Geschichte & Forschung volkstümliche Bezeichnungen

Raaber- und Türkenkreuze
auch Rabakreuze, Türkenmarterl etc.


 Literatur-Auszüge 

   Raaberkreuze: Als die Türken Ende des XVI.Jahrhunderts in Ungarn einfielen, drangen sie bis zur Festung Raab vor, die im Jahre 1594 in ihre Hände fiel. Die Festung war einer der Hauptstützpunkte gegen die Türken und die Nachricht von der Wiedereroberung der Stadt durch den Grafen von Schwarzenberg im März 1598 wurde überall mit dem größten Jubel aufgenommen. Ein kaiserliches Patent, von Rudolf II. am 25.4.1598 erlassen, ordnete an, "dass in Österreich allenthalben die Niedergefallenen Creuz und Marterseullen wieder aufgericht, die Geschedigien ausgebessert und zu Ewiger Gedächtnuss diese deutsche Carmina eingehauen werden sollen:

Sag Gott dem Herrn Lob und Dank
dass Raab ist kommen in der Christen Hand
Den 29. Martii im 1598 Jar.

Es wurden aus diesem Anlasse auch eigene Kreuze errichtet, von denen uns noch einige erhalten blieben, u.zw. in Korneuburg, Leitha-Prodersdorf, Kotzendorf und an anderen Orten. Das Raaberkreuz in der Schliefmühle bei Korneuburg trägt nachstehende Inschrift:
   "O Christ wass du diss Creiz siehst an so sprich von herzen in den fürgang, Lob sey Gott der uns Rab die Stat Die D'Türken vierthalb jar ingehabt Wiederumb in Neunzig Achten Zwei In unseren gwalt durch Vortal geben Dest sichrer vor den Turkhen Szleben"
also noch mehr, als irn Dekret verlangt worden war.
   Von einem Raaberkreuz in Maria Enzersdorf hat sich noch die Inschrifttafel erhalten, während die Säule selbst bereits verschwunden ist. Nachträglich angebrachte Inschriften trugen angeblich einmal die Spinnerin am Kreuz und die inzwischen verschwundene Kolomansäule vor dem Kärntner Tor (Abb.4). An der Bäckersäule in Wien finden wir sie noch angebracht.
(Hula, Franz - Die Bildstöcke, Lichtsäulen und Totenleuchten Österreichs, 1948, S.37)

[...] Eine ganz merkwürdige und interessante Spezialität bilden die sogenannten Raaberkreuze, auch im allgemeinen Türkenkreuze genannt. Die Festung Raab galt im 16.Jahrhundert als Hauptbollwerk gegen die Türken und als Schlüsselpunkt für Österreich. Es wurde daher als ein ungeheures Unglück angesehen, als diese Festung im Jahre 1594 in die Hände der Türken fiel. Umso größer war der allgemeine Jubel, als sie im März des Jahres 1598 durch den Freiherrn Adolf von Schwarzenberg wieder erobert wurde. Kaiser Rudolf II. erließ am 25.April desselben Jahres eine Verordnung, daß die "stainern oder andre Kreuz und Marter-Säulen an allen Strassen, Pässen und Wegscheiden inner 2 Monat neu aufgerichtet werden sollen mit einem gemalten Kruzifix und mit der Inschrift entweder auf dem Stein oder auf einer Blechtafel: "Sag Gott dem Herrn Lob und Dank, daß Raab ist kommen in der Christen Hand den 29. Martii im 1598 Jar".
   Dem Dekrete scheint nicht im vollen Umfang nachgekommen worden zu sein oder es wurden tatsächlich in den meisten Fällen nur Blechtafeln angebracht, deren Inschrift bald verwitterte oder die später ganz abfielen. Wenigstens sind nicht so viele Raabersäulen erhalten, als man nach dem Mandate voraussetzen sollte.
   Dennoch haben wir noch einige schöne Beispiele solcher Raaberkreuze, besonders das in Korneuburg, dann das Steinkreuz bei der Schliefmühle unterhalb Kreuzenstein, auf dem die Inschrift noch weit reicher ausgeführt wurde als das Mandat verlangte, dann eines bei Mödling und Maria-Enzersdorf, eines zwischen Krems und Stein; eines stand früher vor dem Ungartor in Wiener-Neustadt; auch die Säule bei Hainburg, obwohl mit etwas vereinfachter Inschrift, dürfte ein Raaberkreuz sein. Auch davon haben wir Beispiele, daß die Inschrift auf eine ältere Säule neu hinzugefügt wurde, z.B. auf der Wiener Spinnerin am Kreuz, auf der Wiener Bäckensäule, die schon aus dem Jahre 1506 stammt, auf der ehemaligen Kolomanssäule vor dem Kärntnertore u.s.w.
(Vancsa, Dr. Max - Über Bet- und Denksäulen in Niederösterreich, in: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereins zu Wien, Band XXXIX, 1905, S.108-109)

   Türkenkreuze: Zur Erinnerung an den Türkeneinfall vom Jahre 1683 errichtet. Beispiele: Das Kugelkreuz in Schwechat, an der Stelle errichtet, wo Kaiser Leopold I. und König Sobieski zusammentrafen. Das Moldauerkreuz in Meidling, von dem nur mehr die Kapelle erhalten ist. Die Säule von 1685 in Mariabrunn, von der Kaiserin Eleonore gestiftet. Die Dreifaltigkeitssäule von 1683 in der Radetzkygasse, Wien, an Stelle einer von den Türken zerstörten Kirche errichtet. Das Türkenkreuz in Perchtoldsdorf, unter welchem die von den Türken getöteten Perchtoldsdorfer liegen sollen. Auch unter dem Türkenkreuz in Hof a. Leithagebirge sollen die Opfer des Türkeneinfalles begraben sein. Die Mariensäule in Gleisdorf, Stmk., erinnert an Montecuccolis Sieg über die Türken bei St. Gotthard a.d. Raab (1664). Auch das Türkenkreuz in Gr.-Höflein gemahnt durch seinen Namen und durch die Legende, die sich an das Kreuz knüpft an die Türkenzeit. Eine Mariensäule aus dieser Zeit hat sich weiters in Maria Saal erhalten.
(Hula, Franz - Die Bildstöcke, Lichtsäulen und Totenleuchten Österreichs, 1948, S.38)



 dokumentierte Beispiele 
Niederrußbach II (AUT)
Korneuburg (AUT)
Kraja (TH)
Schwechat (AUT)
Rügland (BY)
Perchtoldsdorf (AUT)
Kotzendorf (AUT)



 weiterführende Literatur und Quellen 



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Sühnekreuze & Mordsteine