Deutschland Hessen Odenwaldkreis

Bullau / OT von Erbach


Zustand 2015
Fotos: Röske

Blick zum Standort

die andere Seite

der neugesetzte
Bildstock mit
ergänztem Schaft

Bildnische

Baumstumpf mit
orig. Schaftrest
Fotos: Röske (2014)

Zustand 2005
Foto: Wild

Zustand 1977
Foto: Wild

PLZ: 64711

GPS: N 49° 37,257', O 9° 2,302'

Standort: Ca. 1,5km nordwestlich von Bullau an der alten Bullauer Straße (am alten Höhenweg nach Würzberg), die von Bullau nach Erlenbach führt und zugleich als alter Pilgerweg des Odenwaldes nach Walldürn anzusehen ist.

Größe / Material: (soweit sichtbar) 145:46:28 / roter Sandstein

Geschichte: Mittlerweile wurde eine kleine Kapelle als Oktogon um das Bild herum gebaut. Auf der Erläuterungstafel ist zu lesen:
[...] Der Bildstock war über einen langen Zeitraum in einer Buche eingewachsen, sodass nur noch der obere Teil aus dem Baum herausragte. Nachdem die Buche stark vom Pilz befallen war, wurde sie im Jahr 2012 so zusammengeschnitten, dass der Bildstock heraus fiel und zerbrach.
Das Grafenhaus Erbach-Fürstenau sicherte die Teile des Bildstocks, ließ das Standbild restaurieren und an seinem alten Platz wieder aufstellen. Im Juni 2013 bat es dann den Bildhauer Klaus Simon aus Krefeld, für den Ort eine Skulptur zu entwickeln, die das neu aufgestellte Bullauer Bild mit dem Baumfragment sicher schützt.
Seit April 2014 steht ein neues Zeichen im Odenwald, das an das frühe Verwachsensein des Bildstocks mit der Buche erinnert und das Bild nun fasst und schützt. Dem Wanderer erschließt sich aus der Ferne die offene Skulptur als eine "Kapelle" in Form eines Oktagons (griechisch "okto" - acht). Der Bau aus Holzbalken schließt den Baumstumpf mit dem Bildstock ein.

Das vor knapp einem Jahr zerstörte Flurdenkmal Bullauer Bild ist wiedererstanden. Im Auftrag des Grafenhauses Erbach-Fürstenau hat der Steinbacher Bildhauer Jürgen Schmidt den auseinandergefallenen Andachtsstein zusammengefügt, ergänzt und am Stammplatz neu aufgestellt. (Echo Online 2013)

Sie haben jahrhundertelang zusammengehört, der Bullauer Bildstock von 1561 und die Buche, die ihn zunehmend umwachsen hat. Da mutet es fast schon wie eine Fügung des Schicksals an, dass sich wenige Tage nach dem Ende des Baums auch das Flurdenkmal verabschiedet hat. Zuletzt lag es umgestürzt vor dem Stumpf seines Gefährten - von alleine aus seiner bisherigen Standfläche gekippt, wie die Finder betonen.
Etwas von Folgerichtigkeit habe der Fall des Bullauer Bilds in der Tat, stimmen die Kenner von Forst, Natur- und Denkmalschutz zu. Diese liege allerdings in der Ermüdung des historischen Steins durch den anhaltenden Druck der Buche, "der nun die seit Langem befürchtete Wirkung gezeigt hat", wie es Klaus Bischoff von der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt formuliert.
Die Kürzungsarbeiten am mit dem Bildstock verwachsenen Baum erachtet Bischoff weder als Auslöser noch als Beschleuniger dieses Effekts, wohl aber als neue Offenbarung des Verfalls: "Während des Eingriffs hat sich nicht nur die Schwere des Pilzbefalls der Buche bestätigt, sondern auch die Schadhaftigkeit des Steins", so Bischoff. Dies habe das dort tätige Unternehmen veranlasst, den Bildstock mit einem Spannriemen zu sichern.
"Über die Festtage hinweg ist der dann - aus welchen Motiven auch immer - von unbekannter Hand beseitigt worden, das Bild umgefallen", schildert Graf Raimund zu Erbach-Fürstenau in Übereinstimmung mit den beteiligten Stellen der Kreisverwaltung den weiteren Fortgang. Materiell der Besitzer des Steinmals, bekundet der Eigentümer der Wald- und Flurgewann am Bullauer Bild immerhin seine Entschlossenheit, die Steinmetzarbeit zu bewahren und an die Öffentlichkeit zurückzugeben. (Echo Online 2013)

