Deutschland Thüringen Wartburgkreis

Falken


Abbildung aus
900 Jahre Falken an
der Werra, (2004)

Abbildung bei
Störzner (1984)

Abbildung bei
Köber (1960)

Abbildung bei
Riske (1981)

alter Standort 1935
Abbildung bei
Riske (1981)

PLZ: 99830

GPS: N 51° 7,054', O 10° 16,012'

Standort: Im nordwestlichen Teil des Ortes, 4m südwestlich der Treffurter Straße, in der Straßengabelung Treffurter Straße / Hintergasse, inmitten einer kleinen Grünfläche.

Größe / Material: 105:83:19 / Kalkstein

Geschichte: Benennung: "Stolperstein". Lateinische Kreuzform mit sich leicht verbreiternden Schaft.

"Ein Adliger hat hier einen Unfreien erschlagen und ihn unter dem Kreuz begraben lassen." Zuzuordnen ist das Setzen dieses Steinkreuzes (100cm x 80cm x 19cm) einer Tat aus dem Jahre 1479, als ein Hermann Kilholz von dem Holzhauer Hermann Ziernberg erschlagen wurde. Um vor der Rache der Seele des Erschlagenen sicher zu sein, ließ der Täter am Tatort ein Holz- oder Steinkreuz setzen, das später meist als "Sühnekreuz" bezeichnet wurde. Nach dem Setzen des Kreuzes glaubte man, dass die Seele des Toten seine Ruhe gefunden hätte. Aufgrund des Straßenraubs und des Faustrechts mögen solche Kreuze recht häufig errichtet worden sein. (900 Jahre Falken an der Werra, 2004)

"Stolperstein". Das Steinkreuz wurde um 1920 etwa 15m östlich des jetzigen Standortes ausgegraben und zunächst dort aufgestellt. Um 1920 war das Kreuz so tief eingesunken, dass nur der Kopf aus der Erde ragte und die Einwohner darüber gestolpert sein sollen ("Stolperstein"). Seit um 1935 am jetzigen Standort.
Lateinische Kreuzform, Oberkanten der Arme nach außen fallend. Schaft nach unten verbreitert. Auf den Scheitelflächen der Arme und des Kopfes: Je ein kreisrundes Näpfchen. Südwestseite, auf dem Schaft: Neuzeitliche Einritzung (Zickzacklinie). Gut erhalten. Allgemeine oberflächliche Verwitterung.
Riske (1981) verweist auf einen 1479 in Falken geschehenen Totschlag (Jordan 1900). Eine Verbindung zu dem Steinkreuz ist durchaus möglich, aber nicht erwiesen. Ein neuzeitlicher Deutungsversuch der das Steinkreuz mit Thomas Münzer in Verbindung bringt, entbehrt jeder Grundlage und muß abgelehnt werden! (Störzner 1984)

Nr.3. Falken, Wegegabel Treffurter Straße - Hintergasse. "Stolperstein".
Um 1920 war dieses gut erhaltene lateinische Steinkreuz noch unbekannt, denn es war tief auf der Wegegabel eingesunken, und lediglich das herausstellende Kopfstück ärgerte die Benutzer der Straße, weil sie in der Dunkelheit darüber stolperten. Deshalb sollte der Stein des "Anstoßes" anläßlich der Straßenpflasterung beseitigt werden. Der 1925 verstorbene Baumeister Herbig war sehr verwundert, als sich der Stein nicht, wie die anderen normalen Steine, herausholen ließ. Man begann zu graben und "entdeckte" dabei das Steinkreuz. Es wurde am Fundort aufgestellt Hier entwickelte es sich aber zu einem Verkehrshindernis. Also wurde es weiter in Richtung zum heutigen Standort versetzt, aber auch hier störte es, deshalb kam es um 1935 auf den heutigen Platz.
1962 wurde die Gestaltung des Platzes im Nationalen Aufbauwerk der Gemeinde zur Verschönerung des Ortsbildes aufgenommen, und 1963 wurde von Schulkindern eine kleine Blumenanlage um das Kreuz herum geschaffen. 1966 kam eine hölzerne Bank vor dem Baum hinzu, 1967 übernahm die LPG die gärtnerische Gestaltung, 1972 wurde die hölzerne Bank durch eine stabile mit Zementsockeln ersetzt. 1979 wurden 2 große Zementblöcke beim Kreuz abgestellt, die als Pfeiler für einen Tisch dienen sollten, der unmittelbar am Kreuz gestanden hätte. Dies konnte zum Glück verhindert werden; denn das Steinkreuz wäre dann in das unmittelbare Spielgebiet der Kinder geraten und somit stark gefährdet gewesen. Zu Ehren des X. Parteitages der SED verpflichteten sich 1980 die Mitglieder der CDU-Ortsgruppe, die Anlage zu pflegen.
Das Steinkreuz (100x80x19 cm) ist aus Muschelkalk hergestellt, der aus dem Bruch im Gemeindebereich stammt. Laut Hinweis in der "Beschreibenden Darstellung..." soll es um 1881 auf dem freien Platz im oberen Teil des Dorfes 60cm hoch aus der durch Überschwemmungen angesammelten Erde herausgeragt haben, die Gesamthöhe betrug etwa 200cm.
Auf der Rückseite des Kreuzes ist eine Zickzacklinie eingeritzt, deren Deutung fast unmöglich erschien, bis dieses Problem eine einfache Erklärung fand: um 1946 wollte sich ein Junge namens Wilhelm im Kreuz "verewigen", wodurch diese Einritzung entstand. Ferner war ein Kreuz über der Zickzacklinie im Kopfstück zu sehen, das aber nur aufgemalt war und 1966 wieder entfernt wurde. - Bemerkenswert sind die Vertiefungen an beiden Armen und im Kopfstück. Es ist durchaus möglich, daß es sich hier um die vorher beschriebenen "Näpfchen" handelt.
Im Volksmund heißt es noch heute, daß das Steinkreuz aus der Lehns- oder Feudalzeit stammt, als Frondienste an der Tagesordnung waren. Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus der Chronik Mühlhausens von Prof. Dr. Jordan. Hier heißt es auf S.144:

