Deutschland Rheinland-Pfalz Lkr. Germersheim

Leimersheim

PLZ: 76774

GPS: N 49° 07,646', O 8° 20,625'

Standort: Auf dem Friedhof, vor der Leichenhalle.

Größe / Material: Kreuz 350:130:? auf Sockel 150 hoch / Sandstein

Geschichte: Bis 1949 stand das Kreuz auf dem alten Friedhof an der Straße nach Neupotz - heute mit Wohnhäusern bebaut. Als Hersteller wird Meister Heiß aus Altenstadt genannt - nach anderer Quelle Clausonnet aus Landau.
Der untere Teil des Kreuzstammes wurde erneuert, die Füße des etwa lebensgroßen Corpus ruhen auf einer Konsole mit einem Engelsköpfchen. Vor dem Kreuz steht die trauernde Maria (oder) Magdalena.
Der Text vorn am Sockel:
ICH BIN DIE AUFERSTEHUNG
UND DAS LEBEN
WER AN MICH
GLAUBT DER WIRD LEBEN
WEN ER AUCH SCHON GESTOR
BEN IST. IOH. XI 25
WIE ALLE DURCH ADAM STERBEN
SO WERDEN ALLE DURCH CHRI-
STUM WIEDER LEBENDIG WERDEN.
I. COR. XV 22
Der Text rechts am Sockel:
AUS LIEB UND ANDACHT
UNSERS HERRN IESU
CHRISTI HABEN DIESES
KREVTZ AVFRICHTEN
LASSEN. P•LESCH
I•WESCHLER •I•P•KUHN
I•SCHART• HP•MULER • PH•I LESCH • I•ZIMMER • P SCHAF
M•HEIT• I•HEIT• A•LESCH
G•A•SCHAF• PH•A•GEIGER
18O11
Die Schreibweise der Inschrift lässt mehrere Lesarten offen:
1. Das Kreuz wurde nach dem Mord an einem Zöllner 1811 errichtet (vgl. Weinmann, Kultmale 1975, S.48-50)
2. Es wurde 1801 hergestellt, um die Freundschaft und Schicksalsgemeinschaft der Schmuggler zu besiegeln; die Inschrift wurde in 1800 + römisch 2 verändert, da sich die Aufstellung verzögerte.
3. Unter dem Eindruck des Mordes wurde die Jahreszahl 1801 in 1811 verändert.

Sage: In der Nähe des Fischmals befand sich früher ein Steinkreuz, auf dem ein Fisch abgebildet war.

Quellen und Literatur:
Weinmann, Fred - Das Schmugglerkreuz in Leimersheim, in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.48-50 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122. Jg., Nr. 24 - S.737, 11.6.72
Helmut Seebach / Rolf Übel - Vom tragischen Ende einer Schmugglerbande aus Leimersheim 1811, in: Zur Geschichte der Südpfalz, Bd. 2, Mainz-Gonsenheim 2006, S.30–48
Tod durch Guillotine wegen Rheinschmuggels, in: Die Rheinpfalz, Seite Germersheim, 28.7.2007
Kuhn, Anton - Die Schmuggleraffäre zu Leimersheim, Hrsg: Gemeinde Leimersheim, 2011
recherchiert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach
aktuelle Aufnahme von Franz Pfadt, Leimersheim



Zur Sühne für einen erschossenen Zöllner
Das Schmugglerkreuz in Leimersheim
von Fred Weinmann

Mitten im Friedhof in Leimersheim erhebt sich ein hohes Kruzifix, das seine Entstehung einem schicksalsschweren Ereignis verdankt. Unter dem Kreuz steht auf dem Tischsockel die trauernde Mutter des Herrn. Neben den Schrifttexten auf der Vorderseite füllen zwölf Stifternamen die Seitenflächen des Sockels. Sie sind heute kaum mehr zu entziffern. Die Weihe dieses Kreuzes war für den damaligen Ortspfarrer im Jahre 1811 kein erhebendes Ereignis. Das Kreuz war mit einer Tragik belastet, die den Bewohnern des Rheindorfes erst später bekannt wurde; denn der Pfarrer hatte den Stiftern strengstes Stillschweigen gelobt.

Unsere Heimat war vom Jahre 1798 bis 1814 mit dem linken Rheinufer Frankreich einverleibt worden. Der Rhein, der nun Deutschlands Grenze bildete, war zur Zollgrenze geworden. Das verleitete so manchen Leimersheimer zum Schmuggel. Die Fischer kannten ja den Rhein und seine vielverzweigten Nebenarme. Die Franzosen, die von diesem Schmugglerunwesen erfuhren, verstärkten im Jahre 1810 die Zollgardisten durch Soldaten.

Eines Nachts wurden die Schmuggler, die bewaffnet waren, mit einer größeren Ladung Leinsamen von den französischen Zöllnern gestellt. Es kam zu einem Schußwechsel von Boot zu Boot, bei dem ein französischer Zöllner, von der Kugel eines Leimersheimers getroffen, sein Leben lassen mußte, wie die Ortsgeschichte berichtet.

Die Schmuggler, die entkamen, waren die zwölf, deren Namen auf dem Kreuzsockel eingemeißelt stehen. Sie stifteten das Mal als Sühne für den getöteten Gardisten, zugleich aber auch als Dank für ihre eigene Rettung. Sie gelobten zugleich dem Schmugglerunwesen zu entsagen.

Die Geliebte eines dieser Männer erfuhr durch ihren Freund von dieser Geschichte. Doch als der sie dann betrog, verriet sie den Franzosen ihr Geheimnis. Die Männer - ihre Namen standen ja auf dem Kreuz - wurden verhaftet und nach Straßburg gebracht, wo einer infolge der erlittenen Qualen im Gefängnis starb. Ein anderer nahm, um seine Freunde zu entlasten, die Schuld auf sich. Er wurde im Jahre 1812 durch das Fallbeil hingerichtet, die übrigen zu mehrjährigen Kettenstrafen verurteilt. Sie wurden aber in den Befreiungskriegen beim Einmarsch der österreichischen Truppen in Straßburg 1814 auf freien Fuß gesetzt.

Das sogenannte Schmugglerkreuz, das bis zum Jahre 1949 auf dem alten Friedhof stand, ist demnach das Kreuz einer religiösen Sühne, zugleich aber auch ein Zeichen der Erinnerung an die tragische Geschichte unserer Heimat.
(Fred Weinmann, in: Kultmale der Pfalz, Pilger-Verlag Speyer 1975, S.48-50 = Kultmale unserer Heimat, in: Der Pilger, 122. Jg., Nr. 24 - S.737, 11.6.72)


Sühnekreuze & Mordsteine