[...] Die Verschandelung oder besser gesagt Zerstörung des Ensembles aus Natur und Historie am Ballauer Bild stellt eine Dreistigkeit dar, wie sie schlimmer und provozierender nicht sein könnte. Die Freveltat an dem Naturdenkmal wird noch verstärkt durch einen am gleichen Tag im ECHO veröffentlichten Aufruf, schützenswerte Naturobjekte (Felsgruppen, Einzelbäume hohen Alters, Orchideenwiesen) der Behörde (Untere Naturschutzbehörde UNB) zu benennen - einer Behörde, die diesen Namen nicht verdient. [...]
Das Vorgehen der Unteren Behörde am Bullauer Bild ist jetzt das traurige Ende einer ganzen Reihe von unrühmlicher Eingriffe in die so sehr gepriesene Odenwaldlandschaft. Offenbar ist der UNB überhaupt nicht bewusst, welche Bedeutung sehr alte Bäume mit ihren Nischen und Höhlen für die Artenvielfalt der Natur haben. Am Bullauer Bild wäre ein moderater Rückschnitt der Rotbuche angemessen gewesen; auch eine Umzäunung mikt einem Hinweisschild wäre möglich gewesen. Selbst der Pilzbefall war noch kein Anlass dafür, um aus der Buche mit eingewachsenen Bildstock ein "Ding des Jammerns" zu machen.
Die UNB muss sich auch fragen lassen, warum sie die Vorschläge und Empfehlungen des ehrenamtlich tätigen Naturschutzbeirats missachtete. (König 2013)

[...] An der Bullauer-Bild-Buche erhielten sich Zeugen der Natur- und Gesellschaftsgeschichte gegenseitig. Lese ich von der Einkürzung der Buchenstämme, ahne ich schreckliches: die Verstümmelung zum unheilbaren Torso. Auf diese Weise hat man unzählige Bäume - also Lebewesen und mehr aus Holz - vor der Zeit in den Ruin gesägt. [...]
Weder Baum noch Pilz fordern die Schnittmaßnahmen, sondern menschliche Wertschätzung entscheidet. - Wir werden sehen, was über das Sägetalent hinausgeht.
Nebenbei fragt man sich, warum die Zeitung anonym redet von einem vereidigten Sachverständigen, ohne Namen und Adresse, und ob nicht die Bürgerschaft selbst hätte vor Ort beraten und entscheiden können über ein so unwiederbringliches Denkmal. (Striller 2012)

Wer noch einmal diese stattliche und pittoresk gewachsene Buche bewundern will, die faktisch zum Wahrzeichen des Erbacher Höhenstadtteils geworden ist, sollte an diesem Wochenende eine Wanderung zum Bullauer Bild einplanen. In der kommenden Woche wird wohl der Baum auf eine standsichere Höhe gekappt.
Schon seit Jahren greift ein Pilz die Buche an, die sich bereits in geringer Höhe in mehrere Stämmlinge teilt. Einer davon wird nur noch von Bändern gehalten. Die Untere Naturschutzbehörde hat nun einen vereidigten Fachmann zurate gezogen, der keine Möglichkeit zur Rettung der Baumkrone sieht. Denn wenn lediglich der marode Stämmling herausgesägt wird, geht auch die Statik des Baumes verloren.
Also wird ein Fachbetrieb die Stämmlinge auf eine Länge von sechs bis sieben Meter kappen, sodass zwar weiterhin der eingewachsene Bildstock zu bewundern ist, allerdings ohne die Baumkrone darüber.
Mit dem Kappen der Buche fällt ein weiteres der gelisteten 69 Naturdenkmäler im Odenwaldkreis weg. So wie bereits sechs Bäume zuvor, darunter auch die jüngst gestutzte Airlenbacher Eiche, wird die Buche aus dem letztmals im Jahr 1995 aufgesetzten Naturdenkmalbuch genommen. Eine Besonderheit des Bullauer Bildes ist, dass Bildstock und Baum praktisch vereint sind und somit diese Sehenswürdigkeit gleichzeitig im Naturdenkmalbuch wie auch auf der Liste der Kulturdenkmäler des Odenwaldkreises geführt wird. (Echo online 2012)

Das Bild wird in der Literatur stets mit 1561 datiert. Lediglich die "Inschriften des Odenwaldkreises" (2005) nehmen als Jahreszahl 1761 an, da 1561 die ältere Schreibweise nicht mehr üblich war.
1977 war die Überwallung links oben noch nicht abgeschnitten und die Bildnische war leer. (Wild 2011)