"Anno 1479. Hermann Killholtz, dem Feinde, wird von einem Holzhauer, Hermann Ziernberg genannt, den er im Holze an seiner Arbeit gefangen und ihm die Hände auf seinen Rücken gebunden, sonderlich dieweil ihm das Gebinde an den Händen los geworden und aufgegangen, denn er hatte seine Reisigs Barte (Beil) ihm zwischen das Gebäude (Körper) gestecket, der Hals entzwei gehauen, daß er so balde auf derselben Stätte liegen blieben, und hat unser Herrgott geholfen, daß der Gefangene unbeschädigt von ihm kommen, dagegen ihm der Rath zu Mühlhausen die Zeit seines Lebens etliche Malter Korn gegeben, und ist dies geschehen jenseits dem Stege, der über die Werra gehet vor Falken. Nachdem auch Ziernberg solches dem Rathe angezeiget, hat der Rath ihm etliche Reuter und Fußgänger mitgegeben, die auf die Wahlstatt gezogen und, obwohl der Entleibte allbereit aufgehoben und gen Falken in die Kirche getragen, hat doch der Rath allhier bei der Obrigkeit des Ortes so viel erlanget, daß ihnen der tote Körper gefolget, der dann auch allhier auf gewöhnlicher Gerichtsstätte auf ein Rad geleget worden."

Es ist nicht anzunehmen, daß Ziernberg das Kreuz setzen ließ, aber daß dies von den Angehörigen oder Freunden des Räubers Killholtz, der 1475 Hermann Kilholtz und 1470 Heinrich Dellholtz geschrieben wurde, in Auftrag gegeben wurde (dies ist nur eine Vermutung, die nicht bewiesen ist). (Riske 1981)

Das Steinkreuz hat Vertiefungen an beiden Armen und am Kopf. Eine rückseitig eingeritzte Zickzacklinie ist neu (Verewigung eines Schuljungen).
Um 1920 war es tief eingesunken und wurde bei der Straßenpflasterung entdeckt und gehoben (ca. 15m westl. des heutigen Standortes). Da es dort zum Verkehrshindernis wurde, kam es an den Rand der Anlage und dann an den heutigen Standort unter der Kastanie. 1963 ist um das Kreuz eine Blumenanlage entstanden. Das Volk liest Wetteränderung aus den dunklen Stellen ab. (Riebeling 1977)

Auf einem freien Platze im oberen Theil des Dorfes ragt ein altes Steinkreuz noch etwa 0,60m aus der durch Ueberschwemmungen angeschlemmten Erde hervor; die ganze Höhe desselben soll gegen 2m betragen haben. (Sommer 1881)

Sage: 1. Ein Adliger hat hier einen Unfreien erschlagen und ihn unter dem Kreuz begraben lassen.
2. Es wird mit Thomas Müntzer in Verbindung gebracht, der bei Probsteizella (b. Frankenroda) von der heutigen "Müntzerkanzel" herab zu den Bauern gesprochen und sie zum Kampf aufgefordert hat.

Quellen und Literatur:
Sommer, G. - Beschreibende Darstellung der ältesten Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Mühlhausen, Halle 1881, S.20
Jordan, Prof. Dr. Reinhard - Totschlag bei Falken, in: Chronik der Stadt Mühlhausen in Thüringen, Bd.1 (bis 1525), 1900, S.144
Köber, Heinz - Die alten Steinkreuze und Sühnesteine Thüringens, 1960, S.44, Nr.167
Riebeling, Heinrich - Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, Nr.4827.4
Riske, Erwin - Steinkreuze und artverwandte Flurdenkmale im Kreis Eisenach, Eisenacher Schriften zur Heimatkunde, Heft 14, 1981, Nr.3
Störzner, Frank - Steinkreuze in Thüringen / Inventar Bezirk Erfurt, 1984, S.35-36
900 Jahre Falken an der Werra - Ein Streifzug durch Geschichte und Gegenwart, Herausgeber: Gemeinde Falken, 2004, S.211
recherchiert und bebildert von Manfred Beck, Wutha-Farnroda (Foto von 1994)


Sühnekreuze & Mordsteine