Deutschland Thüringen Lkr. Nordhausen

Gudersleben / OT von Ellrich


Standort vom
Weg aus gesehen

Blick zum Standort

die andere Seite

Abbildung bei
Störzner (1988)

PLZ: 99755

GPS: N 51° 33,478', O 10° 40,728'

Standort: Von der Hauptstraße zweigt an einem der letzten Häuser in Richtung Ellrich an einem großen Baum ein Weg nach rechts ab. Wenn man diesem folgt, mündet im spitzen Winkel ein Weg ein, der bis dahin in einiger Entfernung oberhalb des Ortes relativ parallel zur Hauptstraße entlang läuft. Wenn man diesem einige Meter folgt (also an der Einmündung des Weges rechts halten), befindet sich rechts des Weges eine Buche. Das Kreuz ist an der dem Weg abgewandten Seite - also mehr oder weniger im Gebüsch - in den Stamm dieses Baumes eingewachsen.

Größe / Material: 83:37:24 / Sandstein

Geschichte: Oberhalb der Ortschaft Gudersleben steht eingewachsen in eine Rotbuche ein recht eigenartiges Steinkreuz, da eine Seite des Kreuzes fehlt - und wie das bei solchen Relikten ist, es ranken sich um sie viele Legenden, zumal dann, wenn es keine urkundlichen Belege oder Nachweise über sie gibt. So ist das auch hier der Fall. Eine der Legenden besagt, dass Martin Luther auf dem Weg nach Walkenried zum Kloster an der Stelle, wo dieses Kreuz heute noch steht, eine Rast eingelegt hat. M. Luther war zwar im Jahre 1516 damals noch als Augustiner im Auftrag des Generalvikars dieses Ordens, in Nordhausen zur Visite der Klöster, aber es gibt keinen Nachweis darüber, dass er auch in Walkenried war. Auch für den fehlenden Teil des Kreuzes gibt es aus der Überlieferung eine vage Erklärung. So soll ein Bauer (es werden sogar Namen genannt) diesen Teil mutwillig abgeschlagen haben, da er ihn für seinen Bau benötigte. Er fand auf Grund dieses Frevels keine Ruhe - erkrankte und verstarb nach drei Jahren. Offenbar hat man dabei die Kraft eines Baumes nicht beachtet, der mit seinen Wurzeln sogar Mauern zerstören kann und offensichtlich ist dabei dieser fehlende in dem Baum eingewachsene Teil abgebrochen. Und so gibt es noch eine weitere von den Vorfahren überlieferte Erklärung über das Kreuz, es hat das Dorf vor Plünderungen geschützt, da dort ein Soldat (Offizier) begraben wurde. Was ist nun Dichtung und was ist Wahrheit, denn Legenden sind immer ein Spagat zwischen beiden? Auch die Annahme, dass es ein Sühnekreuz sei, stimmt nicht, denn dieses Kreuz wurde entsprechend seiner Form und anderer Merkmale im 17.Jahrhundert gesetzt. Ab 1532 erfolgte die Einführung der "Carolina" - der Brauch, Sühneverträge in Form von sogen. Sühnebriefen zu schließen, wurde von der Constitutio Criminalis Carolina, der Hals- oder der Peinlichen Gerichtsordnung Karl V. abgelöst. Totschlag oder Mord waren jetzt keine privatrechtlichen Angelegenheiten mehr, sondern standen nun unter der "staatlichen" Gerichtsbarkeit der Landesherren. Steinkreuze, die nach dieser Zeit gesetzt wurden, waren Gedenksteine - auch die Pestkreuze gehören dazu. Ein solches findet man auch am Ortseingang von Mauderode. Somit kann das Gudersleber Kreuz auch ein Pestkreuz sein, denn diese Seuche herrschte im 17.Jahrhundert. Es kann aber auch einen Zusammenhang geben mit den Geschehnissen des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Da es dazu keinen Nachweis gibt, werden die Legenden darüber (wie viele andere) sicherlich noch nachfolgende Generationen beschäftigen. (Wegmann 2008)

Am nördlichen Ortsrand, 90m nördlich der nach Ellrich führenden Straße, am westlichen Rand des hier oberhalb des Ortes fast parallel zu dieser Straße verlaufenden Weges, nahe der Gabelung. Lateinische Kreuzform. Schaft nach unten verbreitert. An Stelle des nördlichen Armes deutliche Einbuchtung am Längsbelken.
Sandstein. Dagegen Weigel (1931): Feldgranit. Höhe: 94cm, Breite (in Armhöhe): 38cm, Stärke: 23cm. Nördlicher Arm alt abgetrennt, südlicher Arm alt beschädigt. Stärkere oberflächliche Verwitterung. Noch um 1870 stand hier ein weiteres Steinkreuz, dem beide Arme fehlten. (Störzner 1984)

Sage: 1. Unter dem Steinkreuz soll ein Soldat begraben liegen.
2. Das Kreuz soll den Ort in Kriegszeiten vor Plünderungen geschützt haben.
3. Ein Bauer starb, weil er des Kreuz mutwillig verstümmelt hatte (mündlich, Mitt. J. Löffler, Nordhausen).
4. Bis hierher folgte das Volk seinem flüchtigen König. (Weigel 1931)

Quellen und Literatur:
Weigel, K.T. - Von Steinkreuzen und Sühnesteinen im Harz (Nachtrag), in: Montagsblatt. Wissenschaftliche Beilage der Magdeburgischen Zeitung. Das Heimatblatt Mitteldeutschlands, 27.07.1931, S.240
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.48, Nr.243
Löffler, Johannes - Katalog der Steinkreuze, in: Die ur- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler des Kreises Nordhausen (Grimm, Paul u.a.), Nordhausen, 1974, S.96, Nr.118
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen: Katalog, Bezirk Erfurt, 1984, Nr.185
Kalthammer, Wilhelm - Steinkreuze und Kreuzsteine im Harz, in: Steinkreuzforschung, Monographienreihe Nr.6, 1990, S.61
Wegmann, W. - Von einem Relikt aus längst vergangener Zeit, in: Ellricher Zeitung, 15.Jahrgang, Nr.12, 01.12.2008, S.13
ellrich.info
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, Thale (Fotos von Juni 2009)


Sühnekreuze & Mordsteine