Heide (I)


Blick zum Standort

Detail der
Mordszene

Abbildung bei
Möller (1942)

Zeichnung bei
Rolfs (1923)

PLZ:

GPS:

Standort: An der Kirche am Markt in Heide.

Größe / Material: 210:142:? / Sandstein

Geschichte: Benennung: "Frens-Stein" (Sühnestein von 1567).

12. Grabplatte in Heide
   An der Südseite der Kirche in Heide liegt eine große Sandsteinplatte - Größe 2,10mx1,42m - die in Bild und Wort von einem im Jahre 1567 erfolgten Totschlag berichtet. Der Stein ist erst in neuerer Zeit freigelegt und damit dem Studium zugänglich gemacht worden. Es ist augenscheinlich ein Grabstein, und als solcher gehört er, streng genommen, nicht unter die Dühne- und Erinnerungsmale. Weil er aber von Pastor C. Rolfs, Hoyer, der ihn zuerst in dieser Zeitschrift (Bd.I, 1923, S.162-165) beschrieben hat, in die Reihe der "Martelkreuze (Sühnekreuze) in Dithmarschen" aufgenommen ist und er auch seitdem wohl allgemein als Sühnestein angesprochen wird, kann er hier nicht übergangen werden. Georg Marten beschreibt ihn in seiner "Chronik von Heide" auf S.183.
   Der Stein ist außer durch seine Inschrift besonders bemerkenswert durch seine bildliche Darstellung. Man sieht zwei bärtige, in der Tracht ihrer Zeit mit kurzen, weiten Hosen bekleidete Männer mit Hut und Federbusch dargestellt, von denen der eine dem andern den Dolch in den Hals stößt. Die am Rande des Steines umlaufende Minuskelschrift ist von Rolfs und Marten gleichlautend entziffert worden, nur daß Marten zweimal statt "heft" (bei Rolfs) "hest" liest. Am Sinn ändert das nichts. Die Inschrift lautet:"De den Doth geleden hest (heft), het Johs. Offen Frens, ist olt gewesen --- 25 Jar - im LXVII Jare."
   Beide Männer gehörten zu den angesehensten Familien in Dithmarschen. Rode Marten, dessen Sohn ermordet wurde, wohnte in Rickelshof bei Heide. Sein Name findet sich in der Liste der von Dithmarschen in der letzten Fehde 1559 gestellten Geiseln. Nach dem Wappen auf dem Stein, zwei gekreuzte Anker, gehörte er zum Geschlechte der Woldersmannen. Der Vater des Mörders, Johann Offe, war gleichfalls ein angesehener Mann; er war einer der Kirchenspielvögte in Hennstedt.
   Was Ursache des Mordes gewesen ist, darüber verlautet nichts. Der Stein ist augenscheinlich ein erinnerungsmal. (Möller 1942)

