Deutschland Baden-Württemberg Hohenlohekreis

Hermersberg / OT von Niedernhall


Blick zum Standort
Foto: Hartig (2008)

Foto: Hartig (2008)

Vorderseite
Foto: Rumpf (2004)

Abbildung bei
Losch (1981)
Vorderseite

Zeichnung bei
Matthes (1950)

PLZ: 74676

GPS: N 49° 16,557', O 9° 36,054'

Standort: Vor dem Gutshof gegenüber dem Schloßeingang.

Größe / Material: 71:68:18 / Roter Sandstein

Geschichte: Nach Losch (1981) war das Kreuz früher 200m südlich vom Gutshof in einem Wiesengrund versunken. 1949 wurde es ausgegraben und 1951 neu aufgestellt und zwar offenbar auf Privatgrund des Gutshofes. Leider hat man in jüngster Zeit das Gutshofgelände straßenseitig mit einem Zaun aus Rundhölzern derart abgegrenzt, dass das Einsehen und Fotografieren der zur Straße weisenden Seite kaum möglich ist.
Das Kreuz weist zwei völlig unterschiedlich wirkende Ansichten auf. Auf der Vorderseite ist die Kreuzform deutlich herausgearbeitet, indem zwei konkav aus dem Boden aufsteigende Winkelstützen 8cm hinter die Fläche des Kreuzes zurücktreten. Während Unterseiten der Arme und Schaft nahezu im rechten Winkel zueinander stehen, sind die Armoberseiten sowie der Kopf ähnlich einem Eisernen Kreuz schräg geführt und stehen im spitzen Winkel zueinander. Die Vorderseite zeigt eine Pflugschar mit breitem Schaft unterhalb des Kreuzungsfeldes und eine als Pflugreute anzusehende Darstellung im Querbalken.
Die Rückseite stellt sich dem Betrachter ganz anders dar: Breitflächig schwingt der Schaft des Kreuzes in konkaver Krümmung vom Boden zu den Armen auf, so dass diese kaum mehr als solche erkennbar sind. Auf dieser flächigen Kontur sitz der sich nach oben verbreiternde Kopf. Diese Seite zeigt ein eingerilltes großes Kreuz mit schlanken, an den Enden konkav ausschwingenden Kreuzbalken, das auf einem in Doppellinie geführten Bogen aufsitzt.

Kopf und linker Arm zur Hälfte abgeschlagen. Schaftunterteil abgebrochen. In den Boden zementiert. Je nach der Ansicht (Vorder- bzw. Rückseite) weist das Kreuz verschiedene Konturen auf. – Auf der einen Seite begleiten um 9cm zurückgesetzte, leicht konkave Winkelstützen den parallelen Schaft nach unten; diese verschieden hoch profilierte Winkelstützseite wird man als Frontseite betrachten dürfen. - Auf der Rückseite bilden die Winkelstützen dagegen den Schaft, der breit aufsteigend in den Querbalken überschwingt; diese Ansicht des Kreuzes ist also voll profiliert. - Kopf und Oberseiten der Arme sind nach Form eines Tatzenkreuzes geführt, möglicherweise mit leicht eingezogenen Balkenenden; die Unterseiten der Arme sind waagrecht geführt.
Die Gesamtkonturen zeigen also eine Kombination von Tatzenkreuz und rechtwinklig ausgearbeiteter Unterhälfte mit schaftbegleitenden Winkelstützen (Vorderseite) bzw. von Tatzenkreuz und breit angesetzten, ausgerundeten unteren Winkeln (Rückseite).
Zeichen: Vorderseite: Eine große, breitschaftige Pflugschar ist im Schaft eingerillt; sie sitzt an einer parallel geführten, verbreitert endenden Einrillung im Querbalken; vielleicht Darstellung eines Pflugschäufeles. Unter der Pflugschar, Spitze an Spitze, ist ein kleiner, nach oben zeigender, nicht mehr voll erkennbarer Sech dargestellt. - Rückseite: Sie trägt eine Kreuzdarstellung in parallelen Linien mit langen, konkav endenden Balken und leicht ausgeschweiftem Fuß, der auf einem doppelt konturierten Bogen mit angedeuteten Radien steht. Zwischen den Balken der Darstellung ist noch eine Art Verzierung angebracht. Datierung: ca. 16./17.Jh. (Losch 1981)

   Das eigenartigste Kreuz des Kreises ruht aber bei Hermersberg im Boden. Hier am Sitz eines alten Gerichtes geht es natürlich um gerchten und ungerechten Spruch. Weiß doch der Volksmund von einem herrschaftlichen Amtmann zu berichten, den die Untertanen wegen seiner Hartherzigkeit und Grausamkeit erschlagen und unter der Linde begraben hätten. In solche Rechtszusammenhänge hinein gehört wohl das tief im Boden steckende Kreuz, von dem nur ein kleiner Teil des Kopfstückes sichtbar ist. Es ist kein Balkenkreuz, sondern zum Teil aus der Platte gearbeitet. Die eine Seite läßt unter einem eingemeißelten Querbalken die Pflugschar und darunter die Sech erkennen, stellt also bäuerliche Symbole dar. Auf der anderen Seite sieht man, unter drei Speichen mit Felgen, frei darüber auf einem Grundstein ruhend ein Malteserkreuz mit weit ausgezogenen Armen. Am linken Rand ist noch ein Halbkreis mit zwei kleineren inneren Halbkreisen eingetieft. Soll hier ein Hoheitszeichen des Bischofs von Mainz und darüber das Kreuz der Kirche gemeint sein, oder sollen eben allgemein Rad und Kreuz als Zeichen christlich gerechter Rechtssprechung dargestellt werden? Noch schwebt Geheimnis um den Sinn. (Matthes 1950)

Sage: 1. Ein herrschaftlicher Amtmann soll hier wegen seiner Grausamkeit und Hartherzigkeit erschlagen worden sein.
2. Widerspenstige Diener und Förster soll man hier bis zum Hals eingegraben haben, um ihnen den Kopf abzuschlagen.
3. Drei Jungen sollen beim "Henkerlesspiel" durch einen dreibeinigen Hasen abgelenkt worden sein. Zwei verfolgten den Hasen so lange, bis sie tot umfielen, einer der beiden eben hier bei Hermersberg. Der dritte, der schon die Schlinge um den Hals hatte und von den Kameraden zurückgelassen worden war, kam kläglich ums Leben.
Die gleiche Sage wird in leicht abgewandelter Form vom Kreuzfuß ("Kässtein“) in Leihgestern und von der Steingruppe ("Bubenkreuz“) in Vielbrunn erzählt.

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.65-66
Mattes, Wilhelm - Steinkreuze berichten., in: Klänge aus der Heimat. Nr.16, 9. September 1950, S.2
Recherche und aktuelle Fotos von Volker Rumpf, Ebsdorfergrund (Fotos von 2004) und Peter Hartig, Kirchberg/Jagst (Fotos von Oktober 2008)


Sühnekreuze & Mordsteine