Deutschland Sachsen Lkr. Bautzen

Bautzen (I)


Abbildung bei
Müller / Quietzsch
(1977)

Foto von 1933
(Foto Marburg)

Abbildung bei
Kuhfahl (1928)

Abbildungen bei
Naumann (1909)

PLZ: 02625

GPS: N 51° 10.858', O 14° 25.742'

Standort: An der West-Seite der Liebfrauenkirche (Steinstraße) zwischen Strebepfeiler und Eingangsvorbau links vom Eingang.

Größe / Material: 80:77:23 / Granit

Geschichte: Moschkau (1882) erwähnt noch 3 Steinkreuze um 1850 neben der Liebfrauenkirche.

Gesamtlänge: 145cm. Genannt "Tetzelkreuz". Kopf, Arme und Schaft zur Kreuzung zu verjüngend, nur flache Winkel, schlanker Schaft, Kanten gerundet, unterer Schaftteil ergänzt.
Das Kreuz stand ursprünglich nordwestlich der Kirche, an der Fußwegkante der Platzecke nach dem Reichentore zu. Im April 1952 zerbrochen und dürftig zusammengesetzt. Der Kopf wird jetzt mit einer Eisenstange von der Kirchwand gestützt. (Müller / Quietzsch 1977)

   Das schöne schlanke Kreuz in Bautzen an der "Kirche unserer Lieben Frauen" ist gewiß allen Bautznern wohlbekannt. Es wird vielfach mit dem angeblich an dieser Stelle i.J. 1508 betriebenen Ablaßhandel in Verbindung gebracht und allgemein das Tetzelkreuz genannt. (Naumann 1909)

[...] Als man 1865 die Umgebung der Kirche pflasterte, war das noch stehende, damals aber nebst Bruchstücken der anderen drei Kreuze in einem Winkel lehnende Tetzelkreuz nahe daran, zerschlagen zu werden. Einer öffentlichen Aufforderung betreffs seiner Erhaltung ist die Neuaufrichtung einzig zu danken. (Moschkau 1882)

Sage: 1. Im Jahre1493 auf dem Liebfrauenfriedhof gesetzt für den enthaupteten Adligen Bernhard v. Lüttichau, der im Streit einen Stadtrichter mit einem Zinnkrug (oder -leuchter) erschlagen hatte; also Sühne- oder Gedenkstein, je nachdem, wer ihn setzte, was nicht klar nachzuweisen ist. (vgl. auch Bautzen XVI)
2. 1508 soll Tetzel hier Ablaßbriefe verkauft haben.

Quellen und Literatur:
Moschkau, Dr. A. - Die alten Steinkreuze in Löbau, Bautzen, Camenz und deren Umgebung, in: Neues Lausitzsches Magazin, 57.Band, 1882, S.428
Naumann, Johanna - Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, 1909, S.6
Frenzel, W. - Beiträge zur Flurkreuz-Forschung, in: Bautzener Geschichtshefte, Bd.6, Heft 1, 1928, S.33
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, Nr.9
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, Nachtrag, 1936, Nr.11
Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, S.18-19
aktuelle Aufnahme von Dörte Bleul-Horn, Bautzen



Bautzen (II)


Abbildungen bei
Naumann (1909)

GPS: N 51° 10.945', O 14° 26.274'

Standort: Auf dem Taucherfriedhof Teil 2, nördlich der Frankschen Gruft, auf dem freien Platz zwischen dieser und dem Reißnerschen Erbbegräbnis.

Größe / Material: Höhe 141, ø am Fuß 62, am Kopf 36 / Granit

Geschichte: Genannt "Mordstein". Achtseitiger Pyramidenstumpf in Form einer schlanken Säule. Auf allen acht Flächen in gleicher Höhe, friesartig umlaufend, je ein gleichartiges lateinisches kreuz mit gabelig gespaltenem Schaft, als Flachrelief aus der Basis aufsteigend, auf dem Scheitel viereckiges Dübelloch für früher vorhandenes Kreuz. Das Kreuz fehlt seit 1509(?) nebst dem Sockel mit der Jahreszahl 1404. Jetzt auf quadratischen Granitsockel gestellt.
Der Stein stand bis 1598 in der Töpferstraße. (Müller / Quietzsch 1977)