   [...] Ein vierter Stein, der hier in Betracht kommt, ist vor einigen Jahren bei der Kirche in Heide ausgegraben und liegt nun dicht an dem südlich der Kirche vorbeiführenden Fußsteig (s. Abb.). Auf diesem sind zwei Männer abgebildet mit Hut und Federbusch und weiteren Kniehosen, von denen der eine dem andern den Dolch in die Brust stößt. Auf dem Steinliest man - soweit es bisher hat entziffert werden können - in gotischen Minuskeln die folgende Inschrift: De den Doth geleden heft, het mit Namen Rode Martens Frens, de eme den Doth gedan heft, het Johs. Offen Frens, is olt gewesen … 25 Jar – in LXvii Jahre …. Die hier genannten gehören zu den angesehensten Familien in Dithmarschen. Rode Marten, dessen Sohn getötet wurde, wohnte in Rickelshof bei Heide, sein Name findet sich in der Liste der von den Dithmarschern 1559 gestellten Geißeln. Nach dem Wappen auf dem Stein - zwei gekreuzte Anker - gehörte Rode Marten zu dem einflussreichen Geschlecht der Woldersmannen.
   Eine kurze, bisher wohl kaum beachtete Bemerkung bei Neocorus (II, 273) wird durch die Inschrift dieses Steines verständlicher. Danach ist es mit Rode Martens Sohn ähnlich ergangen, wie mit Claus Vagt in Wesselburen. Unter der Überschrift "Wunderliche Straffe" berichtet nämlich Neocorus: Claweß Vaget up den Wehren erstak den Maler, de de Kerke tho Weßlingburen malede, in den luchtern Arm und starff; hernha steket Hinrichs Carstens Hinrich ehn ock in densulven Arm, derwegen Claß Vagt solche rechtverdige Straff erkendt des mottwilligen Dotschlags, unnd gesecht: ick hebbe minen Deel wech, ock solches sinen Bichtvader gebichtet unnd gesecht, he offt unnd veel mal Gott gebeden, ock mankt Korn van sinem Volke gegan, dat Got ehn hir thor Werlt unnd nicht ewigen straffde. Simile Rode Martens Sone." In dem alten Heider Kirchenbuch findet sich eine Vereinbarung zwischen den 24 Männern in Heide und Rode Martens Erben über ein gemauertes Familienbegräbnis auf dem Heider Kirchhof. Dieselbe lautet:

   Tho Wetende sy hiermit Idermänniglich, nachdemme seeligen Rode Martens Eruenn vnd Sohns Kinder Inn Affsteruen eres seligen Grothvadern eine Begreffnus vp den Kerckhaue thor Heide vpmuhren lathen, wor Iegenn sich de Gemenheitt thor Heide etlicher mathenn gesettet vnd solliches nicht gestaden willen, auerst entlich tho gudtlicher Handlung vnd pillich Affdracht gestellet; So hebben sich derowegen ermeldete Rode Martens Sohns Kinder mit dee XXiiij Männern1) vnd den Thogeordenten van den Dorperen2) vorglicket vnd vortragen, also datt se de erffenn sollicher vpgemuhreden Begreffnus halber der Kercken eins vor alle geuen scholenn vnd wollen Einhundert vnd vofftig Marck I. vnd de hinderstelligenn vofftig Marck, wann de Grothe Moder, Rode Martenns Catrine3), mit Dode vorfallen werdt, allewege an barem Gelde ohne einigen fernern Vortoch, Kinder vnd Schadenn, worjegenn se ermeldete Rode Martens Sohns Kind vnd ere eruen solliche Begreffnus erffen na erffenn mit eren Doden gebrucken, ock na Nottorst, so witt vnd brett de itzige Begreffnus iß, desulue buwen vnd to beteren scholen vnnd mogen vnnd achall enen den gedachten erffenn nichtsoweniger allewege de andern gemenen Begreffnussen naberglick buthenn dem gemuhreden Graffe gegonnet vnd nicht geweigert werden vnd iß disser Vordrach demnach vp beider Parths Begehren thor ewigen Gedechtniß In ditt Kercken Bock getekent worden.

