Sammlungen Flurdenkmal-Sagen Sagen aus Südhessen


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Der "Tote Mann" - 64625 Bensheim
   Auf dem Höhenweg, der vom Fürstenlager zum Felsberg führt, liegt etwa 100 Meter nördlich von der Schutzhütte ein länglicher Stein, der im Volksmund der "Tote Mann" heißt. Hier grenzte einst die Grafschaft Erbach-Schönberg an die Landgrafschaft Hessen.
   Vor langer Zeit kam an dieser Stelle ein Elmshäuser Mann mit seiner Frau beim Holzlesen in Streit. Anfangs flogen nur häßliche Schimpfworte hinüber und herüber, dann aber gerieten die beiden so heftig aneinander, daß die Frau in ihrer Wut das Beil ergriff und ihren Mann damit erschlug.
   Die Mörderin wurde verhaftet und der Tote, der quer über der Landesgrenze lag, an Ort und Stelle begraben. Wegen der Aburteilung der Frau entstand nun ein langwieriger Streit zwischen dem Grafen von Erbach-Schönberg und dem Landgrafen von Hessen. Jeder wollte die Mörderin an den Galgen bringen. Der Erbacher beanspruchte das Recht dazu, weil der Kopf des Erschlagenen auf erbachischem Boden lag, und der Landgraf erklärte: "Der größte Teil des Toten lag auf hessischem Gebiet!" Bis zur Entscheidung durch das Reichskammergericht sperrte man das unglückselige Weib abwechselnd von Monat zu Monat in Zwingenberg und Schönberg in den Turm. Sieben Jahre dauerte der Streit, und als man nicht mehr aus und ein wußte, und die Kosten gewaltig gestiegen waren, kam einer auf einen guten Gedanken. Er gab dem Kerkermeister von Zwingenberg einen Wink, und der ließ wie aus Versehen einmal nachts den Schlüssel in der Gefängnistüre stecken. Am anderen Morgen war die Zelle leer.
   Wohin die Frau geflohen war, konnte niemals festgestellt werden. Wer aber zur Geisterstunde beim "Toten Mann" durch den Wald geht, der kann sie jammern und klagen hören. Einige wollen sogar gesehen haben, daß sie um diese Zeit auf dem Stein sitzt und mit ihrem Kopftuch das Blut abwischt.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, Nr.34)

zum Kreuz Das Franzosenkreuz - 69488 Birkenau
   In der Nähe von Birkenau auf der "Hohen Hecke" steht ein verwittertes Kreuz. Es wird "Franzosenkreuz" genannt. Ein französischer Offizier, der mit seinen Soldaten ein Kornfeld plünderte, wurde hier von den Bauern erschlagen und an Ort und Stelle begraben. Vor Jahren wurde der Grabhügel von Schatzgräbern durchwühlt. Sie fanden jedoch weder den "Degen mit dem goldenen Knauf" noch sonstige Schätze.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.45, Nr.58)

zum Kreuz Das Kreuz zu Darsberg - 69239 Darsberg / OT von Neckarsteinach
   In einer Stützmauer in dem Dorfe Darsberg ist ein eigenartiges Kreuz eingelassen. Auf seiner Vorderseite ist ein Radkreuz mit einem Stiel zu sehen. Darüber berichtet die Sage:
   Darsberg war einstmals eine Stadt, in deren Mitte ein prächtiges Schloß stand. In einem Kriege jedoch haben die Feinde die Stadt samt dem Schloß zerstört, weil sie meinten, sie stünden vor Schönau mit seinem reichen Kloster. An der Stelle an der die Feinde ihren Irrtum erkannten, steht nun zur Erinnerung das steinerne Kreuz.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.46, Nr.60 m.Abb.)

