Deutschland Baden-Württemberg Kreisfreie Stadt Karlsruhe

Grünwettersbach


Abbildung bei
Losch (1981)

Abbildung bei
Müller (1930)

PLZ: 76228

GPS: N 48° 56.488', O 8° 27.676'

Standort: Am Feldweg nach Busenbach, kurz vor der Gemarkungsgrenze.

Größe / Material: 60:34:12 / Sandstein

Geschichte: Das Kreuz wird in das 17./18. Jahrhundert datiert. Als Zeichen ist ein großes Pflugsech eingemeißelt

Sage: Ein Bauer ist unter den Pflug gekommen

Quellen und Literatur:
Müller, Otto August - Steinkreuze in Mittelbaden, in: Mein Heimatland, 17.Jg., 1930, S.195-222
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981
recherchiert und bebildert von Rudolf Wild, Annweiler-Queichhambach



Auszug aus
Steinkreuze in Mittelbaden
von Otto August Müller, Bühl

Busenbach

Abb.1: Steinkreuz bei Busenbach, Weg nach Grünwettersbach

Abb.2: Steinkreuz bei Busenbach (Im Räh)

   Gleich vier Steinkreuze kann Busenbach in seinem Gemarktungsbereich aufweisen. Unweit der Straße Stupferich – Palmbach – Busenbach und unweit des Dorfes ist eines, ein rotes Sandsteinkreuz in lateinischer Form, fast bis zur oberen Querbalkenkante eingesunken, so dass es selbst vielen Ortsbewohnern nicht mehr bekannt war. Wie ein Grenzstein sieht es aus. Es steht ja auch am Rand der Gemeindewiesen im Gewann "Hofäcker". Der Ansatz eines Pflugsechs ist noch gut zu erkennen. Auch hier geht die Sage, dass ein Bauersmann die Pferde durchgegangen seien und ihm dabei das Pflugsech den Kopf glatt vom Rumpf getrennt habe. Welcher Gegensatz zwischen dieser grausigen Geschichte, welche die Volksphantasie noch möglichst schrecklich ausmalt, und dem heutigen Anblick, wo das Kreuz so friedlich in der Erde ruht, von Feldblumen umblüht, ganz im Grün versunken. Wie es da duftet, wie es da summt und brummt. Geschäftiges Leben und doch beglückende Stille! Und das weiche Licht der lieben Sonne, die müd schon, langsam sich abwärts neigt, streicht kosend über den grauen, vermoosten Stein. Versöhnend und milternd bringt der Abend Vergessen. Die Zeit heilt alle Wunden. (Maße: L.B. 35 H. (soweit meßbar), 24 Br., 18 T.; Q.B. 69 Br., 18 T.; Kopf 27 H., 23 Br., 18 T.)
   Eine ähnliche Geschichte wird erzählt von dem schlanken, kurzarmigen Rotsandsteinkreuz am Waldweg Busenbach – Spinnerei, hart an der Grenze zwischen Busenbach und Ettlingen. Denn auch dieses Totenmal trägt ein kräftiges Pflugsech. Früher sei hier einmal Feld gewesen. Ein Bauer habe gepflügt und sei dabei durch eigene Unvorsichtigkeit, oder weil die Pferde durchgingen, unter den Pflug gekommen. Heute ist längst wieder Wald an dieser Stelle emporgewachsen, ein echter deutscher, heimeliger Märchenwald mit lockendem Sonnenspiel im Moos und Grün, mit goldenen Steigen herab durchs luftige Laubdach, mit Vogelruf und Wipfelrauschen. Schön und wohlig kühl ist es dort. Ein Plätzchen voll Zauber und lind streichendem Reiz! Abendgold flammte mit letztem, loderndem Strahl durch die Bäume, als ich frohgemut mit reicher Beute heimwärts, bahnwärts zog. Ganz eins mit der Natur schritt ich dahin, aufnahmefreudig und voll Begehr nach dem Anblick des erwarteten Bildes: "Das Kreuz im Wald" im Abendgold. Wie ich es mir ersehnte, so ist es jetzt – doch ob für lange? Denn das schöne Bild, das fand ich nicht. Im wahrsten Sinne des Wortes musste ich es erst mir selber "stellen". Der Rahmen war da in unverminderter Schönheit. Und das Kreuz? Platt am Boden lag es zwischen Gestein und moderndem laub. Und warum? Es gehört, wie mir verschiedene Bewohner Busenbachs bei einem späteren Besuch sagten, zum Sonntagsvergnügen mancher Ausflügler, das verschiedentlich neu aufgestellte und eingegrabene Kreuzchen immer wieder umzuwerfen. Auch ein Zeichen unserer Zeit und ein eigenartiger Ausdruck der Freude an der Natur, die doch angeblich zum Sonntagsausflug führt. Ob das Kreuzchen wohl heute noch steht? (Maße: L.B. 82 H., 18 Br., 14 T.; Q.B. 17, außen 16 H., 47 Br., 14 T.; 23 H., 17 Br., 14 T.)
