Deutschland Sachsen-Anhalt Lkr. Sangerhausen

Einzingen


Vernagelungen

Blick zum Standort

PLZ: 06542

GPS: N 51° 26,723', O 11° 21,652'

Standort: Am Dorfteich in Einzingen liegt eine Gruppe von Quarziten. Im größten finden sich viele Nägel. Dieser Teich wird von mehreren Quellen gespeist und hat deshalb ein besonders klares Wasser. Die in der Nähe befindliche Gaststätte trägt den Namen "Zur Erdachse". Die soll dort nämlich "geschmiert" werden.

Größe / Material: ca 100: 85:40 / Quarzit

Geschichte: In Einzingen, zwischen Sangerhausen und Allstedt, liegt am Rande des Dorfteichs ein gelbgrauer, fast weißlicher Kieselstein, in welchem viele Nägel eingeschlagen sind, zum Wahrzeichen, daß dort der Mittelpunkt der Erde sei. Ein Schmied, der der Sage nach die Erde vermessen und gefunden hat, daß Einzingen im Mittelpunkt der Erde liege, hat jene Nägel eingeschlagen, und dabei gesagt; "So wahr ich Hufnägel in diesen Kiesel schlage, so wahr ist Einzingen die Mitte der Erde." Dieser thüringische dmjalo ths ths ist vermuthlich noch vorhanden, denn ich habe ihn vor etwa 16 Jahren selbst, als sei es eines auf Bildung Anspruch machendes Mannes unwürdig, von dergleichen Dingen Kunde erhalten zu haben, die mitgeteilte Sage erzählte. Allerdings gibt es außer dieser Erklärung des Namens noch eine andere, die der Vollständigkeit wegen hier ebenfalls angeführt sei. Nordwestlich von Einzingen liegt nämlich der Kapellenberg mit dem noch sichtbaren Grunde einer kleinen, einst dort vorhandenen Kapelle, in deren Nähe noch heute Schädel und Totengebeine von starkem Regen ausgewaschen werden. Dort war einst ein Schäfer beim Hüten seiner Schafe eingeschlafen und erwachte erst, als die Sonne gerade über ihm stand. Erstaunt über diesen Stand der Sonne rief er aus: "Einzingen liegt mitten in der Welt!" und seitdem ist das bei den Nachbarn der Einzinger ein beliebtes Sprichwort.
   [...] Dafür spricht z.B. auch die an den Einzinger Stein, den Hefekiel nur aus Gründen dichterischer Komposition in die Gegend von Nebra verlegt zu haben scheint, geknüpfte alterttümliche Überlieferung, die Nägel seien zu dem Zwecke eingeschlagen worden, um anzudeuten, daß daselbst der Mittelpunkt der Erde sei. Sofort fällt uns dabei ein, daß auch nach Delphi von den Griechen der Mittelpunkt der Erde verlegt worden ist. Der Unterschied zwischen Einzingen und Delphi ist nur der, daß ersteres durch die Messungen eines Schmiedes letzteres aber dadurch als Erdmittelpunkt im eigentlichen Sinne des Wortes ermittelt worden ist, daß Vater Zeus von beiden Enden der Erde her 2 Adler hat fliegen lassen, die sich an der Stelle begegnet sein sollen, wo man später in der Nähe des Erdschlundes, aus welchem die begeisternden Dämpfe emporstiegen, die Darstellung des sogenannten dmjalo ths ths
, also des Erdnabels, in weißem Marmor mit den auf beiden Seiten desselben stehenden Bildern des um dieses wissenschaftliche Ergebnis hochverdienten Adler erblicken konnte.
   Damit man aber die Sage, daß Einzingen der Mittelpunkt der Welt, d.h. dem beschränkten Gesichtskreise frühgeschichtlicher Zeit der Mittelpunkt eines Gaues oder Völkerschaftsgebietes sei, nicht für eine alberne vereinzelte Nachäffung des hehren griechischen Vorbildes halte, so mache ich darauf aufmerksam, daß dieselbe Behauptung auch noch in anderen Teilen Deutschlands für andere Orte wiederkehrt. So wird in einem Kirchenvisitationsprotokolle von 1648 unter den Kirchen des Amtes Ribbenitz in Meklenburg nach einer Mitteilung des Herrn F. v. Meyenn aufgezählt: Tulendorf alias mitten in der Welt. Und von dem Dorfe Ramm bei Hagenow, ebenfalls in Mecklenburg, berichtet Wossidlo-Waren, im Volksmunde heiße es: "Ramm liggt midden in der Welt;" ... [es folgen noch andere Mittelpunkte der Welt] ...
   War also Einzingen nach Meinung unserer Vorfahren Mittelpunkt der Erde, und betrachtete man den dortigen Nagelstein als einen seiner Zeit in gewissem Kreise berühmten Erdnabel, so wurde es vermutlich ebenso wie Delphi als eine Stätte der Weissagung betrachtet, nur daß es diese Eigenschaft mit anderen angeblichen Weltmittelpunkten und Nagelsteinorten geteilt haben wird. Wenigstens deutet die Wethauer Überlieferung, nach welcher das Einschlagen der Nägel den Zweck hatte, eine Art Gottesurteil zu erzielen - ganz zu geschweigen von der Zerbster Sage - darauf hin, daß man an dieser Stelle und durch dieses Verfahren den Willen der Gottheit ergründen zu können glaubte. (Größler 1896)

Sage: Zu Einzingen bei Allstedt liegt ein Kieselstein, welcher voll Hufnägel geschlagen ist. Diese soll ein Schmied hineingeschlagen und gesagt haben: "So wahr ich Hufnägel in einen Kiesel schlage, so wahr ist Einzingen die Mitte der Erde." (Witzschel 1878)

Quellen und Literatur:
Witzschel, August - Einzingen ist die Mitte der Erde, in: Sagen, Sitten und Gebräuche aus Thüringen, Wien 1878, S.142f, Nr.175
Größler, Hermann - Altheilige Steine in der Provinz Sachsen, in: Neujahrsblätter, Herausg. von der Hist. Kommission der Prov. Sachsen, Halle 1896, S.10-11, 29-31
recherchiert und bebildert von Ute Fuhrmann / Rainer Vogt, Thale (Fotos von Oktober 2007)
Ergänzungen von Manfred Beck, Wutha-Farnroda


Sühnekreuze & Mordsteine