zum Kreuz Das Kreuz mit dem Flügelschild - 69434 Hirschhorn
   Etwa eine halbe Stunde oberhalb von Hirschhorn steht nahe am Neckar ein kunstvoll gearbeitetes gotisches Kreuz. Es ist mit einem Helm und einem Schild geziert. Beide tragen als Wappenzeichen ein paar Flügel. Die Sage erzählt:
   Im Jahre 1235 nahmen die beiden Brüder Wolf und Otto von Hirschhorn an einem Turnier in Würzburg teil. Dort befreundeten sie sich mit dem Ritter von Fellberg und luden ihn ein, mit ihnen nach Hause zu reisen. Kurz vor Hirschhorn gerieten sie mit dem Fellberger in einen Wortwechsel, der bald zu Tätlichkeiten ausartete. Im Zorne ergriff einer der Hirschhorner das Schwert und erstach den fremden Ritter.
   Bald jedoch reute ihn seine Freveltat, und er ließ an der Stelle, an welcher der Totschlag geschah, ein Kreuz errichten. Aber auch dies konnte sein böses Gewissen nicht ganz entlasten. Auf seinem Totenbette bestimmte er, daß zur Sühne seiner ruchlosen Tat unterhalb des Schlosses ein Kloster erbaut werden sollte.
   In der Nähe des Kreuzes, im sogenannten "Pfaffental" ist es nicht ganz geheuer. Des Nachts erscheinen hier drei geharnischte Ritter zu Roß und halten die Vorübergehenden auf. Einmal erhielt ein Mann aus Hirschhorn von einem der Ritter eine solche Ohrfeige, daß er ohnmächtig zu Boden fiel.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.55, Nr.73 m.Abb.)

zum Kreuz Das Felsbild im Ulfenbachtal - 69434 Hirschhorn
   Es sind nun schon viele hundert Jahre her, als arme Leute in Hirschhorn eines Morgens vor ihrer Haustüre ein kleines Knäblein fanden. In ihrer Barmherzigkeil nahmen sie es auf und pflegten es wie ihr eigenes Kind. Weil damals der heilige Leonhard in der Gegend sehr verehrt wurde, gaben sie dem Findelkind den Namen Leonhard. Mit sechs Jahren brachten sie den Jungen zu den Mönchen ins Karmeliterkloster. Hier lernte er außer Lesen und Schreiben das Tischlerhandwerk. Als er zum Manne herangewachsen war, erzählte ihm eines Tages einer der Patres von dem Schicksal seiner Eltern. Danach stammte die Mutter Leonhards aus dem Geschlecht derer von Hirschhorn, sein Vater war ein Ritter von Handschuhsheim. Beide erlitten gleichzeitig die furchtbare Strafe, daß sie in den Mauern ihrer Stammburgen lebendig eingemauert wurden. Mehr durfte der Pater nicht sagen, weil die Lebensgeschichte der beiden Liebenden unter dem Schleier des Sakramentes lag.
   Leonhard grämte sich sehr über das jammervolle Ende seiner unglücklichen Eltern. Täglich betete er für das Heil ihrer Seelen. Als er einst den Versuch machte, an den Mauern der beiden Burgen Gedächtnistafeln für seine Eltern anzubringen, wurde er von den Schloßherrn mit Hohn abgewiesen, ja der Hirschhorner verbannte ihn sogar aus der Stadt. Leonhard, der immer noch hoffte, die Reste seiner Mutter zu finden, wollte sich nicht allzuweit von Hirschhorn und seiner Burg entfernen. Deshalb zog er in das Langental in die Nähe des Drachenbrünnleins.. Dort stand auf einer steilen Anhöhe ein teilweise unterhöhlter Felsen. Hier baute sich Leonhard eine kleine Hütte, die mit Stroh bedeckt und von einem Lindenbaume beschattet war. Die Tiere des Waldes, besonders aber die Vögel, waren seine Freunde. In dieser Einsamkeit verbrachte der Einsiedler viele Jahre, bis er eines Tages wieder in das Kloster zurückkehrte und daselbst starb.
   Der Felsen mit einigen Spuren von Leonhards Wohnung ist noch heute zu sehen. Das Volk nennt den Ort die "Waldbruderhütte". An der linken Seite des Felsens ist ein seltsames Bildwerk ausgehauen. Es ist die Gestalt Leonhards mit erhobenen Händen und einem Vogel auf der rechten Schulter. Im Jahre 1770 fand man im zerfallenen Gemäuer der Burg Handschuhsheim das Gerippe seines Vaters. Der Tote stand aufrecht in einer Mauernische und trug eine goldverzierte Rüstung. Später wurden auch die Gebeine seiner Mutter in den Mauern des Hirschhorner Schlosses entdeckt.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, Nr.78 m.Abb. - nach Feldkircher, Josef "Die letzten Ritter von Hirschhorn und Handschuhsheim", Heppenheim 1939)

