Deutschland Sachsen Vogtlandkreis

Grobau / OT von Burgstein


Näpfchen auf dem Steinkreuzkopf

PLZ: 08538

GPS: N 50° 26,278', O 11° 56,944'

Standort: Auf dem Feldweg nach Reinhardtswalde, ca.300m nach dem letzten Haus auf der rechten Seite unter einer Linde.

Größe / Material: 87:74:20 / Granit

Geschichte: Dieses Keuz kam durch einen Abriß einer Scheune zum Vorschein.
Der 19 jährige Zimmermannsgeselle Matthes Schmidt arbeitete im Herbst 1997 in einem Gehöft in Kleinzöbern, unmittelbar an der Bundesstraße Nr.173 Plauen - Hof. Dort bemerkte er in einem Bauschutthaufen, der vom Abriß der Scheune herrührte, ein in zwei Teile zerbrochenes Steinkreuz. Auf die Bitte von Matthes Schmidt an den Besitzer, ob er die beiden Bruchstücke erhalten könne, willigte dieser mit der Auflage ein, daß er dafür den Steinhaufen beräumen solle. Mit großem Aufwand wurde diese Aufgabe von Matthes zusammen mit Freunden bewältigt. Mit einem Trabant brachten sie die beiden Teile des Kreuzes in das elterliche Gut, in das 10km von Kleinzöbern entfernten Grobau - erstaunlicherweise ist ein Achsbruch ausgelieben...
Der Bruder von Matthes, Daniel Schmidt ist Steinmetz und hat die beiden Bruchstücke fachgerecht wieder zusammengefügt. Etwa ein Jahr später wurde dann das Kreuz von ihnen an dem jetzigen Standort aufgestellt.

Die Fundstelle des Steinkreuzes von Kleinzöbern ist genau bekannt; jedoch war es hier bereits sekundär verwendet worden. Der Eigentümer, der durch Repressalien der DDR-Behörden seinen im damaligen Grenzsperrgebiet liegenden Hof in Kleinzöbern verlassen mußte und erst nach der Wende auf das angestammte Besitztum zurückkehren konnte, teilte nach anfänglichem Zögern mit, daß das Steinkreuz vor dem Scheunenabriß über viele Jahre hinweg als Lagerstein für das Tor dieser Hofscheune Verwendung fand. Weiterhin wurde bekannt, daß ein zweites Steinkreuz ebenfalls als Lagerstein desselben Tores diente. Letzteres wurde aber aus Unkenntnis zertrümmert und eingeebnet.
Das Steinkreuz fristete also zweckentfremdet und unerkannt sein Dasein - wohl über Jahrhunderte. Sicherlich wurden beide Steinkreuze aus der unmittelbaren Umgebung von Kleinzöbern dorthin gebracht, ohne daß heute noch ihre Standorte auszumachen wären. Zu erwähnen ist noch, daß die abgerissene Scheune ein Alter von etwa 200 bis 350 Jahren gehabt haben soll.

Kommen wir schließlich noch zu den Besonderheiten dieses aus Granit bestehenden Kreuzes in lateinischer Form, welches eine Länge von 140cm und eine Kreuzarmbreite von 74cm aufweist, wobei der eine Kreuzarm 19cm beträgt, während der andere 26cm mißt. Das noch recht scharfgratige Granitgebilde weist eine annähernd quadratische Schaftstärke von 27cm auf. Der nicht sichtbare Steinkreuzfuß mißt in der Waagerechten 41cm, während die Höhe 39cm beträgt und die eine Seite des Steinkreuzfußes zum Schaft übersteht. In diesen Fuß ist ein gleichschenkliges Kreuz als einziges sichtbares Zeichen eingerillt. Allerdings blieb dieses Zeichen bei früherer Aufstellung des Steinkreuzes unterhalb des Bodenniveaus. Harald Quietzsch teilte hierzu mit, daß auch bei weiteren sächsischen Steinkreuzen solche im Fuß oder gar in der Sohle eingerillten Kreuze nachzuweisen sind. Es handelt sich dabei um solche in Drehsa bei Bautzen, Eschdorf bei Dresden und Oberottendorf bei Stolpen.
Es liegt nahe, diese Zeichen als Weihekreuze anzusprechen, womit zweifelsohne Stein und Stelle als besonders geschützt galten. Eine näpfchenartige Vertiefung (Durchmesser 35mm Tiefe 20mm) auf dem Steinkreuzkopf zeugt davon, daß man für allerlei abergläubige Heilpraktiken Steinkreuzpulver verwertete. Obwohl in der Umgebung von Kleinzöbern kein Granit ansteht, handelt es sich bei diesem Vertreter um ein Kreuz aus diesem Gestein, womit die Frage nach dem Ursprungsgebiet gestellt sei. Auch die in unmittelbarer Nachbarschaft von Kleinzöbern / Grobau vorhandenen Steinkreuze aus Schwand, Krebes, Großzöbern bestehen aus Granit.
Die Frage nach der ursprünglichen Sinndeutung dieses Steinkreuzes (ob es sich etwa um ein Sühnekreuz, eine Wegestation o.ä. handelt) kann bisher nicht beantwortet werden. Sie bleibt wohl für immer verborgen. Wir gehen aber nicht fehl, es zeitlich als spätmittelalterlich einzustufen. Die lateinische Kreuzform finden wir wiederholt im vogtländischen Raum vor, wobei ebenso davon auszugehen ist, daß diese Exemplare jener Zeitepoche angehören. (H. Quietzsch)

Anmerkungen:
Es kann nicht hoch genug gewürdigt werden, daß der damals neunzehnjährige Matthes Schmidt den Kulturwert eines mittelalterlichen Steinkreuzes erkannte, dieses vor dem sicheren Untergang bewahrte und für einen würdigen neuen und öffentlich zugänglichen Aufstellungsort sorgte!

Sage:

Quellen und Literatur:
Dank an Daniel Schmidt für die Reparatur, Harald Quietzsch, Wolfgang Pätz und Helga Schmidt für Informationen, Auskünfte und Recherchen.
Text und Bilder von Andreas Schumann, Reichenbach


Sühnekreuze & Mordsteine