Lunden (I / II)


Erläuterungstafel
am Denkstein

Detail der Inschrift
auf der Vorderseite

Detail Bildrelief

Inschrif auf
der Rückseite

Erläuterungstafel
am Grabstein

der Grabstein
des Peter Swyn

Abbildung bei
Nordmark (1935)

PLZ:

GPS:

Standort: Auf dem Lundener Geschlechterfriedhof.

Größe / Material: 200:56:? / Sandstein

Geschichte: Die Begebenheiten im Jahre 1537 dokumentieren insgesamt 3 Steine. Die "Stele des Peter Swyn" (ein Denkstein, oft auch als "Sühnestein" bezeichnet), der Grabstein des Peter Swyn (unmittelbar vor der Denkstein) und ein in Lehe direkt am Bahnübergang ("Goosweg") stehender Stein, der die Mordstelle bezeichnet.
Auf der Erläuterungstafel zum Denkstein ist zu lesen:
Der Sühnestein des Peter Swyn
Am Kreuzweg im Lundener Moor stand dieser Stein lange Jahre, um an die Bluttat zu erinnern, der Peter Swyn 1537 an jener Stelle zum Opfer fiel. Als einflussreicher Politiker hatte Swyn die Aufhebung von Blutrache und Meineid unterstützt. Auch war es seine Absicht, wegen wachsender außenpolitischer Bedrohung die Steuern zu erhöhen. Beides trug ihm den Hass der rivalisierenden Russebolingmannen ein, die ihn auf dem Rückweg von einer Kirchspielsversammlung heimtückisch ermorden ließen. Wie dies geschah, ist auf dem unteren Teil der Stele dargestellt: Ein bewaffneter Mann hat sein Opfer vom Pferd gerissen und holt mit einem Dolch weit aus, um den am Boden liegenden Regenten der Dithmarscher Bauernrepublik zu erstechen.
Die Mörder Peter Swyns wurden gefasst und hingerichtet, die Anstifter des Mordes allerdings sollen aus dem Lande geflohen sein.

Auf der Erläuterungstafel zum Grabstein ist zu lesen:
Der "Vater des Vaterlandes"
ANNO CHRISTI / MDXXXVII AM DAGE MARIE HEMELVART / DEN XV AVGVSTI IS / HIR PETER SVIIN BEGRAVEN WORDEN. PATER PATRIAE / H.S.E.
Dies ist der eigentliche Grabstein von Peter Swyn, der ursprünglich an einem anderen Platz lag. Welche Verehrung er in Dithmarschen genossen hat, lässt sich an der Inschrift "pater patriae" ablesen - "Vater des Vaterlandes" - eine Bezeichnung, die üblicherweise für Fürsten verwendet wurde. In der Schlacht bei Hemmingstedt erbeutete Peter Swyn ein kostbares Ritterwams aus Samt und Seide, dies trug er fortan zu seinen weiten Leinenhosen. Als sich hochmütige Hofleute darüber lustig machten, antwortete er ihnen selbstbewusst, das Wams trage er als Landesherr, die selbstgewebten Hosen als Bauer. Die Buchstaben H.S.E. kürzen das Lateinische "heredes sui erexerunt" ab, was bedeutet: "Seine Erben haben es (das Grabmal) errichtet." Auf seinem eigenen Schiff war Peter Swyn 1522 zu einer Wallfahrt nach Santiago de Compostela ans Grab des Heiligen Jakobus aufgebrochen, um für seine Beteiligung an einer blutigen Fehde, bei der einem Priester ein Bein abgeschossen worden war, zu büßen.


