Deutschland Bayern Lkr. Neu-Ulm

Oberfahlheim / OT von Nersingen

PLZ: 89278

GPS:

Standort: Vor der Kapelle bei dem Einzelhof Glassenhart (Klassenhart).

Größe / Material: 95:95:30 / Kalkstein

Geschichte: Für das Steinkreuz existiert ein Sühnevertrag, den Max Ernst (1934) überliefert. Der Vertrag liegt nur als Asbchrift vor, die erwähnten Personen konnten aber im Grundbuch identifiziert werden, so dass 1569 als Jahr der Abschließung des Sühnevertrages zutreffen muß. Was Max Ernst (1934) verwechselt hat: die Markgrafschaft Burgau war nicht Zehntherrin, sondern Landesherr, ihr war damit die hohe Gerichtsbarkeit vorbehalten.

Das Sühnekreuz steht neben der Kapelle am Glassenhart-Hof. Das Kreuz aus Kalkstein ist stark verwittert und durchlöchert (H=85; B=95; D=30). Der Setzungsgrund des Kreuzes ist bekannt: Ulrich Müller schlug Kaspar Bader aus Straß auf dem Anger derart, dass dieser anschließend verstarb. Hierauf wurde zwischen der Markgrafschaft Burgau als Zehntherrin und dem Reichsstift Elchingen ein Sühnevertrag geschlossen. Ulrich Müller soll demnach zu Innsbruck die Landeshulde wieder erlangen und beim Bischof in Augsburg die Absolution auf eigene Kosten nachsuchen. Weiterhin soll der Täter in der Straßer Kirche in einem langen schwarzen Klagemantel büßen, vier Seelenmessen halten und sechs Priester haben, sowie sechs Pfund Wachs zu Brennkerzen machen lassen. Außerdem sind den Armen vier Gulden zu geben und ein Kreuz von Stein 5 Schuh hoch, 3 Schuh breit und 1 Schuh dick aufstellen. Den Ort hierzu bestimmt die Obrigkeit. Der Täter darf sich auch nicht in den Ehehaften aufhalten, wenn dort gerade die Witwe oder deren Kinder sich befinden. Der Witwe und deren Kinder sind "zur Ergötzlichkeit" 100 fl zu zahlen. (Wischenbarth 2007)

Sage:

Quellen und Literatur:
Deutsche Gaue, Band III, 1901, S.103
Deutsche Gaue, Band IV, 1902, S.133
Ernst, Max - Alte Steinkreuze in der Umgebung Ulms, in: Mitteilungen des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben, Heft 29, 1934, S.25-26
Habel, H. - Stadt- und Landkreis Neu-Ulm. Bayerische Kunstdenkmale Bd.24, 1966, S.97
Wischenbarth, Peter - Bestandsaufnahme der Kleindenkmäler im Landkreis Neu-Ulm. Teil 2: Sühnekreuze, in: Geschichte im Landkreis Neu-Ulm, in: Jahrbuch des Landkreises Neu-Ulm, 13.Jahrgang 2007, S.112
recherchiert und bebildert von Thomas Pfundner, Holzschwang
Ergänzungen von Anton Aubele



Auszug aus:
Alte Steinkreuze in der Umgebung Ulms
von Oberstaatsanwalt Max Ernst

Kreuz am Klassenharthof bei Straß im Pflegeamtsbezirk des ehemaligen Klosters Elchingen bei einer Feldkapelle, 0,85m hoch, 0,95m breit, 0,30m stark, verwittert und durchlöchert, einige Löcher sind 9 - 18cm tief, aus Kalkstein. Ueber dieses Kreuz findet sich in der Pfarrregistratur Straß vom Jahre 1569 folgende Aufzeichnung: Ulrich Müller schlägt seinen Mitbürger Kaspar Bader von Straß auf dem Anger bei Klassenhart so, daß er bald darauf Todes verschieden ist. Hiewegen ist zwischen der Markgrafschaft Burgau als Zehntherrin und dem Reichsstift Elchingen ff. Sühnevertrag geschlossen worden:

  1. Ulrich Müller soll zu Innsbruck die Landeshulde wieder erlangen und bei dem Bischof in Augsburg die Absolution auf eigene Kosten nachsuchen;

  2. bei dem Entleibten in der Pfarrkirche, wo er begraben, soll der Täter büßen in einem langen, schwarzen Klagemantel; u.a. soll er 4 Seelenmessen halten und 6 Priester haben und 6 Pfund Wachs zu Brennkerzen machen lassen;

  3. 4 Gulden an die Armen geben;

  4. ein Kreuz von Stein, 5 Schuh hoch, 3 Schuh breit und 1 Schuh dick machen und an Ort und Stelle, wo er von der Obrigkeit beschieden wird, das Kreuz aufrichten lassen.

  5. Müller darf sich in den 4 "Ehehälften" - Wirtshaus, Schmiede, Badstube und Mühle in Straß - nicht aufhalten, wenn die Witwe oder deren Kinder dort sind, um diesen Handel nicht zu erneuern;

  6. der Witwe und deren Kindern sind "zur Ergötzlichkeit" 100fl zu zahlen.

Die hohe Gerichtsbarkeit über Straß hatte damals die österreichische Markgrafschaft Burgau. Der Totschläger Ulrich Müller war Untertan des Klosters Söflingen.
(Ernst, Max - Alte Steinkreuze in der Umgebung Ulms, in: Mitteilungen des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben, Heft 29, 1934, S.25-26)


Sühnekreuze & Mordsteine