   Eine achteckige, mit unten auslaufenden Kreuzen verzierte Säule, die zum Gedächtnis des 1404 ermordeten Ratsherrn (Bürgermeisters ?) Martin Bischoffswerde gesetzt wurde, hat im Paulischen Erbbegräbnis ihren Platz gefunden. Sie ist am Anfang der Töpferstraße, am Holzmarkt, aufgestellt gewesen. Bei einem Volksauflauf i.J. 1598 ist sie umgestoßen und zerbrochen worden. Man brachte sie auf den neu angelegten Taucherfriedhof in die Nähe der Kirche, wo sie viele Jahre mit dem Grabmale des Georg Tektander, der sich durch seine Reise nach Persien bekannt gemacht hat, vereinigt war. Ursprünglich ruhte die einst zweiteilige, oben schmäler werdende Säule auf einem Sockel, der die Jahreszahl 1404 trug. Die Spitze krönte ein aufrecht stehendes Kreuz. In den "Bautzener Geschichtsblättern" vom 13. März 1909 ist der alte Bericht über die Mordtat zu lesen: "J.J. 1404 wurde Ratsherr Martin Bischoffswerde in der Nähe des Königsteichs (bei Nadelwitz) getötet und mit ihm seine beiden Söhne verstümmelt. Der eine ritt in die Töpfergasse bis zur Broditz, dort starb er und stürzte vom Pferde, wo das Kreuz noch steht. Der ander Sohn erlitt den Tod mit dem Vater zugleich. Man sagt, daß die Edlen von Baudissin, gemeinhin die Zcepken genannt, die Tat getan haben." Die "Bautzener Nachrichten" v.J. 1870 Nr.239 berichten ausführlich darüber. (Naumann 1909)

Sage: Der Bautzener Bürgermeister Ratsherr Martin Bischoffswerde wurde 1404 mit einem seiner beiden Söhne auf dem Ritt nach Gröditz ermordet. Der andere Sohn stürzte auf der Flucht auf der Töpfergasse tödlich vom Pferde.

Quellen und Literatur:
Moschkau, Dr. A. - Die alten Steinkreuze in Löbau, Bautzen, Camenz und deren Umgebung, in: Neues Lausitzsches Magazin, 57.Band, 1882, S.427
Naumann, Johanna - Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, 1909, S.6-7
Frenzel, W. - Beiträge zur Flurkreuz-Forschung, in: Bautzener Geschichtshefte, Bd.6, Heft 1, 1928, S.35
Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, S.20
Eichler, Ulrich - Marter und Bildstock. Betsäulen in Sachsen, 2003, S.27, Nr.6
aktuelle Aufnahmen von Dörte Bleul-Horn, Bautzen



Bautzen (III)


die andere Seite

Abbildungen bei
Naumann (1909)

GPS: N 51° 11.407', O 14 27.030'

Standort: Am nordöstlichen Ortsrand, nordwestlich an der Straße nach Burk / Bad Muskau, 50m südwestlich vom Abzweig der "Kreckwitzer Straße" hinter einem Wartehäuschen.

Größe / Material: 92-107:46:36 / Granit

Geschichte: Block, Kopf abgeschrägt, Querschnitt rechteckig. SO-Seite, eingeritzt im Umriß: schlankes Balkenkreuz, Kopf und Arme leicht malteserkreuzförmig; Schaft, soweit sichtbar, gerade. NO-Seite, vertieft eingehauen: ein gleichartiges Kreuz. SW-Seite und NW-Seite lineare Kreuze (?), kaum kenntlich. Starke oberflächige Verwitterung, besonders vom Kopf aus plattige Risse. (Müller / Quietzsch 1977)

   Ein Stück weiter hinaus, unweit des Chausseehauses steht links am Straßengraben ein halbversunkener Stein; er ist 93cm hoch, 36cm breit und 45cm dick. Das an der Vorderseite tief eingeritzte Kreuz ist an den Enden ein wenig umgebogen und erinnert an ein Ankerkreuz. An jeder der Schmalseiten bemerkt man ein einfaches Kreuz. Hierauf bezieht sich ebenfalls die Sage von einer Wette. Ein Baruther Bauer hatte sich gerühmt, einen Scheffel Hirse von seinem Dorfe bis Budissin zu tragen. Er erreichte den Platz, wo jetzt der Stein ist; dort bekam er einen Blutsturz und starb. Seine Verwandten errichteten ihm das Denkmal (Meiche Nr.1133, Grässe Nr.743, Gräve S.175, Gurlitt, S.337). (Naumann 1909)

Sage: Ein Baruther Bauer hatte sich gerühmt, einen Scheffel Hirse bis Bautzen zu tragen. An der Stelle des Steines brach er tot zusammen.