   Ebenfalls an der Grenze (Busenbach – Grünwettersbach) steht das besonders kleine, blockartig dicke, regelmäßige Steinkreuzchen aus rotem Sandstein am hohen Rain des Wegs von Busenbach nach Grünwettersbach 1), und wieder finden wir das Pflugsech als Zeichen (Abb.1). Fast könnte man da auf den Gedanken kommen: Wir haben hier Grenzzeichen vor uns. Doch wenn die Kreuze schon ursprünglich Grenzkreuze gewesen wären, müssten sie das Gemeindewappen zeigen. Die Gemeinde Busenbach führt aber ausgerechnet das andere Attribut des Pflügers im Gemeindesiegel, nämlich ein Pflugeisen. Allerdings steht hinter dem Kreuzchen am Weg nach Grünwettersbach ein "Zielstein" im Gras und eine Marke läuft über den Kopf. Sollte dies tatsächlich eine Grenzmarkierung sein, so wird wohl hier, wie es ja manchmal geschah, eben ein günstig gelegenes Steinkreuz als willkommenes Grenzzeichen ausgenutzt worden sein. Folgen wir lieber der Sage. Und wenn sie auch erst nachträglich aus dem Zeichen erwuchs und jedes Mal, weil die Zeichen bei drei Busenbacher Steinkreuzen gleich sind, das gleiche Ergebnis festgestellt werden muß – auch hier soll ein bauer unter den Pflug gekommen sein – wir sind auf der richtigen Spur. Ein Bauersmann ist auf ungewöhnliche Art ums Leben gekommen. (Maße: L.B. 52 H., 14 Br., 12 T.; Q.B. 14 H., 34 Br., 12 T.; Kopf 14 H., 14 Br., 12 T.)
   War es schon empörend, wie das Kreuz am Waldweg nach der Spinnerei von gewissen Menschen behandelt wurde, so blutet einem wirklich das Herz, wenn man das Steinkreuz "im Räh", oberhalb des Steinbruchs Aulenbacher, in der Nähe des Bahnhofs Busenbach erblickt (Abb.2). Als einarmiger Krüppel steht das Kreuz im lichten Wald, etwa 20m vom alten "Heuweg" entfernt, unweit von einem kaum mehr begangenen Waldpfad. Das allzu schlanke, dünne Steinkreuz wird zwar wohl nie einen besonders nachhaltigen Eindruck gemacht haben. Jetzt, nach der Beschädigung, ist der Anblick aber geradezu beelendend. Man empfindet das Kreuz fast als eine Störung der landschaftlichen Stimmung: der frische, belebende, heimelige Wald im grünen Sommerkleid und das häßlich wirkende Opfer brutaler Zerstörung. Hinzu kommt noch, daß ein pietätloser "Irgendwer" im Jahr 1914 glaubte, sich mit den Anfangsbuchstaben seines Namens auf dem Kreuz verewigen zu müssen. Auch die sonstigen "Einkratzungen" scheinen jüngeren Datums zu sein. Das Steinkreuz hat aber ein gewisses Alter, denn der "Heuweg" ist die heute wenig mehr begangene "Alte Reichenbacher Straße". Und dann wäre über die Erstellung des Kreuzes sicher noch etwas zu erfahren gewesen, wenn erst in jüngerer Zeit ein Mord dort geschehen wäre oder ein Unglück sich ereignet hätte 2). (Maße: L.B. 125 H., 19 Br., 20 T.; Q.B. 16 H., 47 Br. (von der Bruchstelle ab), 20 T., r.Q.B. 32 Br.; Kopf 32 H., 18 Br. (beschädigt), 20 T.)

Anmerkungen:
1) Wie mir Herr Fortbildungsschulhauptlehrer Fr. Jäger nach Abschluß der Skizze nach genauen Feststellungen mitteilt, steht das Kreuzchen, etwa 100 Meter von der Grenze entfernt, auf Gemarkung Grünwettersbach.
2) Herr Reichsbahninspektor J. Schmidt, Ettlingen, der über drei der Busenbacher Kreze Nachforschungen angestellt hat - mir durch Vermittlung von Herrn Springer zugänglich gemacht -, konnte über dieses Kreuz auch nichts genaues in Erfahrung bringen.

(aus: Müller, Otto August - Steinkreuze in Mittelbaden, in: Mein Heimatland, 17.Jg., 1930, S.195-222)


Sühnekreuze & Mordsteine