Beiträge zur Geschichte der Steinkreuze


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Fürbitte um gefahrlosen Weg
Lambertskreuz und andere Flurdenkmäler
von Otto Gödel

Das Gnadenbild am Bildbaum bei der Hohe-Loog-Hütte.
Foto: Himmler

Das bereits 1281 in der Limburger Rotel genannte St. Lamprechts-Kreuz
Foto: Gödel

Jägerkreuz bei Battenberg

Aus dem 15. Jahrhundert stammt das "Schwarze Kreuz" zwischen Freinsheim und Kallstadt.
Foto: Gödel

Diesen Bildstock ließ die Familie Odenwald 1421 bei Deidesheim aufstellen.

Das so genannte Stüter-Bild bei der Totenkopf-Hütte.
Foto: Gödel

Von 1513 stammt dieses Wetterkreuz am Mundharter Hof bei Wachenheim

Der Mensch lebt geistig in der Zeit, in die er hineingeboren ist. Da sich Brauchtum und Gewohnheit, ja selbst das religiöse Weltbild im Laufe von Jahrhunderten ändern sich aber mit der vorherigen Zeit vermischen, bleiben von der vorangegangenen Zeit eigentlich nur die guten Erinnerungen übrig. Doch zu einer Zeit, als die apokalyptischen Reiter aus Dürers Holzschnitt durch die Lüfte jagten, als Elend, Krankheit und Tod leibhaftig durch Dörfer und Städte gingen, als an Hexen und Teufel nicht nur geglaubt, sondern deren vermeintliche Untaten auch erlebt wurden, hatten die Menschen Gründe genug, das eigene Leben unter den Schutz der Allmacht Gottes zu stellen.

Wenn Unwetter, Misswachs und Hungersnöte, Viehseuchen und das große Sterben über das Land hereinbrachen, schlugen sie gleichermaßen Gerechte wie Ungerechte Es galt daher, die Schicksalsgemeinschaft der Dorf- und Stadtbewohner vor diesen Gefahren zu bewahren. Gebete zur Schutzmantel-Madonna, zu den 14 Nothelfern – wie noch heute auf dem Kreuzweg zu deren Kapelle bei Königsbach – und zu vielen anderen Fürbittern in Notzeiten waren den nüchternen Bauern zu wenig. Sie wollten dem Unheil den Zutritt zur Mur und dem Dorf verwehren. Wie tief die Frömmigkeit dort verwurzelt ist, geht aus der gerade am 1. Januar vom Königsbacher Dorfplatz aus durchgeführten Gedächtniswanderung zum auf dem Kirchberg südlich der Kapelle stehenden Wendekreuz hervor, das auf Beschluss des Gemeinderats vor 100 Jahren als Protest gegen die Irreligiosität errichtet und durch den Ortsbeirat und freiwillige Helfer restauriert worden war.

Bannmeilen und Grenzzeichen
Man errichtete Bannmeilen und stellte Grenzmarken auf, meistens in der Form des griechischen Kreuzes – ein Zeichen, das man seit alters her als unverletzlich kannte. Damit waren die bösen Geister gebannt, welche sich auf den Grenzen tummelten. An den Straßenkreuzungen waren diese Unwesen besonders gefährlich. So bediente man sich dort größerer und wuchtigerer Male, damit das Böse, das von außen kam, nicht eindringen konnte.

Später kam das kleine Kreuz als Sühne- und Erinnerungsmal. Ab dem 15. Jahrhundert wurden wuchtige Bildstöcke dem Bösen als Abwehrkraft entgegen gestellt. In der Flur setzte man schon früh einem verunglückten oder ermordeten Menschen ein kleines Kreuz zur Andacht und als Sühne, für den andächtigen Reisenden einen kleinen Bildstock oder ein Kruzifix zur Fürbitte um einen gefahrlosen Weg.

Dabei war die Heilswirkung nicht unbedingt an das Kreuz gebunden. Am Bildbaum tut's und das schon seit 1907, 1967 renoviert und 1999 von Erich Knoll auf seinem alten Unterbau erneuert – auch ein Muttergottesbild. Das in seiner Erstfassung „Madonna mit der Singdrossel" von Heinz Schistl, Würzburg, stammende und am Stamm einer Kiefer befestigte Gnadenbild ist seit 1973 im Besitz und m der Obhut des Pfälzerwald-Vereins Hambach. Im Bergsteinzimmer seiner fünf Minuten entfernten Hütte auf dem Hohen Loog hängt davon eine Ablichtung mit erläuterndem Text.