Quellen und Literatur:
Moschkau, Dr. A. - Die alten Steinkreuze in Löbau, Bautzen, Camenz und deren Umgebung, in: Neues Lausitzsches Magazin, 57.Band, 1882, S.427
Naumann, Johanna - Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, 1909, S.8-9
Frenzel, W. - Beiträge zur Flurkreuz-Forschung, in: Bautzener Geschichtshefte, Bd.6, Heft 1, 1928, S.36
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, S.44
Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, S22-23
aktuelle Aufnahmen von Dörte Bleul-Horn, Bautzen, Lauchhammer



Bautzen (IV)


die andere Seite

seitliche Ansicht
(rechts)

seitliche Ansicht
(links)

Abbildungen bei
Müller / Quietzsch
(1977)

Abbildung bei
Kuhfahl (1928)

Abbildungen bei
Naumann (1909)

GPS:

Standort: Am nordöstlichen Ortsrand, nordwestlich an der Straße nach Burk/Muskau, 49m südwestlich vom Abzweig der neuen Umgehungsstraße ("Thomas-Müntzer-Straße"), 100m nordöstlich vom Haupteingang zu den Kleingärten.

Größe / Material: 101-109:56:27 / Granit

Geschichte: Der Stein stand bis nach 1945 an der gegenüberliegenden Straßenseite in gleicher Orientierung.
Plattenartiger Block, Querschnitt rechteckig. SSO-Seite eingeritzt: Kreis mit ausfüllendem, etwas schräg gestelltem Achsenkreuz; darunter eingeritzt im Umriß: wenig längsorientiertes Malteserkreuz mit sich schneidenden Linien. NNW-Seite eingeritzt: längsorientiertes lineares Kreuz (Frenzel (1928): lateinisches Kreuz? oder Schwert). ONO-Seite, eingeritzt im Umriß: nahezu gleicharmiges kleineres Malteserkreuz mit sich schneidenden Linien, untere und obere Scheitellinie nicht ausgeführt. WSW-Seite: der ONO-Seite gleichartige Einzeichnung. (Müller / Quietzsch 1977)

[...] Nun stehen aber solche Kreuzsteine auch in Sachsen mancherorts gruppenweise mit Kreuzen zusammen und auch Einzelstücke stimmen - wie sich durchaus nicht leugnen läßt - sowohl mit ihrem Aufwand an regelrechter Steinmetzarbeit, wie hinsichtlich ihrer sagenhaften Überlieferungen so vollkommen mit den Beispielen der wirklichen Kreuzesform überein, daß an ihrer Zusammengehörigkeit auch hier nicht zu zweifeln ist. Dies gilt beispielsweise von der Steinplatte bei Kilometer 1,0 der Kunststraße Bautzen - Guttau; sie trägt mehrere bogenförmige Linienkreuze nebst dem vierteiligen Sonnenrad und erinnert der Volkssage nach an eine vermessene Wette mit tödlichem Ausgang. (Kuhfahl 1928)

   Geht man die Muskauer Straße entlang, so wird man rechts in der Nähe des Pulverhauses einen wuchtigen Granitblock mit verschiedenen Zeichen bemerken. Zu erkennen sind auf der Straße zugekehrten Seite ein ganz einfaches Kreuz, auf der andern ein schönes ausgeschweiftes, darüber ein kleines Radkreuz, d.h. ein von einem Ringe umschlossenes Kreuz. Auch die Schmalseiten zeigen zwei tief eingegrabene Kreuze (Vgl. Gurlitt, Stadt Bautzen, S.337). Nach einer handschriftlichen Aufzeichnung von O. Roseger verdankt der Stein einer schlimm ausgelaufenen Wette seine Entstehung. Ein junger Bauer wettete mit seinem Freunde, er wolle sein drei Morgen großes Feld an einem Tage ohne fremde Hilfe, von Sonnenaufgang bis Untergang umpflügen. Er ackerte den ganzen Tag. Als aber die Sonne unterging, fiel er tot neben dem Pfluge nieder. Der Stein bezeichnet die Stelle, wo er starb. (Naumann 1909)

Sage: 1. Ein Baruther Bauer hatte sich gerühmt, einen Scheffel Hirse bis Bautzen zu tragen; an der Stelle des Steines brach er tot zusammen. Die Verwandten errichteten das Denkmal (wie zu Bautzen III).
2. Ein Bautzener Bauer hatte nach der Wette mit anderen Ackerbürgern um 300 Taler das große Feld gegen Osten in einem Tage umgepflügt. Dann aber setzte er sich hin und starb.
3. Nach Frenzel (1928) Weichbildkreuz.