Der Heiligenstock an der Gerbermühle. - 60599 Oberrad / OT von Frankfurt
   An der Gerbermühle steht ein alter Heiligenstock, auf dessen Vorderseite der Name "Dieter Koll" mit dessen Wappen, einer erhobenen Hand mit Ring und zwei Kreuzen, sowie das Jahr der Stiftung 1519 angebracht ist. Gewöhnlich dienten diese Heiligenstöcke als Erinnerung an einen Unglücksfall, oder an ein Verbrechen. Sie hatten den Zweck, den frommen Sinn der Vorübergehenden zu einem Gebet für das Seelenheil der Verstorbenen aufzufordern.
   Auf dem einst stark befestigten Wasserhof, wohnte ein gewalttätiger Rittersmann mit Namen Henne (Heinrich) Koll, der wie sein Nachbar auf der Fleschenburg sein Geld aus fremder Leute holte, denn beide lebten vom lustigen Stegreif. Einst ließ Henne einen Geistlichen durch einen seiner Knechte niederwerfen und den schwerverletzten auf den Wasserhof schleppen, um ein Lösegeld herauszupressen. Aber der sterbende Priester verdammte in letzter Stunde den Ritter, dass er um seiner Untaten willen keine Ruhe im Grabe finden solle.
   Bald folgte der Tat die Strafe.
   Erzbischof Berthold von Mainz wollte der Schuld des Knechtes keinen rechten Glauben schenken und nahm Henne am 20.März 1490 gefangen. Der Knecht als Opfer für die Räubereien seines Herrn wurde zu Frankfurt hingerichtet, sein Herr wurde im kurmainzischen Steinheim bei Hanau in den Turm geworfen. Dann brannten die Kurmainzer den festen Turm und das Wohnhaus des Wasserhofs nieder und warfen die Gräben zu. Henne wurde nach einigen Jahren wieder frei gelassen, starb dann aber an den Folgen seiner Gefangenschaft. Sein Sohn Dieter (Dietrich) Koll schien nichts von den schlimmen Eigenschaften des Vaters zu besitzen. Er wurde 1519 in den Frankfurter Rat gewählt und starb kinderlos im Jahre 1525.
   Als Sühne für die Sünden des Vaters ließ Dieter im Jahre 1519 an der Stelle des Überfalls den Heiligenstock errichten, damit durch Gebet der Fluch des Priesters von der Seele des Verstorbenen abgelenkt werde.
   In mondhellen Nächten will man an dieser Stelle schon oft eine gespenstische Gestalt in langem Mantel gesehen haben, es soll der Geist des Henne Kolls, des Raubritters, sein, der im Grabe keine Ruhe finden kann.
   Auch auf der benachbarten Felschenburg war es früher nicht geheuer. Diese wurde im Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen und nur in der Felschenburgstraße bleibt die Erinnerung an das alte Raubnest lebendig.
(Bertling, Carl - Frankfurter Sagen und Geschichten-Buch, Frankfurt/M. 1907, S.31-32)

Von den Hasen - Die 20. Fabel. [82] - 55576 Sprendlingen / OT von Dreieich

Wann man nun kömpt schier auß dem Waldt,
Zur rechten seiten sihstu baldt,
Neun steynern Creutz, Was sie bedeuten,
Das kann man hörn daselbst von Leuten,
Ein heilgenstock stund auch dabey,
Vnd wie hernach derselbig sey
Von einem Schwermer vmb geschlagen,
Das hört man von den Leuten sagen.

