engeren Kreis bei einer Kaffeetafel im Türkenhof im Anschluss an die Feierstunde ausführlich debattiert und philosophiert. Auch hier offenbarten sich die umfangreichen Kenntnisse des 89 Jahre alten Meisters über dieses Metier. Bleibt zu hoffen, dass die wertvolle Erfahrung solcher Persönlichkeiten nicht verloren geht und sich immer wieder Mitmenschen finden, die sich dieser Wurzeln unserer Heimatgeschichte annehmen.
(Anzeiger, Mittwoch, 7. Juli 2004, Ausgabe: 28/04, Jahrgang:10)

Der Oppurger Bildstock - auch bekannt als Steinkreuz - ist nach seiner Restaurierung wieder an seinen Platz oberhalb der Grünau zurückgekehrt. Herr Born, Steinmetzmeister aus Krölpa, hatte sich seiner angenommen und ihn in mühevoller Kleinarbeit kostenlos restauriert. Am 05. Juni 2004, um 15:00 Uhr erfolgte die feierliche Übergabe des Bildstockes.
(Anzeiger, Mittwoch, 2. Juni 2004, Ausgabe: 23/04, Jahrgang:10)


Sühnekreuze & Mordsteine