Quellen und Literatur:
Bösigk, F.L. - Ueber Mordkreuze, in: Mittheilungen des Königlich Sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, 10. Heft, Dresden 1857, S.32-33
Naumann, Johanna - Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, 1909, S.7-8
Frenzel, W. - Beiträge zur Flurkreuz-Forschung, in: Bautzener Geschichtshefte, Bd.6, Heft 1, 1928, S.37
Kuhfahl, Dr. G.A. - Die alten Steinkreuze in Sachsen, 1928, S.44
Müller / Quietzsch - Steinkreuze und Kreuzsteine in Sachsen, Inventar Bezirk Dresden, 1977, S22-23
aktuelle Aufnahmen von Dörte Bleul-Horn, Bautzen (Fotos von September 2008)



Bautzen (V)


linke Seite mit
St. Petrus
Abbildung bei
Dietze (1997)

am alten Standort
in Liebegast
(vor 1958)
Veröffentlicht bei
Eichler (2003)

GPS:

Standort: Im Sorbischen Museum Bautzen.

Größe / Material: Kiefernholz

Geschichte: Holzsäule nach Art der meisten steinernen Betsäulen. Auf einem quaderförmigen Sockel steht eine toskanische Säule mit einem Nischenaufsatz, insgesamt aus einem Kiefernstamm gearbeitet, die geschnitzten Figuren aus Lindenholz.
Am Aufsatz drei Reliefs: an der Vorderseite (früher Ost) Christus am Kreuz mit Maria und Johannes; links (Süd) Petrus; rechts (Nord) Maria Magdalena. Inschriften: M. M. [Michał Mrós] / 1846 / J. K. [Jurij Kobalz]
Die stark verwitterte Säule stand ursprünglich in Liebegast, Kr. Kamenz, westlich vom Dorfteich in einem Bauerngarten.
Michał Mrós hatte sie 1846 selbst gefertigt und aufgestellt. Farbspuren lassen auf eine ehemalige farbige Fassung schließen. Auf dem pyramidenförmigen Abschluß des Säulenkopfes befand sich früher eine Blechbedachung mit einem aufgesetzten Eisenkreuz. 1920 führte Jurij Kobalz verschiedene Erhaltungsarbeiten aus. Das Foto zeigt die Säule am alten Standort in Liebegast. 1958 wurde sie geborgen und ins Sorbische Museum gebracht. 2001 wurde sie dort von Jan Barth restauriert. (Eichler 2003)

Holzsäule; in der Form wie die meisten steinernen Betsäulen, auf einem quaderförmigen Sockel steht eine toskanische Säule, die den Tabernakel trägt. Am Tabernakel 3 Reliefs, an der Vorderseite Christus am Kreuz mit Maria und Maria Magdalena, an den Seiten links Petrus und rechts Maria. Inschrift:
MM
1846
JK
Stand ursprünglich in Liebegast (Lubhozdź), Kr. Kamenz, westlich vom Dorfteich in einem Bauerngarten (N 51° 21,732', O 14° 11,726'). Stark verwittert. Es ist möglich, daß die Säule von Martin Mickel oder einem Schnitzer, dessen Name mit "W" beginnt, geschaffen wurde (Bogusz 1998). Bei der Restauration im Sorbischen Museum wurden an der Rückseite der Marienfigur die Initialen J. K. / W gefunden. (Dietze 1997)

Sage:

Quellen und Literatur:
Dietze, Gernot - Bildstöcke in der katholisch-sorbischen Region der Oberlausitz und angrenzender Gebiete, Kamenz 1997, Nr.1, S.9
Bogusz, Christina - Die Schnitzerwerkstatt des Martin Mickel in Saalau, in: Kalender "Die Thuhe", Domowina-Verlag Bautzen, 1998
Eichler, Ulrich - Marter und Bildstock. Betsäulen in Sachsen, 2003, S.26-27, Nr.5
aktuelle Aufnahmen von Jan Barth (Sorbisches Museum Bautzen, um 1997), mit freundl. Genehmigung von Gernot Dietze, Kamenz



Bautzen (VI)


Abbildung bei
Naumann (1909)

GPS:

Standort: Hinter dem Petridom / Domstift, im Straßenpflaster eingelassen.