Der Bildstock mit relativ flacher Bildnische von nur 12cm wird von einer mächtigen, mehrstämmigen Buche umwachsen. Die Fase des Schaftes umläuft auch die vorderen Kanten des häuschenförmigen Oberteils. Das Denkmal ist aus einem Block gehauen. Auf der Schaftvorderseite ist die Jahreszahl 1561 eingemeißelt. Das bedeutet, dass das Mal nach der Reformation auf seit 1544 protestantischem Gebiet der Grafschaft Erbach errichtet wurde. Das Haus Erbach galt als tolerant gegenüber Katholiken und ist wohl nicht eingeschritten, als vermutlich Wallfahrer den Bildstock aufstellten. Er ist unter dem Namen "Bullauer Bild" bekannt. (Rumpf 2008)

Das Bullauer Bild 1561
Die letztere gilt auch für das Bullauer Bild. Auch hier ist es die Fünf, die sehr auffällt und ganz anders aussieht, als wir es erwarten. Immerhin haben wir schon ähnliche Zahlen bei dem Eulbacher Bildstock von 1513 genannt (Abb.23). Besonders schön und stimmungsvoll schmiegt sich dieser etwa 1,50 Meter hohe Bildstock im Wald an eine dicke, alte Buche, die ihn wie liebend umfängt und deren Wurzeln seinen Fuß wie schützend umfassen. Hier erscheint es dem Vorübergehenden, als sei die Frömmigkeit aus der Natur heraus - oder in sie hineingewachsen und mit ihr zu einer tiefen, inneren und wie selbstverständlichen Einheit geworden. Daß auch hier die Bildnische wohl schon seit Jahrhunderten leer ist, empfindet man kaum als Mangel, zumal gar oft ein Sträußchen schlichter Blumen in der dunklen Höhlung bis heute zu finden ist. Ob in der Nähe ein alter Höhenweg, der letzlich vom Neckar bei Hirschhorn über das Reisenkreuz an unserem Bildstock vorbei nach Würzberg und weiter nach Osten zieht, ein alter Wallfahrtsweg war, ist nicht ganz sicher, aber doch wohl wahrscheinlich, zumal dadurch die späte Jahreszahl 1561 einigermaßen verständlich wird. Sie stammt doch, für uns heute erstaunlich, aus einer Zeit, in der die Grafschaft Erbach längst evangelisch war. Aus uralter frommer Pilger- und Wegtradition aber wird die späte Errichtung des einsamen Bullauer Bildes im Walde doch gut begreiflich. (Mößinger 1962).

Sage:

Quellen und Literatur:
Mößinger, Friedrich - Bildstöcke im Odenwald, 1962, S.26f., mit Abb.23
Teubner, H. / Bonin, S. - Kulturdenkmäler in Hessen, Denkmaltopographie des Odenwaldkreises, 1998, S.300-301
Schäfer, Fritz - Bildstöcke im Odenwald, Verlag Laurissa, Lorsch 1999, S.57
Scholz, Sebastian - Die Inschriften des Odenwaldkreises; Die deutschen Inschriften; 63: Mainzer Reihe; 9. Wiesbaden 2005
Alte Bullauer Buche wird gekappt, auf: Echo online vom 13.12.2012
Striller, Egbert - Achtung vor der Natur, in: Odenwälder Echo vom 20.12.2012
Bullauer Bild-Buche "jetzt eine Katastrophe", auf: Echo online vom 27.12.2012
Bullauer Bildstock: Nach dem Baum fällt auch das Steinmal, auf: Echo online vom 8.01.2013
König, Werner - Brief an die Redaktion, in: Odenwälder Echo vom 14.01.2013
Bullauer Bild harrt weiter seiner Wiederherstellung, auf: Echo online vom 8.07.2013
Bullauer Bild vor Rückkehr?, auf: Echo online vom 13.11.2013
Das Bullauer Bild ist wieder da, auf: Echo online vom 16.11.2013
Was ersetzt dem Bullauer Bild seine Buche?, auf: Echo online vom 20.02.2014
Das Bullauer Bild in neuem Rahmen, auf: Echo online vom 9.05.2014
Wikipedia: Bullauer Bild (eingesehen am 18.05.2014)
recherchiert und bebildert von Volker Rumpf, Ebsdorfergrund (Foto von 1998)
Ergänzungen von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach (Fotos vom 24.07.2005 und 2.07.1977) und Gerdi Röske, Höchst im Odenwald (Fotos vom 6.04.2014 und 27.12.2015)


Sühnekreuze & Mordsteine