Lambertskreuz - Grenzmal des Limburger Walds

Einige wenige von den vielen Kreuzen und Bildstöcken, die in Urkunden unserer Gegend genannt werden, haben sich über die Jahrhunderte einige erhalten. Die meisten sind dem Bildersturm nach der Reformation zum Opfer gefallen. Auch das Kreuz hinter dem Anwesen Welker, das dem Lambrechter Kreuzberg zu seinem Namen verhalf, gibt es längst nicht mehr. Wohl aber das Lambertskreuz. Aber auch es war zerstört, verschüttet oder vergraben, wurde 1905 vom neu gegründeten Pfälzerwald-Verein wieder aufgestellt. Es ist das kleinste und zugleich älteste erhaltene Flurkreuz in der Pfalz. In der Limburger Rotel wird es 1281 St. Lamprechts Kreuz genannt. Dazu heißt es dort: "Das Kloster Seebach hat sich zu beholzigen obwendig St. Lamprechts kreuz und nicht unterhalb St. Lamprechts kreuz." Es steht an einer sehr alten Straße, die das Neustadt-Lambrechter Tal mit der Vorderpfalz verbindet und war allezeit Hoheits- und Grenzmal der Abtei Limburg und deren Waldgebiets. Als Zeichen der Grenze befindet sich - noch vor Jahrzehnten deutlicher, heute kaum noch sichtbar - ein Abtstab in Form einer Lampe auf dem Stein, ganz so, wie er im 13. Jahrhundert üblich war. Dabei befand sich bei seiner Wiederentdeckung das Jesuiten-Monogramm IHS.

Jägerkreuz bei Battenberg

Das jüngste Kreuz dieser Art, das Jägerkreuz, steht an einem Waldweg am Südhang des Harzweiler Kopfes bei Battenberg. Anders als das Grenzmal Lambertskreuz ist dies ein Sühnemal und erinnert an einen Mord. Darüber informiert die Inschrift auf dem Kreuzbalken: "1702 IST HIER ERSCHOSSEN WORDEN DER EHRSAME ADOLFEN FENOLET JEGER ZU BATTENBERG DESSEN SEL IN FRIEDE RUHE AMEN". Was hatte sich zugetragen? Der allgemeine Bericht besagt, dass der leiningische Förster Fenolet seinen Forstknecht Lorenz Freymut prüfen wollte und ihm erzählt habe, dass an diesem Ort, an dem heute das Kreuz steht, ein unwahrscheinlich großes Wildschwein umgehe. Er, Freymut, solle sich bemühen es zu erlegen. Fenolet habe sich versteckt, um abzuwarten, was geschieht. Als Freymut ankam, habe der Förster den Keiler so naturgetreu nachgeahmt, dass Freymut aus lauter Angst geschossen und den Förster mit neun Kugeln getötet habe. Neun Bleikugeln, später Roller genannt, im Vorderlader waren für die Wildschweinjagd üblich.

Der Volksmund, der oft alles besser weiß, kennt eine andere Version des Geschehens: Der Forstgehilfe Freymut hatte eine bild-saubere Frau, und Fenolet stellte ihr auf Schritt und Tritt nach. Als Freymut den Braten roch, kam es zum heftigen Streit zwischen den Konkurrenten. Bei der nächsten Jagd, zu der Freymuth verpflichtet war, ahnte der Jäger nichts Gutes und begab sich deshalb viel früher zum vereinbarten Treffpunkt. Als Fenolet sich anschlich, habe Freymuth ihn kurzerhand erschossen. Zur Strafe musste er dieses Sühnekreuz errichten lassen, heißt es.

Bildstöcke

Zur Gruppe der religiösen Flurdenkmale zählen die Bildstöcke. Ihr Aussehen ist sehr vielfältig, aber eines haben sie gemeinsam. Sie stehen an Straßenkreuzungen oder -gabelungen. Zu den wenigen Standort-Ausnahmen gehört das Studerbild an der "Weinspange" zwischen Totenkopf und Spangenberg, wo im Mittelalter der Weinweg verlief. Es wurde 1769 zum Gedenken an einen gewissen "H. Sch." errichtet und wird von Diedesfeld aus bis in unsere Zeit in Stand und in Ehren gehalten. Sein Name wird auf die Pferdehaltung der Speyerer Fürstbischöfe im 16. und 17. Jahrhundert bei der nahen Burg Spangenberg zurückgeführt. Mit dem Bildstock verbunden ist die (von Heinrich Kohl und Fred Weinmann kolportierte) Erzählung, dass nach der Schlacht am Schänzel 1794 ins Elmsteiner Tal flüchtende Preußen ihre Kriegskasse vergraben gehabt hätten. Jahre später, so erzählt man sich, sei in Diedesfeld ein preußischer Offizier aufgetaucht, habe sich erkundigt und zum Bildstock führen lassen und seinen Führer dort entlohnt und entlassen. Nach einigen Tagen habe man den Stock umgestürzt und dabei eine ausgeräumte Grube vorgefunden.

