Bretzingen (I) / OT von Hardheim


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Perspektive

PLZ:

GPS:

Standort: Südlich an der Straße nach Pülfringen im Winkel eines nach Südosten abgehenden Feldweges.

Größe / Material: Sandstein

Geschichte: Das Kreuz trägt auf dem Kopf einen Aufsatz, der an einen Bildstock erinnert. Es ist jedoch keine Nische ausgearbeitet. Auf der der Straße zugewandten Seite (Nordseite) ist auf Kopf und Querbalken eine Inschrift zu erkennen. Auf dem Stamm ist eine Einzeichnung in Form einer Müllerhaue. In der Literatur wird das Kreuz nur beiläufig erwähnt.

Wie im östlich angrenzenden Main-Tauber-Kreis trifft man auch im Neckar-Odenwald-Kreis auf zahlreiche Flurdenkmäler, die zwar formal den Sühne- und Gedenkkreuzen ähnlich sind, jedoch eine andere Funktion haben. Darum kann auch hier die Abgrenzung der steinernen Sühne- und Gedenkkreuze von steinernen Feldkreuzen und bestimmten Bildstockformen im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen. Einige Zwischen- und Übergangsformen zeigen, daß es keine starren formalen Grenzen zwischen diesen Kleindenkmälern gibt (z.B. Hardheim, Ortsteil Bretzingen2). (Losch 1981)
2 Steinkreuz mit aufgesetztem Tabernakel (15./16.Jh.) an der Straße nach Pülfringen.

Sage:

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.161 Anm.2
recherchiert und bebildert von Robert Ache, Hirschberg (Fotos von Oktober 2011)



Bretzingen (II) / OT von Hardheim


Blick zum Standort

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Abbildung bei
Losch (1981)

GPS:

Standort: Ca. 1km nördlich vom Bretzinger Ortskern. Von Hardheim auf der L514 kommend, am Ortseingang von Bretzingen nach links in die "Julius-Heffner-Straße" abbiegen, auf dieser die Erfa (Fluß) überqueren und rechts an der Schneidmühle vorbeifahren. Ca. 300m später teilt sich der Weg. Hier spätestens am Wegrand parken (Beginn Naturschutzgebiet)! Das Kreuz (von hier noch ca. 300m) steht am Fuße der aufgegebenen Hohlwiesenweinberge direkt am von Osten herziehenden Hohlwiesengraben, in welchem ein kräftiges Bächlein fließt. Da der Hang hinter dem Kreuz - der ehem. Weinberg - ein unpassierbares, dorniges Dickicht (und zudem Naturschutzgebiet) ist, ist das Kreuz am besten über die auf der anderen Uferseite liegende "Hohlwiese" zu erreichen.