Actum den XI Monats Dag May Anno 1590.
Joh. Rassche4), Notarius
manu propria
   Die Familie des Mörders gehörte ebenfalls zu den angesehenen Familien in Dithmarschen. Sein Vater, Johann Offe5), war einer der ersten Kirchenspielsvögte in Hennstedt. Sein Name findet sich neben Carsten Junge, dem Vater des Kanzlers Nicolaus Junge aus Schlichting, unter einer Bauernschaftsbeliebung des Kirchenspiels. Im Jahre 1595 hat er nebst den Ältesten die der Hennstädter Kirche gehörenden Länderein in Tielenhemme6) an Max Spreet und Konsorten für 3200ʥ verkauft. Glücklicherweise wurde dieser kauf auf Antrag des Kiurchenbaumeisters Claus Fehring und des Diakonus Paul Brüggmann von der Gottorfer Regierung wieder rückgängig gemacht. Die Hennstedter Kirche hat aus dem Tielenhemmer Marschland jetzt so viel Einnahme, daß sie vor kurzem in der Presse als eine der reichsten Kirchen bezeichnet werden konnte. Neocorus, der offenbar nicht gut auf den Kirchenspielsvogt zu sprechen war, erzählt, wie er sich im Jahre 1599 mit einer sehr alten, schwer kranken Frau aus Delve verheiratete, um auf solche Weise in den besitz ihres nicht unbedeutenden Vermögens zu gelangen. Er berichtet darüber in folgender Weise: den 31. Martii (1599) leth sick Johan Offe, Carspelvagt tho Henstedt, ein sehr oldes affgelevedes Wiff im Krankenbedde thom Delve geven. Dar mochte men sehn, wat nicht auri sacra fames ded, den de schone Gestalt des Wives konde ehn nicht wol bewegen; tho deme lag se fast dodtkrank, efft nun schone nha Landeßgebruk de Ehe nicht 2 mal von der Cantzel affgekundet, dennoch leth he sick deßulve novo exemplo geven vnnd verehlichen im Krankenbedde, up dat he alß ein Ehman de Giffte deß halven Gudes im Testamente geneten mocht, so sick ungefehr up 1500ʥ erstreckte; averst Gott gaff, it bleff beleven vnnd he moste dato le Wiff nehmen. Neoc. II, 359.
   Der Kirchenspielsvogt muß aber zur Zeit dieser Eheschließung auch selbst schon ziemlich alt gewesen sein, da er zur Zeit des Mordes schon erwachsene Kinder aus erster Ehe hatte.
   Herr Oberregierungsrat Prall in Schleswig hat mich vor Jahren auf diesen Stein, der damals ausgegraben worden und der auch wegen der Trachten der beiden darauf abgebildeten Männer von Interesse ist, aufmerksam gemacht, und Herr Zeichenlehrer Skurla an der Oberrealschule in Heide hat die Freundlichkeit gehabt, mir eine Zeichnung des Steines zu übersenden und mir bei der Entzifferung der Inschrift behilflich zu sein.
   Was die Trachten betrifft, so dürfte es von Interesse sein, was Herr Dr. Stierling, Altona, der beste Kenner dithmarsischer Trachten, dem ein Abzug der beigegebenen Abbildung vorgelegt worden, darüber urteilt: Die beiden Männer tragen das alte formlose Wams und die langen weiten Fischerhosen, wie sie an unserer ganzen Westküste von Urzeiten her üblich waren. Zur Zeit des Neocorus ging man zur spanischen Mode über, behielt jedoch, wie er ausdrücklich hervorhebt, vielfach die alten langen weiten Beinkleider bei. Neocorus sagt (S.129 des Heider Neudrucks): "Averst doch beholden se noch vor sick ehre lange Büxen edder lange Hasen, alß de ehnen am geradesten, am gadelichesten unde am lichtflödigsten sin, datt se in Sommerßtiden keiner Nedderhasen darbi bedarven." (Rolfs 1923)

Sage:

Quellen und Literatur:
Rolfs, C. - Martelkreuze (Sühnesteine) in Dithmarschen, in: Nordelbingen I, 1923, S.161-164
Möller, Theodor - Sühne- und Erinnerungsmale in Schleswig-Holstein, in: Nordelbingen, Bd.17/18, 1942, S.119-121, Nr.12
aktuelle Aufnahmen von Ingo Laabs, Kiel (Fotos von November 2008)



Heide (II)


Blick zum Standort

der Stein soll sen
Standort des
Scheiterhaufens
bezeichnen

der Reformator
Heinrich v. Zütphen
ca. 1489-1524

die Hinrichtung des
Heinrich v. Zütphen
im Jahre 1524

Zütphen-Denkmal
auf dem Friedhof

GPS:

Standort: Auf dem Nordfriedhof, auch Zütphen-Friedhof genannt.