Die hohe Stele des Peter Swyn - eine der bekanntesten Persönlichkeiten der Bauernrepublik - aus dem Wurtemannengeschlecht. Das Kreuzigungsrelief zeigt seine Ermordung im Jahr 1537: Swyn war regierender Herr im 48er Kollegium und hatte die Aufgabe, den umstrittenen Beschluß der Landesversammlung zur Abschaffung von Blutrache und Eideshilfe auf den Kirchhöfen zu verkünden. In diesem Beschluß sahen viele eine Schwächung der Geschlechterverbände. Angehörige des rivalisierenden Russebolingmannen-Geschlechts erschlugen ihn, als er von einer Kirchspielsversammlung nach Hause ritt.
Die Grabstele zeigt, wie sich ein Mann mit Dolch in der Hand über den am Boden liegenden feinen Herrn in Stiefeln und Rockschößen beugt. Dieses Grab zeugt neben der Mordtat noch von dem hohen Ansehen, das Peter Swyn inne hatte: "Wie ein Fürst" wurde er pater patriae - Vater des Vaterlandes - genannt, ein Titel den auch "der mächtigste der Scaligerfürsten in Verona trug".

Zur Pferde-Darstellung:
Nur "Machthaber", Fürsten und Ritter kämpften zu Pferde. Für die Bauern und übrigens auch für die Landsleute war das Pferd Arbeitstier, Verkehrsmittel und ziviles Statussymbol. Wir haben dafür ein klassisches Zeugnis im Sühnestein für Peter Swin auf dem Lundener Friedhof vom Jahre 1537. Dargestellt ist die Ermordung der bäuerlichen "Regenten" aus Dithmarschen. Über der Szene, die ihn am Boden liegend zeigt, steht ein gesatteltes, reiterloses Pferd: Symbol für den Tod eines prominenten Mannes. Der historische Hintergrund des Bildes beweist, daß wenigstens bei den führenden Bauern humanistische Bildung nicht unbekannt war. Das gesattelte, reiterlose Pferd wurde nämlich in der Antike bei toten römischen Kaisern im Trauerzug mitgeführt. Ähnlich sind wohl Funde in vorgeschichtlichen Gräbern zu verstehen.

   [...] Viel bekannter ist aber der jetzt auf dem Lundener Kirchhof befindliche Gedenkstein, der an die Ermordung des bekannten Achtundvierzigers Peter Svin erinnert; es sind eigentlich zwei Steine, die an ihn erinnern; der eine Stein ist offenbar der eigentliche Grabstein, denn auf demselben steht die Inschrift: "Ao Christi 1537 am Tage Marie Hemelvart den XV August is hir Peter Sviin begraven worden." Der andere Stein wird aber, da man doch nicht zwei Steine auf einem und demselben Grabe anbringt, ursprünglich anderswo gestanden haben, und zwar da, wo Peter Svin ermordet worden, und wo jetzt noch ein roher Granitblock - ohne Inschrift - daran erinnert. Dieser 2m hohe und 0,56m breite Sandstein zeigt in einem Bogenfeld das Bild des Gekreuzigten, darunter die Jahreszahl 1537 und die Darstellung der Ermordung; man sieht Peter Svin am Boden liegen und den barfüßigen, mit weiten Hosen bekleideten Mörder auf ihm knien und mit einem Dolch oder Messer zum Todesstoß ausholen. Das Pferd des Ermordeten steht daneben. Darunter befindet sich das Svin’sche Wappen und eine Hausmarke. Die Minuskelinschrift am Kopfende des Steines lautet: "Anno 1537 am avent Marie Hemelvart is hir erbarmlik to dode ghebrocht de hochlobliche Peter Sviin, olt … Jar." Die Inschrift auf der Rückseite des Steines ist jetzt auch entziffert worden:

"Och hir is ungitlick (?) vormordet de erbar Peter Svin,
Deme Got de Here gnedich wil sin.
He is dyssem Lande so ratlick truwe gewesen,
Alse bi velen Heren, Steden, Landen uterlesen.
De vriheit dysses Landes so vri bewart.
Darumme liff un levent nicht gespart.
Dar nu gut ditmersche is, de beruwet sick
Disses Mordes, dat is ghewes!"


