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Blieskastel


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Detail Nische

Foto: Löwenberg (o.J.)
veröffentlicht bei
Wittmann (1967)

Foto: Löwenberg (o.J.)
veröffentlicht bei
Wittmann (1933)

PLZ: 66440

GPS: N 49° 14,683', O 7° 14,966'

Standort: Nordwestlich des Stadtzentrums von Blieskastel auf dem Hohberg. Mit dem Auto zu erreichen über "Schneebergstraße", "Ziegelhütter-" und "Kahlhecker Weg"; zu Fuß über verschiedene, gut markierte Wanderwege.

Größe / Material: 680cm hoch / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Gollenstein". Der spindelförmige Gollenstein, errichtet vor über 4000 Jahren aus ortsfremdem Sandstein, gilt als der größte Menhir Mitteleuropas. Um der französischen Artillerie nicht als Zielpunkt zu dienen, wurde er 1939 von der deutschen Wehrmacht umgelegt. Dabei zerbrach er in vier größere Stücke. Im November 1951 wurde er wieder aufgerichtet, wobei die fehlenden Kleinteile durch Beton ersetzt wurden. Im unteren Drittel des Gollensteins ist eine Nische eingemeißelt, auf deren Grund ein Kreuz eingeritzt ist. Nische und Kreuz dürften jüngeren Datums sein, da sie in einer Beschreibung des Gollensteines aus dem Jahre 1809 nicht erwähnt werden.

Der "Gollenstein" bei Blieskastel im Saarland. Der Stein ist bearbeitet und zeigt römische Plastiken. Die Bildnische stammt aus gotischer Zeit. (Wittmann 1967)

   Wenn die geschilderten Zusammenhänge zwischen den Orten der Totenbestattung, den Kult- und Opferplätzen unserer Vorfahren, sowie den alten Gerichts- und Richtstätten richtig gesehen sind, so reichen die Anfänge der Entwicklung schon weit in die vorgeschichtliche Zeit zurück. Es fragt sich daher, ob nicht Spuren vorhanden sind, die nach dieser Seite hin ausgewertet werden können. Unwillkürlich lenkt sich der Blick des Beobachters auf die einsam aufragenden Steine, die in der Wissenschaft als Menhire bekannt sind. Derartige Steine muß es nach den vorliegenden Untersuchungen in Hessen und den anstoßenden Ländern in überaus großer Zahl gegeben haben, obwohl die Erinnerung an sie vielfach nur in Flurnamen nachklingt. Immerhin ist auch heute noch eine stattliche Reihe von ihnen erhalten. Im Volksmunde tragen sie die Bezeichnung Hinkelsteine, Hühnersteine, Hünensteine, Wendelsteine, Spindel- oder Kunkelsteine. Oder sie werden nach ihrer Gestalt oder der Farbe des Gesteins als lange, hohe, weiße, graue Steine oder in ähnlicher Art benannt.
   Von ihnen sind wohl die gewaltigsten der sogen. Gollenstein bei Blieskastel an der Saar und der nicht weit davon entfernte Spillstein oder Spindelstein in Rentrich bei Saarbrücken. Aus Rheinhessen kommt neben einer Reihe kleinerer und mittlerer Steine, wie etwa der von Armsheim, Monsheim, Nierstein, Heßloch oder Gumbsheim, vor allem der Lange Stein von Ober-Saulheim (Wörrstadt) in Betracht. (Frölich 1938)

   Was haben uns diese gewaltigen Steinbauten, welche sich aus großen, senkrecht im Kreis aufgestellten, unbehauenen Steinkolossen zusammensetzen, zu sagen und was ist ihre ursprüngliche Bedeutung gewesen? Ich nehme an, daß der alleinstehende Stein, der "Menhir" oder Hinkelstein, die ursprüngliche Denkmalsform dieser Kultur war. Er muß in erster Linie ein Kultausdruck, ein Symbol, gewesen sein; denn wegen eines einzelnen Menschen, selbst wenn er ein bedeutender war (doch ist wohl für diese frühe Zeit der Steinzeitmenschen noch kein Personenkult anzunehmen, da ja alles noch mehr auf die Horde abgestimmt war, der Kult des Menhirs kann aber den Kult der Persönlichkeit erweckt haben), hat man bestimmt keine solchen gewaltigen Denkmäler, wie den "Gollenstein" bei Blieskastl in der Pfalz, errichtet. Findet man bei diesen Steinen jedoch auch eine Leiche, so kann das schon sehr wohl als ein Bauopfer zu deuten sein und gerade das Bauopfer gab, da es bei der Weihe des Steines vor aller Augen dargebracht wurde, sofort den Stein etwas Unheimliches, Heiliges, und dieses Unheimlich-Heilige möchte ich dabei als etwas Ausschlaggebendes bezeichnen - es ist der Ausgangspunkt für meine ganze Forschung. (Wittmann 1933)

Sage: Der Gollenstein, der im Volk auch als Wetzstein des Riesen Goliath bezeichnet wird, soll sich um Mitternacht beim Schlag Glocken der Stadtkirche um sich selbst drehen.

Quellen und Literatur:
Wittmann, Leonhard - Die Flurdenkmäler des ehemaligen Reichsstadtgebietes Nürnberg, I. Teil: Der Ursprung des Steinkultes, 1933, S.5-6
Frölich, Karl - Stätten mittelalterlicher Rechtspflege auf südwestdeutschem Boden, besonders in Hessen und den Nachbargebieten, in: Arbeiten zur rechtlichen Volkskunde, Heft 1, 1938, S.10-11
Wittmann, Leonhard - Steinkreuze in Franken. Begleitheft zu Ausstellung der Stadtbibliothek Nürnberg, 1967
Cappel, H. - Gollenstein und Spellenstein, in: Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde, 1989, Heft 4, S.4-10
Oberhauser, Gabriele und Fred - Die Schwarzen Führer, Saarland - Die Saar, Eulen Verlag, Freiburg i.Br. 2000, S.26-27 (ISBN: 3-89102-431-2)
Cappel, H. - Der Gollenstein - ein Wahrzeichen unserer Heimat, in: Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde, 2002, Heft 3, S.5-24
tw.strahlen.org - Menhir "Gollenstein", Blieskastel
Wikipedia - Gollenstein
recherchiert und bebildert von Gerhard Paul, Quierschied (Fotos von Mai 2009)


Sühnekreuze & Mordsteine