Deutschland Bayern Lkr. Ansbach

verschwundenes SteinkreuzUnteroestheim / OT von Diebach

PLZ: 91583

GPS: N 49° 17,276', O 10° 12,083' (ehem. Standort)

ehemaliger Standort: Von Unteroestheim in Richtung Oberoestheim, am Kindergarten vorbei. Das Kreuz stand unmittelbar am rechts abzweigenden Feldweg, der auch zum nahe gelegenen Sportplatz führt.

Größe / Material: 48:43:20 / Muschelkalk

Geschichte: Benennung: "Knoblauchkreuz". Das Kreuz wurde nach Auskunft der Gemeindeverwaltung vor den Jahren 2005 oder 2006 vom oben genannten Standort gestohlen. Nachforschungen blieben bis heute erfolglos.

Sage: 1. Zwei raufende Handwerksburschen haben sich gegenseitig umgebracht.
2. Der Stein stand früher beim abergläubischen Volk in Verruf. Man sagte, dort gehe es um und namentlich nachts sei es in seiner Nähe nicht geheuer. Manche behaupteten, in der Dunkelheit einen Hund in allerlei Gestalten gesehen zu haben. Furchtsame mieden den Ort nach Sonnenuntergang.
3. Manche führen die Errichtung des Steinmals auf einen Priestermord zurück. Sie sagen, um 1500 sei dort ein Geistlicher meuchlings getötet worden. Der Bischof von Würzburg habe daher die Gemeinden Oestheim und Insingen mit dem Interdikt belegt.

Quellen und Literatur:
Gießberger, Hans - Das "Knoblauchkreuz" zwischen Unter- und Oberoestheim, in: "Der Bergfried", Rothenburger Blätter, Heimatbeilage der "Fränkischen Landeszeitung", 3.Jahrgang, Heft Nr.3, März 1951, S.17-19
recherchiert von Peter Hartig, Kirchberg/Jagst, Juni 2009
Aufrnahme von Hans Gießberger (1951)



Das "Knoblauchkreuz" zwischen Unter- und Oberoestheim
Muschelkalk; 0,48:0,43:0,20

   Wer von Unteroestheim nach Oberoestheim den Fußweg benützt, trifft rechterhand auf ein unmittelbar am Weg zwischen Wiese und Ackerland stehendes Steinkreuz1). Seine Gestalt hat bereits gelitten; denn ein Arm fehlt. Die volkstümliche Überlieferung, die sich an das Denkmal knüpft, lautet: Zwei raufende Handwerksburschen haben sich gegenseitig umgebracht. Nach der Beschreibung des Pfarramts Oestheim2) jedoch soll das Kreuz zu einem Vorgang während des Bauernkriegs in Beziehung stehen. Vermutlich bezeichnet es die Wiese3), wo der Bauernhauptmann Lorenz Knoblauch, ein Rothenburger Bürger und Gastwirt, wegen Verrats an der Bauernsache, ferner wegen Ehebruchs und Unzucht von den empörten Bauern "in Stücke gehauen" wurde4). Sind diese Zusammenhänge stichhaltig, handelt es sich jedenfalls um kein Sühnemal. Denn die Bauern hätten keinen Grund gehabt, dem Getöteten ein Kreuz zu setzen. Vielleicht haben die Angehörigen Knoblauchs die Errichtung eines "steinin crutzes" veranlaßt. Wir hätten dann ein Erinnerungszeichen vor uns. Es ist aber auch möglich, daß das Kreuz schon stand, als Knoblauch erschlagen wurde und daß man später das Denkmal für den Bauernführer in Anspruch nahm, weil die Tat in der Nähe des Kreuzes geschehen sein konnte.
   Näheres über das Ereignis finden wir im "Bauernkrieg" des zeitgenössischen Rothenburger Stadtschreibers Thomas Zweifel5). Dort heißt es in einem mit "Lorenz Knoblach" überschriebenen Abschnitt:

"Das Knoblauchkreuz" zwischen Ober- und Unteroestheim


   "Item der obgenannt Lorenz Knoblach, burger allhie (Rothenburg) und ainer des ausschuß (der Bauern), zug on seins ausschuß willen und erlauptnuß hinwegk zu der versamelten pawrschaft, als sie noch zu Markelshain und Rotingen (Röttingen) lagen, und empfuret indeß aim biderman zu Kreglingen sein weyb. Er ward darumb und von anderer argwonigkait wegen von der pawrschaft gefängklich angenomen, in die eysen geschlagen, etlich tag im heer umbgefurt und zuletzt wider ledig gelassen, were darnach gern wider hieher (Rothenburg) komen. Da konte er weder von aim rat, noch ausschuß glait erlangen, must derhalben dawssen bleyben, enthielt sich etlich tag bei seinem vetter Hanns Knoblachen zu Schweinsdorf. Dahin pracht ime seine hawsfraw etwan vil geltz und clainoter. Damit ritten er und der erst pawrnhauptmann Cunz Lullig obgenannt des vorgenannten donnerstags nach Quasimodogeniti (27.April) gein Underosthain der maynung, zum pund’ zu reyten. Und als sie die pawrn daselbst erfurn, und dann auch ein geschray über Knoblachen erginge, wie er dem wirt ain magt notzuchten und betriegen wöllte, waren die pawrn daselbst uff, griffen nach inen, fiengen Lorenz Knoblachen und verwarten in zu Oberosthain im wirtzhaws. Aber Cunz Lullig entritt, dem eyleten die pawrn nach biß gein Sulz, aber er kam von in und entran. Aber Lorenz Knoblachen namen sie desselben tags vor nachtz, furten in aus dem Dorf Osthain uff ain wissen der maynung, in zu henken, hatten ine jemerlich gemartert, aber als sie ime uff die wisen prachten, hatten sie in ine gehawen und gestochen, biß sie ine vom leben zum tod pracht hetten, ime genommen, was er gehapt, und in darnach zu Osthain begraben."
   Auch der Rothenburger Barfüßermönch Michael Eisenhart, ebenfalls ein Augenzeuge des Bauernkriegs, hat in seiner "Rotenburger Chronik"6) den Tod Knoblauchs nicht übergangen. Er berichtet:
   "Am mitwuchen nach Marci (26.April) ist Laurenz Knoblach zu Ostheym von den bawrn zu stucken zerhauben worden, haben einander mit den stucken geworfen. Zum letzten haben sy im den kopf abgehauben und von einander gespeldt. Sy sagten, er wer eain verretter, hab sy wollen verfüren."7)
   Nach dem Bisherigen muß ich die Frage, ob unser Steinmal den Namen "Knoblauchkreuz" beanspruchen kann, offen lassen. Zwar spricht manches dafür, ein Beweis jedoch kann nicht erbracht werden. Mag die Bezeichnung "Knoblauchkreuz" auch von vielen als zu Recht bestehend angesehen werden, ich muß dieser Ansicht so lange mit Vorbehalt begegnen, als nicht einwandfrei Belege für sie ins Feld geführt werden können.
   Noch möchte ich zweier volkskundlichen Erscheinungen gedenken, die mit dem Steinkreuz in Verbindung stehen. Die Toten von Unteroestheim werden in Oberoestheim beerdigt. Kommt der Leichenzug am Kreuz vorüber, so wird der Sarg auf den Boden gestellt, die Leidtragenden beten ein Vaterunser. Dieser Brauch ist alt; er beweist, dass das Kreuz bei der Bevölkerung als eine Art "Totenrast" gilt8). Ferner: Der Stein stand früher beim abergläubischen Volk in Verruf. Man sagte, dort gehe es um und namentlich nachts sei es in seiner Nähe nicht geheuer. Manche behaupteten, in der Dunkelheit einen Hund in allerlei Gestalten gesehen zu haben. Furchtsame mieden den Ort nach Sonnenuntergang.
   Nicht unerwähnt will ich lassen, dass etliche die Errichtung unseres Steinmals auf einen Priestermord zurückführen. Sie sagen, um 1500 sei dort ein Geistlicher meuchlings getötet worden. Der Bischof von Würzburg habe daher die Gemeinden Oestheim und Insingen mit dem Interdikt9) belegt. Schrifttumsnachweise für diese Annahme konnten nicht erbracht werden. Auch eine Aufzeichnung aus dem Stadtarchiv Rothenburg sei noch vermerkt: "Anno 1628 hat Lorenz Baußbach, Jakob Baußbachs, Castners zu Insingen Sohn, den Michael Sieler, Hauptmann zu Insingen, im Dorf Unter-Oestheim entleibet und ist darüber flüchtig worden."

H. Gießberger

Anmerkungen:
1) Vgl. "Verz. der i. Distriktsverwaltungsbez. Nbg. vorhandenen geschichtl. und architekton. interessant. Baudenkmäler, Orts- u. Straßenbilder", Landratsamt Nbg. Hdschr. Nr.2736, 29a.
2) Briefl. Mitt. D. Pfarr. Memmert v. 5.12.1932.
3) Die Wiese ist Eigentum des Gg. Hollenbach, Oestheim Nr.44.
4) Am 27.April 1525. - Winterbach I, 99 nennt d. 4.April.
5) "Rbg. An der Tauber im Bauernkrieg.“ In: Quellen z. Gesch. d. Bauernkriegs, hrsg. v. F.L. Baumann, Stuttg. u. Tübingen 1878, 257/258
6) Hrsg. v. F.L. Baumann in: Quellen z. Gesch. d. Bauernkriegs, Stuttg. u. Tübingen 1878, 602.
7) Vgl. a.: O.H. Brandt, Der große Bauernkrieg. Jena 1925, 157, H.W. Bensen, Gesch. d. Bauernkriegs i. Ostfranken. Erlangen 1840, 104 sowie d. Akt "Fraischfälle", Gewölbe E, Fach 4, Nr.1143, 17.St.-Arch. Rbg.
8) Im Schwarzwald lebt ein ähnlicher Brauch. Er führt den merkwürdigen Namen "Das Abschirmen". Vgl. a..: H. Gießberger, Die Martersäule bei Mögeldorf. Nordb. Verk. u. Tour.-Ztg. 6, 1909, 418.
9) Schwere Kirchenstrafe: Verbot aller kirchlichen Handlungen.

("Der Bergfried", Rothenburger Blätter, Heimatbeilage der "Fränkischen Landeszeitung", 3.Jahrgang, Heft Nr.3, März 1951, S.17-19)


Sühnekreuze & Mordsteine