Das in den Haingeraiden zwischen dem Lambrechter Naturfreundehaus und der Walsheimer Hütte an der uralten Hochstraße stehende Kieselecker Bild hingegen erhebt sich über eine Wege-Gabelung. Es ist in jüngster Zeit durch die Gemeinde Hainfeld erneuert worden; der alte Sockel liegt knapp neben dem Weg im Gestrüpp. In dieser Tradition steht auch der Bildbaum zwischen der Hohen Loog und dem Hahnenschritt - ein gerade erst 1999 von der Hambacher Ortsgruppe des Pfälzerwald-Vereins auf seinem ursprünglichen Aufbau erneuertes Muttergottes-Bildnis in einer freistehenden Eiche unmittelbar inmitten einer Wegekreuzung neben einer alten Grenzplatte. Es wird von der Hambacher Ortsgruppe des Pfälzerwald-Vereins erhalten. Im Nebenzimmer "Bergsteinstube" in der Hohe-Loog-Hütte hängt sein Bildnis an der Wand, und auf dessen Rückseite wird die Geschichte des Bildbaums erläutert.

Zwei ganz besonders schön gestaltete Bildstöcke aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts stammen wohl aus ein und derselben Werkstatt. Beide stehen noch an ihren alten Standorten an der Straßengabelung Ungstein-Kallstadt bei Freinsheim der eine (es wird das "Schwarze Kreuz") genannt, in Deidesheim der andere. Wann der bei Freinsheim gesetzt wurde, ist nicht bekannt. Aber er dürfte der ältere sein; denn seine Figuren tragen noch die alte Wollkleidung. Der andere ist 1431 von einer Frau namens Odenwald gestiftet worden. Seine Figuren tragen bereits Tuchkleidung. Beide gehören zu den apotropäischen Denkmalen, sollten Unheil, das über die Straßen kam, von der Stadt abhalten. Im Falle Freinsheim sorgte ein merowingischer Friedhof für zusätzliche Unruhe. Ihn selbst hat man zwar erst um 1900 wieder entdeckt. Aber der Ort war, das wusste man unheimlich. Nicht umsonst ging in seinem Bannkreis das Drückemännchen um, das sich dem nächtlich Reisenden auf den Rücken setzte und sich von ihm, immer schwerer werdend, bis zur Banngrenze tragen ließ. Den Fremden in den umliegenden Dörfern empfahl man, die Stelle sehr schnell zu passieren, sich dabei aber nicht umzuschauen.

Ein Wetterkreuz

Zur Lenkung des Wetters, gegen Sturm, Hagel und Wolkenbrüche hat man im ausgehenden Mittelalter Abwehr-Maßnahmen getroffen, indem man so genannte Wetterkreuze in lateinischer Form aufrichtete. Auf den Kreuzbalken wurden nicht selten Jesus, Maria und die vier Evangelisten gebeten, alles Unheil von der Region abzuhalten. Die bekanntesten Wetterkreuze unserer Gegend findet man über Diedesfeld und Burrweiler. Auch das Sühnekreuz über Hambach war ursprünglich ein Wetterkreuz.

Das in der Weinbergsflur zwischen Wachenheim und Bad Dürkheim knapp östlich des Mundhardter Hofs stehende ist weniger bekannt. Es ist 1513 von einer gläubigen Wachenheimer Bauernschaft dort aufgestellt, 1522 bereits renoviert, sein Standort dokumentiert worden: "Das Wetterkreuz steht auf dem Bergelchen." Zusätzlich brachte man damals auf dem Kreuzbalken eine Inschrift an, die Jesus, Maria und die Evangelisten zu Hilfe ruft: "sanct hannes o ihesum, maria behid us, sä lucas sanctmarkus, sanct matheus, 1513." Auf dem Schaft ist zusätzlich als Steinmetzzeichen ein Spitzmeißel, Gelbe Rübe genannt, verewigt. 1945 ist durch Kriegseinwirkung der obere Teil abgetrennt worden. Der Drachenfelsclub hat ihn 1952 samt Inschrift erneuert und den alten Aufsatz ins Museum nach Bad Dürkheim gegeben. Nachdem man dort in Erfahrung gebracht hatte, welche Bewandtnis es mit dem Stein hat, hat ihn die Museumsgesellschaft 1991 dem Förderkreis Michelskapelle gegeben. Der städtische Bauhof stellte das alte Oberteil dort auf einen neuen Schaft. So kommt es, dass ein Teil des alten Wetterkreuzes vom Mundhardterhof nun bei der Michelskapelle steht, der andere dort verblieben ist.
(Heimatjahrbuch 2003, Landkreis Bad Dürkheim, S.223-227)

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Sühnekreuze & Mordsteine