Größe / Material: Granit oder Basalt

Geschichte: Schwarz umrahmt im Granit findet sich eine Figur in Kreuzform, über welche eine Art Schirm gespannt dargestellt wird.

   Zwischen Petrikirche und Domschule ist in das Straßenpflaster von einzelnen Basaltsteinen ein Kreuz eingefügt zur Erinnerung an folgendes in den Chroniken zu lesendes Ereignis: Während der Senior des Domstifts Jacob Heinrich (Henrici gen.) am 9.Juli 1561 der Messe beiwohnte, wurde er von einem Ritterknaben abgerufen. Kaum war er vor die nordöstliche Halle getreten, als Georg v. Carlowitz und zwei andere Männer ihn überfielen, in einen bereitsehenden Wagen warfen, mit Decken zudeckten [Anmerkung: In anderer Version ist es der Mantel] und zum Tore hinausfuhren. In der Königsbrücker Heide wurde der Wagen von Verfolgern eingeholt. Da stießen die Entführer den 73-jährigen Geistlichen zum Wagen hinaus und entflohen. Der Ueberfallene hatte keinen Schaden genommen und wurde unversehrt zurück gebracht. (Eingesandt des Bautzener Tageblattes vom 2.April 1903. R.W., Heckel, histor. Beschreibung der Stadt Bischofswerda; Reymann S.792; Großer I, S.192, 193, u.a. Der ursprüngliche Bericht befindet sich in den domstiftlichen Jahrbüchern.) (Naumann 1909)