(Braune, Wilhelm (Hrsg.) - Die Fabeln des Erasmus Alberus - Abdruck der Ausgabe von 1550 mit den Abweichungen der ursprünglichen Fassung. Halle a.S. 1892, S.LXXII, Ortsangabe und S.87)
Anmerkung: Erste Erwähnung (1550) der neun Steinkreuze bei Sprendlingen, OT von Dreieich, Landkreis Offenbach in Hessen in: "Das buch von der Tudend vnd Weißheit, nemlich, Neunvundviertzig Fabeln, der mehrere theil auß Esopo gezogen, vnnd mit guten Rheimen verkleret, Durch Erasmum Albertum, Allen stenden nützlich zulesen". Die Ortsangaben bei Braune: Die Dreieich und Umgegend. Beim Ende des Waldes (2km vor Sprendlingen) folgen neun steinerne Kreuze (20 49 ff.).

zum Bildstock Die Steinsäule vom Stallenkandel - 69483 Stallenkandel / OT von Waldmichelbach
   Wenn man von der Kreidacher Höhe nach der Tromm wandert, kommt man oberhalb des Dörfchens Stallenkandel an einer mannshohen Steinsäule vorüber. Die Sage erzählt:
Einst kam eine große Hungersnot über das Land. Die Ernte auf den steinigen Bergrücken verdorrte und alle Früchte gingen zu Grunde. Nachdem die Leute alle Haustiere aufgezehrt hatten, aßen sie, um nicht Hungers zu sterben, Ratten und Mäuse. Zu dieser Not kam noch eine andere Plage. Räuberbanden hausten in den Wäldern und machten die Dörfer unsicher.
   Um diesem Unwesen ein Ende zu machen, wurden von der Regierung Soldaten ausgesandt. Zwei davon kamen in die Gegend der Tromm. Auch sie litten unter dem Hunger. Als sie eines Tages auf dem Bergrücken dahinwanderten, erblickte einer von ihnen eine Maus. Schnell wie der Blitz hatte er sie auch schon erhascht und wollte damit seinen Hunger stillen. Da griff der andere zu und riß sie ihm aus der Hand. Nun standen sie sich als Feinde gegenüber. Der, welcher sich seiner Beute beraubt sah, nahm den Säbel und schlug damit auf seinen Kameraden ein. Dieser zog die Pistole und schoß den Gegner nieder. Am Ende lagen beide tot am Boden.
   Zum Andenken an die zwei Soldaten und die damals herrschende Not errichteten die Bewohner eine Steinsäule, in welche sie die Namenszeichen der beiden Getöteten einmeißelten.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.49, Nr.64)

zum Kreuz Der "Bussmichel" - 68519 Viernheim
   Im Viernheimer Wald nahe am alten Bürstädter Weg, steht ein Steinkreuz das im Volksmund das "Michel-Buß-Kreuz", kurz "der Bußmichel" genannt wird. Die Vorderseite trägt einen Dreiecksschild, auf dem das Weinheimer Wappen, die Weinleiter, abgebildet ist. Die Inschrift lautet: (M) I/C. DIVES/LES
Hier soll ein Wilddieb als Strafe für seinen Wildfrevel den Tod gefunden haben. Daher im Volksmund der Spruch:
Michel Buß,
der hier liegen muß
wegen einem Wildbretschuß.
In Wirklichkeit handelt es sich um ein Bußkreuz für einen erschlagenen Ritter (MILES) namens Conradus Dives aus Weinheim, der um die Mitte des 13. Jahrhunderts lebte. Warum er hier im Walde den Tod gefunden hat, ist unbekannt.
(Matthes, Richard - Sagen aus dem Kreis Bergstraße, Bensheim 1952, 2. Auflage 1972, S.22, Nr.25 m.Abb.)

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Sühnekreuze & Mordsteine