Größe / Material: 110:120:20 / Buntsandstein

Geschichte: Im Kopfbalken, dargestellt im Flachrelief: Christusmonogramm in einem Kreis. Darunter folgt die Inschrift. Die ersten beiden Zeilen stehen noch auf dem Kopfbalken, Zeilen 3-6 dann auf dem Querbalken und alle nachfolgenden Zeilen schließlich auf dem Kreuzstamm.  
Angaben in Klammer waren nicht mehr zweifelsfrei zu entziffern (in doppelter Klammer besonders unsicher), Fragezeichen stehen als Platzhalter für gar nicht mehr zu entziffernde bzw. völlig weggebrochene Zeichen. Die letzten vier Zeilen sind nur noch zu erraten bzw. gar nicht mehr zu erkennen, wobei sich die letzte Zeile bereits halb unter der Erdoberfläche befindet. Die Inschrift dürfte sich hier wohl noch mit weiteren Zeilen fortsetzen.  
AO 1666 DEN
4 FEBR IST
GEORG SCHMIDT VON BRETZINGEN SEINES ALDERS
(40) IAHR ALS ER MIT SEINEM TOCHTER MAN GESUND
NACHER KÖNNIGHEIM GEFAHREN WEIN ABZUHOLEN
(UND) SEINEM TOCHTER MAN FORT(ZU)FAHREN
BEFOH
(I)LEN
(ER) VBER
EIN WEIL
NACHER
GANGEN
ANDERN
TAGS
(VO)M
((SEINEM))
((TOCHTER))
((???????))
((???????))
Nach Losch (1981) gibt es zu dem Kreuz zwei volkstümliche Überlieferungen: Die eine besagt, dass es sich bei dem Kreuz um das letzte Überbleibsel des alten Bretzingens handele, welches offenbar in dieser Gegend lag und im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden zerstört worden sein soll. Da der Dreißigjährige Krieg aber bereits 18 Jahre vor der Errichtung des Kreuzes endlich vorüber war (1648), kann das Kreuz keinen direkten Bezug zum alten Bretzingen haben, was auch die Inschrift auf dem Kreuz zeigt. Nach einer anderen Überlieferung soll hier vor langer Zeit jemand beim Schlittenfahren verunglückt sein. Auch dies wird jedoch durch die Inschrift widerlegt. Das Buntsandsteinkreuz ist ca. 110cm hoch und dafür mit einer Spannweite von 120cm auffallend lange Kreuzarme.
Der noch zu entziffernde Teil der Inschrift liefert also erste Informationen, warum das Kreuz hier einst errichtet wurde, die zumindest ausreichen, um die volkstümlichen Überlieferungen ins Reich der Legenden zu verweisen. Das eigentliche Unglück, was dem armen Georg Schmidt also an dieser Stelle konkret zugestoßen ist, bleibt aber leider dennoch im Dunkeln: Der 40jährige Georg Schmidt aus Bretzingen wollte also offenbar - noch bei voller Gesundheit - mit seinem Schwiegersohn nach Königheim fahren, um dort Wein zu kaufen. Auf dem Weg dorthin (vermutlich schon kurz nach Bretzingen) muss ihn etwas veranlasst haben, seinem Schwiegersohn zu befehlen, alleine weiter zu fahren. Georg Schmidt wollte dann anscheinend eine Weile später seinem Schwiegersohn nachfolgen, wurde dann aber, wie ich vermute, einen Tag später irgendwo auf der Strecke von diesem tot aufgefunden. Es lassen sich sogar weitere Hintergründe recherchieren, die noch etwas mehr Licht ins Dunkel bringen: In der genealogischen Datenbank "Erftal" der "Genealogenfreunde Hardheim und Umgebung" findet sich nämlich ein "Georg Schmitt", bei welchem es sich um den auf dem Kreuz genannten "Georg Schmidt" handeln dürfte: Jener Georg Schmitt wurde demnach am 2.10.1625 in Bretzingen geboren und ist am 6.2.1666, im Alter von 40 Jahren, in/bei Königheim gestorben (bzw. wurde an jenem Tag dort beerdigt). Er hatte zusammen mit seiner Frau Maria Geiger vier Töchter und einen Sohn. Seine älteste Tochter Maria Katharina Schmitt war zum Zeitpunkt des Unglücks 19 Jahre alt und heiratete am 16.2.1666, also nur 10 bzw. 12 Tage nach dem Tod ihres Vaters, einen Bartholomäus Schmitt, der es als Wirt und Küfer in Bretzingen zum Gerichtsmitglied, Feldgeschworenen und Schultheiß brachte. Bei diesem Bartholomäus Schmitt dürfte es sich also um den auf dem Kreuz erwähnten Schwiegersohn handeln, mit dem Georg Schmitt gemeinsam nach Königheim reisen wollte, um dort Wein zu kaufen - vermutlich für die unmittelbar bevorstehende Hochzeit von Georg Schmitts Tochter Maria Katharina mit eben diesem Bartholomäus. Was danach genau geschehen ist, bleibt aber weiterhin rein spekulativ: Evtl. erlitt Georg Schmitt am Standort des Kreuzes einen von beiden unterschätzten Schwächeanfall, weshalb er sich ausruhen und dann nachkommen wollte. Das erscheint aber wenig sinnvoll, weil auf dem Kreuz davon die Rede ist, dass beide nach Königheim "fahren" wollten und er dann aber - aus welchen Gründen auch immer - "nachgehen" wollte. (Bei einer Erkrankung / Verletzung wäre doch eher davon auszugehen, dass man auf dem Ochsen-/ Pferdegespann sitzen bleibt und schont und eben nicht durch Hinterherlaufen weiter schwächt.) Weiterhin ist anzunehmen, dass Georg Schmitt das ca. 10km entfernte (ca. 2 Stunden Fußmarsch) Königheim schließlich tatsächlich noch erreichte bzw. zumindest bis kurz vor Königheim kam, denn sonst wäre sein Tod ja nicht im Königheimer, sondern im Bretzinger Totenbuch vermerkt (und er wäre in Bretzingen und nicht u.U. sogar in Königheim beerdigt worden). Vielleicht traf Georg Schmitt ja am Standort des Kreuzes einen Bekannten, mit dem er sich unterhalten wollte und schickte seinen baldigen Schwiegersohn bloss deshalb oder aus einem anderen wenig dramatischen Grund schon voraus, so dass an dieser Stelle das letzte Mal lebendig gesehen wurde, bevor er irgendwo auf dem Weg nach Königheim dann schließlich unerwartet verstarb (Schlaganfall / Herzinfarkt?) und erst tags drauf von seinem Schwiegersohn gefunden wurde. Laut der genealogischen Datenbank "Erftal" arbeitete Georg Schmidt übrigens wohl als Müller(-gehilfe) in der Bretzinger Mittelmühle und wurde im Ort "Müllers Georg" genannt. (Beierstettel 01/2014)