(Rolfs 1923)

Sage:

Quellen und Literatur:
Rolfs, C. - Martelkreuze (Sühnesteine) in Dithmarschen, in: Nordelbingen I, 1923, S.161-162
Nordmark, Hans von der - Auf deutscher Scholle, Sammelbildalbum von 1935, S.7
Reise in die Geschichte. Schauplätze der Vergangenheit. Schleswig-Holstein, Hamburg, Dortmund 1994, S.77-78
Landeck, Horst-Dieter - Steine • Gräber • Kultplätze, Heide 2003, S.52-57
Wikipedia - Peter Swyn
uni-kiel.de - Peter Swyn (1480-1537)
Ergänzungen von Forschungsgruppe Preußische, Mecklenburgische und Anhaltische Meilensteine e.V.
Ergänzungen und aktuelle Aufnahmen von Ingo Laabs, Kiel (Fotos von 2008)



Peter Swyn - Bauer und Staatsmann

Der Geschlechterfriedhof des Kirchspiels im Norden Dithmarschens läßt heute noch ahnen, welchen Einfluß die Lundener Geschlechterverbände einst auf die Politik der freien Bauernrepublik ausgeübt haben. Während der "Letzten Fehde" 1559, die mit dem Verlust der Dithmarscher Freiheit endete, brannten in Lunden 120 Häuser und die Kirche nieder.

Das Grabmal von Peter Swyn auf dem Lundener Geschlechterfriedhof zeigt im Relief seine Ermordung. Der Mörder über ihm holt zum tödlichen Dolchstoß aus

Der um 1481 in Lehe bei Lunden als Sohn wohlhabender Bauersleute geborene Peter Swyn gehört zu den berühmtesten Dithmarschern und genoß als Mitglied der "Achtundvierziger" bei seinen Landsleuten hohes Ansehen. Er war Bauer, Vieh- und Getreidehändler sowie Schiffseigner und ein ebenso kluger wie unerschrockener Staatsmann, der keinem Streit aus dem Wege ging - ein echter Dithmarscher! In der Schlacht bei Hemmingstedt 1500 erbeutete Peter Swyn ein kostbares Ritterwams aus Samt und Seide, dies trug er fortan zu seinen weiten Leinenhosen, Als sich einmal hochmütige Hofleute darüber lustig machten, antwortete er ihnen selbstbewußt, das Wams trage er als Landesherr, die selbstgewebten Hosen als Bauer.
Das Wirken Peter Swyns als "ungekrönter Regent" Dithmarschens erwies sich auch für Lunden segensreich, u.a. wurde hier 1517 ein Kloster gegründet und 1520 mit der Hanse ein Schutz- und Trutzbündnis abgeschlossen.
Um die Ehre eines Mädchens aus Lunden ging es 1508 bei dem Scharmützel von Hemme, wobei ein Priester zu Tode kam. Peter Swyn als Anführer der Lundener übernahm die Verantwortung und litt lange unter dieser Missetat. Schließlich kaufte er sich 1516 durch Ablaßbriefe von den begangenen - und zukünftigen - Sünden frei. Um ganz sicherzugehen, unternahm er 1522 noch eine Wallfahrt nach Santiago de Compostela. Mit dem eigenen Schiff natürlich, dessen Getreideladung nebenbei in Spanien an den Mann gebracht wurde, und auch die Rückfracht brachte einigen Gewinn - neben dem immerwährenden Ablaß.
Am 14. August 1537 wurde Peter Swyn von drei entlaufenen Sträflingen, die er vorher hatte einkerkern lassen, auf seinem Acker ermordet. Die hinterlistigen Mörder hatten nach anfänglichem Leugnen die Bluttat zugegeben und endeten am Galgen vor der Hamme. Er wurde feierlich auf dem Lundener Friedhof beigesetzt, und die Grabinschrift bezeichnet ihn als "Vater des Vaterlandes". An dieses stolze Bauerngeschlecht erinnern noch der "Swynsche Pesel" im Dithmarscher Landesmuseum Meldorf und der Peter-Swyn-Gedenkstein am Goosweg in Lehe.
(Quelle: "Reise in die Geschichte. Schauplätze der Vergangenheit. Schleswig-Holstein, Hamburg", Dortmund 1994, S.77-78)


Sühnekreuze & Mordsteine