Deutschland Mecklenburg-Vorpommern Lkr. Uecker-Randow

Pasewalk


Zustand 2012
Fotos: Gerth

Abbildungen bei
Lemcke (1899)

PLZ: 17309

GPS:

Standort: Auf dem Kirchhof der St. Marien Kirche.

Größe / Material: 190:65:17 / Muschelkalk

Geschichte: Auf der Abbildung bei Lemcke (1899), ist das Wappen für das Foto falsch retuschiert wurden: Die Dolche müssen schräg sein, da das Wappen schräg gestellt ist. Es ist anzunehmen, dass dieses Wappen nicht das Wappen des Ermordeten darstellt, sondern das des Spenders des Pasewalker Sühnekreuzes. Denn derartige Steine aus Muschelkalk waren sehr wertvoll, sie stammten aus Gotland / Schweden und mußten über die Ostsee transportiert werden.

   Mordkreuz (Fig.34), 2m hoch, aus Schwedenstein, auf dem Marienkirchhofe. Auf der einen Seite ein Crucifixus, auf der andern ein liegender Dreieckschild mit Helmzier und drei mit der Spitze nach unten gerichteten und vereinigten Schwertern, dem Wappen der Familie Lintstede, die um 1400 in der Umgegend von Pasewalk reich begütert war und in mannigfachen Beziehungen zu der Stadt gestanden hat. Eine Inschrift ist nicht vorhanden ausser dem INRI in gothischen Majuskeln über dem Crucifixus. Der geschichtliche Vorgang, auf den sich das Kreuz bezieht, ist nicht bekannt. Die Vermuthung, dass es errichtet sei aus Anlass der Ermordung des Priesters Zabel Schünemann, der 1367 von den Bürgern Pasewalks erschlagen und am Pranger verbrannt ist, dürfte kaum zutreffen, da ihr das Wappen widerspricht. Immerhin ist das Kreuz als ein "Mordkreuz", d.h. zur Sühne eines Todschlages errichtet, anzusehen und kann nach der Form und Zeichnung des Wappens und des Crucifixus auf der Rückseite sehr wohl in das 14.Jahrhundert gehören. (Lemcke 1899)

Sage:

Quellen und Literatur:
Lemcke, Hugo - Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin, Heft II: Der Kreis Anklam, Stettin 1899, S.311-312
Pasewalk - Das Mordkreuz an der St. Marien Kirche, in: Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart, o.J.
Schoknecht, Ulrich - Aus der Arbeit im Bezirk Neubrandenburg 1968/69. Erfassung der Steinkreuze, in: Deutscher Kulturbund Neubrandenburg. Bezirkskommission Natur und Heimat. Mitteilungen des Bezirksausschusses für Ur- und Frühgeschichte, Nr.16, 1969
recherchiert und bebildert von: Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V. (Foto von 2005)
Ergänzungen von Sven Gerth, Meerane (Fotos vom 21.05.2012)



Das Mordkreuz an der St. Marien Kirche
Vorsicht hier geht es kriminell zu
Auch Pasewalk bietet Stoff für einen Krimi

Bis zur Sprengung des Restturmes nach dem Einsturz 1984 stand auf dem Kirchplatz von St. Marien ein Steinkreuz. Bei der Beräumung des Schuttes wurde dieses geborgen und dort gelagert. Im Zusammenhang mit einer Neugestaltung des Platzes geriet das als Mordkreuz bekannte Denkmal in den Mittelpunkt von Diskussionen.
Das Mord- und Sühnekreuz stammt aus dem 14. Jahrhundert. Steinkreuze dieser Art dienten im Mittelalter u.a. zur Kennzeichnung von Stellen, an denen ein Mensch durch Mörderhand starb. Sie sind als stumme Zeugen einer Gewalttat gleichzeitig auch Zeugen früherer Vergeltungsauffassungen. Als die Kirche anstelle der Blutrache die Sühne einführte, konnte ein Mörder durch Zahlung von Geld an die Hinterbliebenen seine Tat sühnen. Besonders bei der Ermordung von Adeligen oder angesehenen Personen war damit manchmal die Errichtung eines Steines oder Kreuzes verbunden. Dieser oder dieses sollte Vorübergehende dazu anregen, für das Seelenheil des Ermordeten zu beten. Zunächst wurde als Erinnerung bei Adligen das Familienwappen eingemeißelt. Namen und Jahreszahlen kamen später hinzu. Diese Art der Sühne war bis 1532 mit der Einführung eines Strafgesetzes üblich. Somit stellt das Pasewalker Steinkreuz eventuell ein Denkmal mittelalterlicher Rechtssprechung dar.
Das Denkmal weist uns auf seine mögliche Herkunft hin: Wahrend die Rückseite ein großes Kruzifix trägt ziert die Vorderseite ein Wappen. Es stellt einen schräggestellten Schild mit drei Schwertern oder Dolchen dar. Darüber befindet sich ein Helm mit zurückgezogener Feder. Bei diesem Wappen handelt es sich eindeutig um das Familienwappen der Ritter von Linstedt (Lindstete). Diesem Geschlecht gehörten in der Umgebung von Pasewalk mehrere Dörfer. Die Familie Linstedt starb 1738 aus. Geblieben ist nur ihr Wappen auf dem Steinkreuz an der Marien-Kirche. Weder der Anlass noch das Jahr der Errichtung sind bekannt

Neben dem Pasewalker Kreuz gibt es ähnliche Denkmale in weiteren Orten unseres Gebietes. Ihre Bedeutung ist nicht nur als Sühne- oder Mordstein zu sehen. Sie wurden auch aus anderen Gründen errichtet. Beim Pasewalker Steinkreuz bleibt der historische Hintergrund im Verborgenen. Die Vermutung liegt nahe, dass ein Mitglied der Familie Linstedt getötet und das Kreuz als Sühne aufgestellt wurde. Zurück bleibt ein 2m hohes Steinkreuz als wahrscheinlich ältestes Denkmal der Stadtgeschichte.
(Pasewalk - Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart)


Sühnekreuze & Mordsteine