Am Fuß des "Hohlwiesenweinbergs".
Buntsandstein.
Maße: H 110, B 120, T 20, HK 40, LA 46, AK 25, AA 25.
Form: Lange, schmale Balken, Armlänge betont.
Inschrift: Christusmonogramm mit Kreuzzeichen in einem Reliefring auf der Mitte des Kopfbalkens, darunter auf der ganzen Ansichtsfläche
"AD 1666 DEN/4 FEBR IST/GEORG SCHMIDT VON BRETZINGEN...“ (unleserlich). (Losch 1981)

Sage: 1. Ein Überbleibsel vom alten Bretzingen stehe in der "Hohlwiese": "Im Dreißigjährigen Krieg ist alles durch die Schweden zerstört worden. Nur ein steinernes Kreuz an der Stelle, wo die Wiesen aufhören..., sowie der Flurname 'Alte Kirche' blieben erhalten.“
2. Beim Schlittenfahren soll dort jemand verunglückt sein. (Losch 1981)

Quellen und Literatur:
Assion, Peter - Weiße Schwarze Feurige. Sagen aus dem Frankenland, Karlsruhe 1972, S.184, Nr.232
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.165
Genealogenfreunde Hardheim und Umgebung, Eintrag zu Georg Schmitt (eingesehen am 15.01.2014)
recherchiert und bebildert von Hendrik Beierstettel, Tauberbischofsheim (Fotos von Januar 2014)



Bretzingen (III) / OT von Hardheim


Blick zum Standort

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Abbildung bei
Losch (1980)

GPS:

Standort: Auf dem Hohnberg verläuft im Osten - direkt oberhalb des steil nach Bretzingen hin abfallenden und mit zahlreichen Steinriegeln besetzten Hanges - ein alter, aufgegebener und stellenweise kaum mehr zu erkennender Weg. An diesem Weg steht das kleine Steinkreuz aus dem Jahre 1724, das auf den amtlichen Karten nicht verzeichnet ist.