Größe / Material:

Geschichte: Erläuterungstafel: "Der 1825 angelegte Friedhof entstand dort, wo der Überlieferung nach der Reformator Heinrich von Zütphen nach Verschleppung aus Meldorf und Scheinprozess 1524 hingerichtet wurde. Der alte Teil des Friedhofes ist von einer Reihe Linden umgeben und wird von zwei Lindenalleen in vier Bereiche geteilt. Am Kreuzungspunkt der Alleen steht ein Obelisk als Denkmal für Heinrich von Zütphen. In der Nähe stehen ältere Grabsteine sowie ein gespaltener Findling, der angeblich an der Stelle des Scheiterhaufens stehen soll.“ Der Gedenkstein trägt die Inschrift:
HIER STARB
HEINRICH v. ZÜTPHEN
1 5 2 4
DEN MÄRTYTERTOD

[...] Es unternahm nämlich der Dannebrogsmann Herr Hans Hinrich Dithmer auf Reneberg bei Gravenstein die Anfertigung eines passenden Monuments aus Thon, der durch künstliche Bereitung und durch Versetzung mit Cement zu einer Härte und Dauerhaftigkeit verarbeitet wird, daß er nach dem Urtheile Sachverständiger zum Mindesten mit dem Sandstein wetteifernd sich vergleichen kann. [...] Das von Herrn Dithmer mit eben so vielem Fleiße als mit lobenswerther Uneigennützigkeit verfertigte Denkmal besteht nun, nach der auf dem Titelkupfer gegebenen Zeichnung (Fußnote: wir verdanken sie dem Herrn Deichinspektor von Christensen) in einem einfachen Obelisk von 14 Fuß Höhe, welcher auf einem Hügel von reichlich 3 Fuß in der Mitte unseres Begräbnisplatzes errichtet worden ist. Die Hauptseite trägt am unteren Cubus oder dem Sockel die in eine Marmorplatte eingegrabene Inschrift: Dem Glaubenshelden Heinrich von Zütphen der dieses Feld durch sein Blut heiligte Geb. im Jahre 1488 Gest. den 11.Dec. 1524 Ueber derselben folgen zwei Embleme in Marmor gearbeitet (Fußnote: bei der Zeichnung derselben ist der Herr Hofprediger Germar in Augustenburg dem Verfertiger des Monuments behülflich gewesen), zuerst die aus Wolken hervorgehende Sonne, und sodann das eigenthümlich christliche Symbol, ein auf Palmenzweigen stehendes Kreuz, umwunden von einer Schlange. Oben ist diese Seite noch durch einen Eichenkranz und einen Stern geziert, beide ebenfalls in Marmor ausgehauen. Auf der Rückseite trägt der Sockel eine Marmortafel mit der Inschrift: Errichtet von der Heider Gemeine den 25.Juni 1830. Die ganze Arbeit war schon im Herbst des vorigen Jahres vollendet, konnte aber der schlechten Wege halber erst nach Ablauf der Wintermonate transportirt werden, und ich ließ mir diese Zögerung um so viel lieber gefallen, da daß Jubelfest der Augsburgischen Confession eine so passende Veranlassung zur Weihe des Denkmals darbot. (Schetelig 1830)

Sage:

Quellen und Literatur:
Nachricht über das dem Andenken Heinrich's von Zütphen am 25sten Juni 1830 auf dem Heider Begräbnißplatze errichtete Monument. Voran eine Lebensbeschreibung des Märtyrers. Als Beitrag zur Geschichte des Confessions-Jubiläums herausgegeben von Georg Conrad Wilhelm Schetelig, Pastor zu Heide in Norderdithmarschen. Karl Aue, Altona 1830, S.21-24
recherchiert und bebildert von Ingo Laabs, Kiel (Fotos von Januar 2009)


Sühnekreuze & Mordsteine