   Über ein Steinkreuz im Straßenpflaster berichten alle geschriebenen und gedruckten Chroniken ausführlich, nämlich über das Kreuz zwischen der alten Domschule und der jetzt wieder freigelegten nördlichen Pforte der Petrikirche. Es ist aus wenig bearbeiteten Basaltsteinen gebildet und über einen Meter groß. Der Vorfall, auf den es sich bezieht, war so außergewöhnlich, daß er alle Gemüter aufregte. Es sei deshalb der Bericht darüber im Wortlaut der Chronik Ab (Bl. 95/97) in der Stadtbücherei hier wiedergegeben. Er lautet:
   "Den 9.July 1561 wird der Magister Jacobus Heinrich, Senior des Domkapitels zu Budissin, früh unter der Mett in listiger Weise gestohlen. Durch eines Reuters Jungen aus dem Chor gefordert mit vermelden, daß ein guter Freund seiner vor der Kirche ihn zu sprechen warte. Der gute Mann, so jedermann willfärtig, geht mit dem Knaben bis zum Taufstein. Da kommen Edelleute aus dera Gestühlen hervor in der Meinung mit ihm zu reden, gehen mit ihm auch vollends bis an die Kirchen-Halle der alten Schulen gegenüber, sprechen einander gar freundlich zu.
   Indem findet sich Gregore von Carlowitz unversehens, springet hinterrücks ein, ergreift rücklings den guten Magister, schlaget ihm den Chor-Rock samt den anderen Kleidern über den Kopf, daß er nicht sehr schreien kann, und wirft ihn so verwickelt auf die Kutsche, die nicht weit von der Kirchen-Türe stund, schmeißen Polster, Kotzschen (Pferdedecken) und andere Tücher auf ihn, setzen sich darauf und fangen an, wie die tollen Bauern zu jauchzen und zu schreyen und nehmen ihn also mit davon.
   Als sie nun mit solchem Geschrey an die Fleischbänke kommen, springen etliche Fleischer hervor und werfen einen starken Baum in die Räder, weil sie nicht gewußt, warum sie so reuten. Weil sich aber diese Plagiario (Räuber) unnütze gemacht und letztlich geboten, daß man sie nicht hindern sollte, weil sie die ganze Nacht geschmauset und in solcher Lust nach Hause fahren wollten, deswegen sie wieder dimittieret (losgelassen) wurden.
   Wie sie nun auf die Heilige-Geist-Brücke kommen, ziehen sie den Magister, so halb zerquetscht und gepresset war, hervor, reißen ihm den Chorrock vom Halse, binden ihn an eine Wehr (Stangen-Lanze), machen daraus eine Fahne und schieben mit dem Magister die Passion (Mutwillen), bringen ihn auch im vollen rennen bis Gödau, daselbst ist dem Wagen ein Rad gebrochen und müssen daselbst so lange verweilen, bis sie ein neues bekommen, da sind sie wieder schnell aufgemacht und haben einen andern Weg nach der Königs-Bergischen (Königsbrücker) Heyde genommen, und als sie daselbst angelanget, ausgeruht, weil die Pferde müde gewest. Die Edelleute haben inzwischen gespeiset und ein Fastnachtsspiel mit dem Magister getrieben, ihn zum Papmurtieren (Mitmachen) genötigt und gedräuet, wie sie mit ihm umgehen wollten.
   Als nun dieses in der Stadt Budissin kund ward, ordnet der Decany Leisetritt und der Rat etliche zu Pferde ab, so den Plagiariis nachsetzen müssen, der Decany sendet auch an die Hauptleute, so zu Bolbritz Collation (Versammlung) hielten, seinen Diener ab, namens Valentin Lochberger.
   Als dieser auf die Straßen kömmt, nicht weit vom Plagnitzer Schloß, stehen abgehauene Bürker-Stöcke, welche er vor geharnischte Feinde ansiehet, derhalben zurücke kehrt und macht ein Lärm, als wären die Straßen voller Feinde, da mußte man die Landreiter abfortigen (abschicken), diese befunden, daß es abgehauene Bürken gewest, ward deswegen wohl gelachet, zeigen dem Hauptmann Herrn Hannsen von Schlieben den Unfall an, dieser fortigt bald seinen Diener ab mit Befehl, alle Dörfer und Städte unterwegs anzumahnen im Namen Kayserl. Majestät, diesen Plagiariis nachzusehen, darauf kam viel Volks zusammen, und als es verkundschaftet war, daß sie in dem Königs-Bergischen Wald hielten, ward der Wald umringet.
   Als nun dieses Carlowitz inne wird, hauet er die Pferde los (vom Wagen), setzet sich darauf und rennet davon. Als der Magister den Zulauf siehet, erschrickt er und vermeinet, es wären alle seine Feinde, weswegen er vom Wagen springet und verläuft sich auch im Walde, kommt an ein Stück Korn und kriecht darin auf dem Bauch, bis er einen Fischer am Wasser erlanget, der ihn nach Königs-Berg weiset. Endlich bekommen sie Nachricht, daß er auf dem Schlosse zu Königs-Brick anzutreffen sey, weswegen sie sich dahin verfügen und nach Budissin bringen.
   Die Ursache, worumb der Carlowitz diesen Magister weggeführt, soll gewesen sein, daß etwan Bischof Carlowitz von Meißen diesen seinen Vetter Georgen von Carlowitz sein Vikariat, daß er im Stift Meißen gehabt, genommen, da er nicht mehr studieret und dem Magister gegeben haben." (Wilhelm 1936)

Sage:

Quellen und Literatur:
Moschkau, Dr. A. - Die alten Steinkreuze in Löbau, Bautzen, Camenz und deren Umgebung, in: Neues Lausitzsches Magazin, 57.Band, 1882, S.427-428
Naumann, Johanna - Steinkreuze und Kreuzsteine von Bautzen und Umgegend, 1909, S.7
Wilhelm, Felix - Denksteine im Straßenpflaster, Bautzen 1936, S.8-10
recherchiert und bebildert von Dörte Bleul-Horn, Bautzen (Foto vom 5.04.2008)



Bautzen (VII)

GPS:

Standort: Hauptmarkt, im Granitpflaster eingelassen.

Größe / Material: Granit

Geschichte: Form: Malteserkreuz. Möglicherweise handelt es sich um den ehemaligen Standort der Hinrichtungsstätte auf dem Hauptmarkt.