Größe / Material: 85:52:14 / Sandstein

Geschichte: Laut Losch (1980) existiert in Bretzingen zu diesem Kreuz die volkstümliche Überlieferung, dass sich vor langer Zeit ein kleines Kind auf dem Hohnberg verirrt hätte und über Nacht erfroren oder vor Angst gestorben sei. Am Fundort wurde dann zum Gedenken das Kreuz errichtet. Zwar wurden die meisten zu alten Kleindenkmalen existierenden Sagen erst im Nachhinein um das Objekt herum gesponnen, meist sogar erst hunderte Jahre später, nachdem der eigentliche Grund schon längst vergessen war. Diese Geschichte könnte aber ausnahmsweise das tatsächliche Unglück konserviert und so vor dem Vergessen bewahrt haben, worauf die spärliche Inschrift in Kombination mit einer Recherche in der genealogischen Datenbank Erftal der Genealogenfreunde Hardheim und Umgebung hinweist: Die kaum mehr zu entziffernde Inschrift, die sich zweizeilig zentral über die gesamte Breite des Querbalkens zieht, lautet nach meiner Einschätzung (Angaben in Klammer unsicher): AИИO 1724 IOHA(N) (G)EOR VOL(C) IS(t) PeKrAPeN WO(r). Also: Anno 1724 Johann / Georg Volk ist begraben worden (Losch liest: ANNO 1724 (???) / FORCH iST PekrAPeN Wor). Erst nach meinem Versuch, die Inschrift zu entziffern, recherchierte ich in der genealogischen Datenbank Erftal - und fand tatsächlich folgenden Datensatz: Johann Georg Volk - Taufe: 6.2.1722 in Bretzingen - Tod: 5.11.1724 in Bretzingen. Der kleine Johann Georg starb also im Alter von nur 2 Jahren und 9 Monaten, was für sich alleine bei der hohen Kindersterblichkeit früher noch nicht ungewöhnlich ist. Aber er hat exakt den Namen, welchen ich auf dem Kreuz lesen zu können glaube. Und er war aus Bretzingen und starb 1724. Auch dieses Jahr steht auf dem Kreuz. Der Bretzinger Ortskern (um die Kirche herum) liegt nur ca. 300m Luftlinie vom Standort des Kreuzes entfernt, was für ein fast 3jähriges Kind trotz des steilen Hanges machbar sein sollte. Der Hang selbst war damals vermutlich auch noch nicht bewaldet, worauf die zahlreichen Steinriegel (Weinberge) hinweisen. Der kleine Johan Georg könnte also einfach aus dem Ort den Weinberg hochgegangen sein und dann oben im Höhenwäldchen die Orientierung verloren haben. Auch dass er laut Datenbank im November starb, unterstützt die Vermutung dass das Kreuz seine Todesstelle markiert, denn laut der volkstümlichen Überlieferung erfror das Kind über Nacht (oder starb aus Angst), was im November durchaus wahrscheinlich ist. Johann Georg Volks Eltern spielte das Schicksal schwer mit: Von ihren insgesamt 5 Kindern überlebte nur ein Kind, nämlich die jüngste Tochter (die dann wiederum mit 13 Jahren Vollwaise wurde) das Kleinkindalter. U.a. wurde so auch der zweite Sohn der Volks, der 3 Jahre nach dem Tod seines Bruders geboren und von den Eltern ebenfalls wieder Johann Georg getauft wurde, nur 2-3 Jahre alt. (Beierstettel 01/2014)

Auf dem "Hohnberg" im Wald.
Sandstein, Bearbeitungsrillen. Ecken teilweise abgebrochen.
Maße: H 85, B 52, T 14, HK19, LA 18, AK 15,5-18, AA 17,5-19.
Form: Leichte Kopf- und Armverbreiterung.
Inschrift: Im Querbalken "ANNO 1724 () / FoRch IST PekrAPeNWOr". (Losch 1981)

Sage: An der südöstlichen Ecke des Hohenberges bei Bretzingen steht ein kleines Kreuz, dessen Aufschrift leider nicht mehr zu entziffern ist. Man sagt, hier habe sich vor langer Zeit ein kleines Kind verirrt und sei über Nacht erfroren oder vor Angst gestorben. (Losch 1981)

Quellen und Literatur:
Losch, Bernhard - Sühne und Gedenken. Steinkreuze in Baden-Württemberg, Stuttgart 1981, S.165
Genealogenfreunde Hardheim und Umgebung (eingesehen am 15.01.2014)
recherchiert und bebildert von Hendrik Beierstettel, Tauberbischofsheim (Fotos von Januar 2014)


Sühnekreuze & Mordsteine