   Gleichfalls auf dem Hauptmarkt sind zwei Kreuzsteine in das Pflaster eingesetzt, die nur schwer gefunden werden. Der eine mißt 20 Zentimeter im Geviert und zeigt ein großes eingemeißeltes Kreuz in Malteserform, der zweite kleinere ein einfaches Kreuz. Der Abnutzung der Oberfläche nach muß ersterer viel älter als der andere sein.
   Der erstere liegt ungefähr 16 Meter von der Südostecke des Rathauses genau gegen Süden in der Nähe des Hydrantendeckels beim Leuchtmaste, der kleinere ungefähr drei Meter südlich davon.
   Dem Chronisten Wilke sind diese Kreuzsteine oder wenigstens einer davon auch schon bekannt; denn er schreibt auf Seite 60: "Jener Stein in der Nähe des Wassertroges ist es wohl nicht, auf dem die Hinrichtungen vor sich gingen." Diesen Satz fügt er an die Beschreibung des Blutgerichts des Königs Wenzel, der im Jahre 1408 auf dem Hauptmarkte 13 Ratsherren mit dem Schwerte hinrichten ließ. Er selbst sah aus einem Fenster der Ratsstube der Hinrichtung zu, seine Gemahlin aus einem Fenster im Hause des Fleischhauers Lukas, nach anderen ebenfalls aus einem Rathausfenster.
   Obgleich nicht behauptet werden kann, daß der große Kreuzstein die Hinrichtungsstelle bezeichne, so spricht doch mancherlei dafür. In früheren Jahrhunderten war es üblich, die Stellen, wo eine Mordtat oder eine Hinrichtung stattgefunden hatten, durch einen Kreuzstein oder ein Steinkreuz zu bezeichnen.
   Vor 1732 führte die Treppe zu den oberen Räumen des Rathauses nicht vom Fleischmarkt aus, sondern vom Küchelbänkgäßchen zwischen Rathaus und Polizeiamt. [Am Ostgiebel des Rathauses. W.W.] Auf dieser wurden die Verurteilten zum Hauptmarkte herabgeführt. Denken wir uns die dem Rathause vorgebauten Verkaufsgewölbe so niedrig, wie sie ursprünglich waren, so liegt der gedachte Kreuzstein an der Stelle, wo der Hauptmarkt vom Ratssaale zuerst eingesehen werden kann, also unmittelbar vor König Wenzel, der die Hinrichtung leitete. Ein Bild in der Rachlitzschen Chronik läßt auch den Zug der hundert zum Tode Verurteilten das Gäßchen herabschreiten und an der Stelle des Kreuzsteines halten.
   An der Stelle des kleinen Kreuzsteines hat wahrscheinlich der Militärgalgen gestanden. (Wilhelm 1936)

Sage:

Quellen und Literatur:
Schlemmer, Richard - Die Rebellion der Zünfte, in: Trutziges Stadtvolk, Roman aus dem mittelalterlichen Budissin, 1928
Wilhelm, Felix - Denksteine im Straßenpflaster, Bautzen 1936, S.5-6
recherchiert und bebildert von Dörte Bleul-Horn, Bautzen (Foto vom 5.04.2008)



Bautzen (VIII)


Blick zum Standort
Foto: Strauchmann
(2015)

Hochwasser 2010
Foto: Bleul

Zustand 2008
Foto: Bleul

Einzeichnungen
Foto: Bleul (2010)

GPS:

Standort: Unterhalb der alten Wasserkunst, am Aufgang "Vor der alten Fischerpforte" abgelegt.

Größe / Material: Granit

Geschichte: Ehemals in der Nähe der alten Wasserkunst, im Lauf der Spree, auf einer Sandbank unterhalb der Brücke am "Scharfenweg". Infolge von Bauarbeiten im Flußbett der Spree herausgenommen und gesichert.
Großer Granitstein im Spreelauf. Wurde bei Bauarbeiten aus dem Sand geborgen. Trägt ein Kreuz, die Jahreszahl 1595 und einen Schnabelschuh. Ob sich bei dem von Wilhelm (1936) für das Jahr 1595 beschriebenen Stein um den hier vorgestellten Stein handelt, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.

Sage:

Quellen und Literatur:
Wilhelm, Felix - Denksteine im Straßenpflaster, Bautzen 1936, S.3
recherchiert und bebildert von Dörte Bleul-Horn, Bautzen (Fotos vom 5.04.2008 und 8.08.2010)
Ergänzungen von Joachim und Sabine Strauchmann, Chemnitz (Foto von August 2015)


Sühnekreuze & Mordsteine